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ZIV/RLVD/Zukunft Fahrrad: Cargobike-Förderung verbessern

Verbände appellieren ans Wirtschaftsministerium, die E-Lastenrad-Richtlinie fürs Gewerbe zu verbessern, Leasing und Sharing zu flankieren, die Incentivierung am Pkw-Niveau zu orientieren und den Fokus Richtung Mikromobile zu verschieben. Abwrackprämie nach Vorbild Frankreichs.

Standen auch auf der IAA TRANSPORTATION im Fokus: Elektrisch unterstützte Lastenräder können einen großen Beitrag zur CO2-Reduktion im innerstädtischen Gewerbeverkehr leisten. | Foto: VDA/Lars Huebner
Standen auch auf der IAA TRANSPORTATION im Fokus: Elektrisch unterstützte Lastenräder können einen großen Beitrag zur CO2-Reduktion im innerstädtischen Gewerbeverkehr leisten. | Foto: VDA/Lars Huebner
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Redaktion (allg.)
von Johannes Reichel

Ein Bündnis aus Zweirad-Industrieverband (ZIV), der Initiative Zukunft Fahrrad und Radlogistik Verband Deutschland (RLVD) haben in einem Brief das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) aufgefordert, im Zuge des Klimaschutzsofortprogramms (KSSP) die bestehende Förderrichtlinie für E-Lastenräder (ELR) anzupassen. Damit einhergehen soll insbesondere eine bessere finanzielle Ausstattung und ein deutlich erweiterter Anwendungsbereich.

"Lastenräder und entsprechende Anhänger haben das Potential, sowohl im gewerblichen als auch im privaten Bereich den Autoverkehr auf ein emissionsfreies, energie- und platzsparendes Fortbewegungsmittel zu verlagern", appelliert das Bündnis.

Durch Mikromobile wie Lastenräder könnten bis zu 44 Prozent der CO₂-Emissionen des Verkehrs reduziert werden, merken die Verbände mit Verweis auf eine DLR-Studie von 2022 an. Der Verkehrssektor muss nach dem Klimaschutzgesetz seine CO₂-Emissionen bis 2030 auf 95- 98 Mio. Tonnen CO₂-Verbrauch reduzieren. Gegenwärtig liegen die Emissionen bei 146 Mio. Tonnen CO₂ – mit steigender Tendenz. Hauptverursacher ist dabei der Straßenverkehr (94 Prozent der Emissionen). Ein notwendiger Baustein zur Senkung dieser CO₂-Emissionen – ebenso wie zur Erreichung weiterer wichtiger Ziele, wie der Senkung des Energiebedarfs im Verkehrssektor oder städtebaulicher Ziele – ist dabei die Erhöhung des Radverkehrsanteil am gesamten Verkehrsaufkommen, skizzieren die Verbände.

Acht Milliarden Euro mit starkem "Auto-Überhang"

Mit acht Mrd. Euro will die Bundesregierung in diesem Jahr mit einem Sofortprogramm (KSSP) unter anderem klimafreundlichen Verkehr fördern. Der aktuelle Entwurf des KSSP werde mit dem deutlichen Überhang an Maßnahmen und Investitionen zur Elektrifizierung von Kraftfahrzeugen den klimapolitischen und verkehrswissenschaftlichen Erkenntnissen jedoch nicht gerecht, kritisiert das Bündnis.

"Unternehmen stehen momentan vor zwei Herausforderungen: Die Kosten für betrieblich bedingten Verkehr sind stark gestiegen, gleichzeitig möchten viele Unternehmen in die emissionsarme, klimaneutrale und platzsparende Umrüstung ihrer Fahrzeugflotten investieren. Die ELR kann dazu ein wichtiges Instrument sein", glaubt man. 

Die bereits vollzogene Änderung der Förderbedingungen ab März 2021 liefere dafür klare Indizien. So seien mit der neuen (überarbeiteten) Richtlinie innerhalb eines Jahres 70 Prozent mehr Förderanträge eingegangen als im gesamten dreijährigen Förderzeitraum der ursprünglichen (eingeschränkten) Richtlinie.

