Im Test Mercedes-Benz E300de 4matic: Die Pizza mit allem
Sie wollen kein SUV aber trotzdem Platz, Premium, Traktion, elektrisch fahren - aber für lange Strecken doch Diesel: Dann gibt es dafür genau EIN Auto: den Mercedes-Benz E300de 4matic!
Seit Mercedes-Benz keine Preislisten mehr hat, ist es immer spannend zu sehen, was die Modelle kosten. Der E300de 4matic war Ende November gerade im „Sonderangebot“ und dramatisch günstiger als ein 450d. Ab 77.231 Euro rief der Konfigurator auf, der Pressetestwagen war auf knapp 91.760 Euro hochkonfiguriert, allein das Steingrau kostet als „Manufakturlack“ fast 3.750 Euro extra...aber starten wir, elektrisch und stellen fest: Wen der Diesel in der Regel nach 65 bis 75 Kilometern übernimmt, merkt man das kaum! Feinnervig umgarnt er die Reisenden zudem mit fast schon übertriebener Aufmerksamkeit, „Mercedes“ sollte man möglichst nicht sagen, sonst erklärt er: „Entschuldigung, können Sie das nochmal wiederholen? Ich habe es leider nicht verstanden.“ Nervig wird das, als er einmal einen völlig abstrusen, 606 Kilometer entfernten Ort im Navi findet und sofort die Routenführung startet, die man übrigens toll mit Tank- und Ladestopps spicken kann – errechnet die E-Klasse alles allein. Auch die Fahrassistenz passt bis auf den etwas ruckeligen Spurhalter. Die Tempolimitwarnung drückt man einfach lang über die Radio-leise-Taste im Lenkrad weg. Klappt gut, im Gegensatz zu den restlichen Sliderfunktionen.
Überzeugend ist die Fahrassistenz: Vor Tempolimits, Orten, Kreiseln und Kreuzungen bremst die E-Klasse ab, wenngleich das Blending zwischen Rekuperation und Betriebsbremse hier immer noch minimal ruckelig ist, was nur angesichts der sonstigen Perfektion auffällt. Was uns überraschte: auf der Autobahn kam zweimal eine Seitenwindwarnung – genau richtig vorhergesagt: Tatsächlich bließ es an der Lichtung merklich von der Seite. Vergleicht man die E-Klasse nun direkt mit dem BMW Fünfer, gibt sie seltsamerweise den kernigeren, gefühlt leichteren Part! Denn sie fährt sich gefühlt – trotz gut 2,5 Tonnen Leergewicht – einen Hauch leichter und dynamischer als der zehn Zentimeter längere(!) Dingolfinger. Am nur einen Grad kalten Testtag verbrauchen wir 3,55 l/100 km + 13,89 kWh/100 km – kann sich sehen lassen. Aber wer schlampiger lädt und auch mal zügiger über die Autobahn sticht, kann auch bei 7 Liter plus x plus 16 kWh plus x landen, was dann nicht mehr so sparsam ist.
Sodass wir am Ende ein durchwachsenes Fazit ziehen: Ja, der „Wagen 214“, als Kombi intern S214 genannt, ist natürlich wieder die beste E-Klasse ever. Leiser, smarter und souveräner denn je, aber sie ist eben auch „nur“ eine Perfektionierung der bisherigen bereits ziemlich perfekten E-Klassen. Die weniger wogen und einen nicht ganz so bevormundeten. Und auf 4,95 Meter Länge mit 2,96 Meter Radstand auch nicht so viel weniger Platz boten. Sodass auch für den E300de 4matic gilt: Weniger wäre künftig irgendwie mehr. Weshalb wir fast zum reinen Diesel oder Stromer greifen würden, wenn es Letzteren denn gäbe. Dass man dafür immer ab 80.000 Euro anlegen muss, ist uns auch ohne Preisliste bewusst.
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