Als Verbände der Fahrradwirtschaft begrüße man diese Entwicklung, schlage aber weitere Änderungen an der gegenwärtigen Richtlinie vor: 

  • Leasing fördern: Anders als bei Elektro-Pkw ist die Förderung von Lastenrädern und Lastenanhängern bisher nicht leasingfähig. Für den gewerblichen Bereich ist die Förderfähigkeit von Leasing jedoch ein wichtiger Hebel, da es mittlerweile der Standardweg in der Beschaffung ist. So beträgt bei gewerblichen PKW- und Nutzfahrzeugzulassungen die Leasingquote rund 64 Prozent. Gerade Kleingewerbe, Vereine und Verbände profitieren von der Liquidität schonenden Art der Finanzierung sowie der besseren Planbarkeit ihrer Ausgaben. Daher werden rund 85 Prozent aller Leasing-Verträge in Deutschland mit mittelständischen Kunden geschlossen. Die Bundesregierung schließt Leasing explizit aus, weil ein geleastes E-Lastenfahrrad /- Anhänger dem Leasingnehmer (Antragsteller) nur zur Nutzung überlassen wird und nicht in sein Eigentum übergeht.
  • Förderhöhe auch im Leasing anpassen: Ebenso wie die E-Pkw-Richtlinie Leasing ermöglicht, sollte auch die ELR leasingfähig sein und sich die Förderhöhe äquivalent zur E-Pkw-Richtlinie an folgenden Haltedauern orientieren: Ein Fahrzeug mit einer Leasinglaufzeit über 23 Monate erhält die volle Förderhöhe, ein Fahrzeug mit einer Leasinglaufzeit von 12-23 Monaten erhält 50% der Förderhöhe und ein Fahrzeug mit einer Leasinglaufzeit von 6-11 Monaten erhält 25% der Förderhöhe.
  • Anforderungen an förderfähige Modelle von Lastenrädern und -anhängern anpassen: Verschiedene Branchen haben unterschiedliche Anforderungen an Transportsysteme. Die aktuelle Förderung schließt unnötigerweise bestimmte Lastenräder von der Förderung aus. So ist die Anschaffung von Lastenrädern oder Lastenanhängern ohne Elektromotor ausgeschlossen. Ebenso sind sogenannte Lieferbikes und „reguläre“ Longtails ausgeschlossen. Damit werden Gewerbe, für die sog. Lieferbikes mit den entsprechenden Zulast-Möglichkeiten oder Lastenräder ohne E-Antrieb am praktikabelsten sind, unnötig eingeschränkt.
  • Ausweitung der Förderung auf weitere Wirtschaftsbranchen und Anwendungsfälle: Der Einsatz von Lastenrädern für den Personentransport ist gegenwärtig für eine Förderung nach der ELR unzulässig. Damit sind Pflege- und Behinderteneinrichtungen oder Taxis zum Transport von Personen und Rollstühlen von der Lastenradförderung ausgeschlossen, obwohl hier der Einsatz von Transporträdern immer beliebter wird. Auch Sharing-Angebote sind in der aktuellen Förderrichtlinie explizit ausgeschlossen, obwohl Sharinganbieter eine wichtige verkehrspolitische Funktion übernehmen. Nutzungsanalysen zeigen, dass über 40 Prozent der gebuchten Fahrten eine Pkw-Fahrt ersetzen. Insgesamt sollte die Beschaffung gewerblich eingesetzter Lastenräder und Lastenanhänger Branchenunabhängig gefördert werden.
  • Erhöhung der Fördersätze und Anpassung der Bindefrist: Die Fördersätze bleiben aktuell weit hinter Fördersätzen für Elektroautos zurück. Professionelle und für den Güterverkehr besonders leistungsfähige Lastenräder kosten zwischen 10.000€ und 25.000€ Netto. Bei der Anschaffung werden aktuell nur 25% der Anschaffungskosten bis max. 2.500€ pro elektrischem Lastenrad oder Lastenanhänger gefördert. Die Förderung sollte den Elektroautos gleichgestellt werden, was die Förderung von 40% der Anschaffungskosten bis max. 9.000€ pro Lastenrad oder Lastenanhänger bedeutet. Gleichzeitig muss auch die aktuelle Bindefrist von 3 Jahren bei Lastenrädern und Lastenanhängern auf die Bindefrist analog von Elektroautos angepasst werden. Hier ist eine 6-monatige Mindesthaltedauer vorgeschrieben.
  • Abwrackprämie bei Abschaffung eines Verbrenners: In Frankreich gibt es schon seit Jahren zwei Förderungen: neben einer Kaufprämie für Elektroautos zusätzlich eine Abwrackprämie für alte Verbrenner. Dort werden bei der Verschrottung und Anschaffung von Elektroautos 5.000€ Zuschuss gezahlt. Diese Regelung gilt auch für den Kauf von Lastenrädern. Dies fördert nicht nur den schnellen Umstieg auf energieeffizientere Lösungen, sondern sorgt für eine Lärmreduktion. "Wir schlagen vor, dass auch in Deutschland die Abschaffung von einem Nutzfahrzeug mit Verbrennungsmotoren beim Umstieg auf Lastenräder und Lastenanhänger mit einer zusätzlichen, kombinierbaren Abwrackprämie gefördert wird", so die Verbände.
  • Vorzeitigen Maßnahmenbeginn ermöglichen: Aktuell kann eine Zuwendung nur dann gewährt werden, wenn der Antragsteller zum Zeitpunkt der Bewilligung mit dem Vorhaben nicht begonnen hat. Das bedeutet in der Praxis, dass zur Auslieferung bereitstehende Lastenräder oder Lastenanhänger beim Händler oder Hersteller darauf warten, dass die dazugehörige Förderung bewilligt wird. In dieser Zeit können sie nicht eingesetzt werden. Die Anschaffung kann sich je nach Antragsmenge bei der Bewilligungsbehörde um mehrere Wochen verzögern. Wir fordern daher, dass Lastenräder bzw. -Anhänger auf eigenes Risiko ab dem Zeitpunkt der Einreichung des Förderantrages in Betrieb genommen werden können, alternativ ein vorzeitiger Maßnahmenbeginn wie in der alten Regelung für Schwerlastenräder möglich ist.
  • Förderung auf junge gebrauchte Lastenräder erweitern: E-Lastenräder, die nicht fabrikneu sind, werden aktuell von der Förderung ausgeschlossen. In der Richtlinie zum Umweltbonus werden hingegen Kauf und Leasing von neuen und auch 'jungen Gebrauchtfahrzeugen' gefördert. Entsprechend wäre es angebracht, in der ELR äquivalent zum sogenannten Umweltbonus die Kategorie 'junge Gebrauchtfahrzeuge' aufzunehmen und nach den gleichen Grundsätzen zu fördern.

Mit einer solchen Öffnung der bestehenden Förderrichtlinie für E-Lastenräder sollte auch kurz- bis mittelfristig eine deutliche Aufstockung des Förderprogramms einhergehen, schlagen die Verbände weiter vor. Man empfehle in einem ersten Schritt, das Programm von aktuell 3,5 Mio. Euro jährlich auf 70 Mio. Euro zu erhöhen. Perspektivisch sei jedoch der von Bündnis 90/Die Grünen gemachte Vorschlag einer Öffnung auch für private Haushalte für dringend geboten (mit zwei unterschiedlichen Fördersätzen für die gewerbliche und private Nutzung), "damit der Verkehrssektor einen Pfad in die Richtung der im Klimaschutzgesetz verankerten Emissionsziele einschlägt", wie es heißt. Ein Förderprogramm über 1 Mrd. Euro innerhalb von vier Jahren war von den Grünen bereits im Bundestagswahlkampf vorgeschlagen worden.

"Angesichts der hohen Fördersummen für die Elektrifizierung des PKW-Verkehrs sowie der positiven Effekte des Radverkehrs auf Klima, Umwelt, Gesundheit und Verkehr ist diese Höhe gerechtfertigt", appellieren die Verbände.

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