VW und Ford steigen bei Argo AI aus und steuern um
Das im Jahr 2019 mit großen Ambitionen begonnene Gemeinschaftsunternehmen von Volkswagen und Ford und dem US-Softwarespezialisten Argo AI zum autonomen Fahren steht vor dem Aus. Wie zuerst das Manger Magazin berichtete, wollen sich die Autohersteller mit ihren je 40-prozentigen Anteilen aus dem milliardenschweren Projekt zurückziehen, Ford sogar mit sofortiger Wirkung. Dafür schreibt der US-Autohersteller 2,7 Milliarden Euro ab. Er will zunächst auch gar nicht weiter in das vollautonome Fahren Level 4 investieren, sondern sich auf die teilautomatischen Level 2+ und 3 konzentrieren. Die Dinge hätten sich anders entwickelt, hieß es laut Medien vom US-Hersteller, der sogar schon 2017 bei Argo AI eingestiegen war und bis 2021 marktreif hätte sein wollen.
Ambitioniert gestartet, hart gelandet
VW hatte einst 2,6 Milliarden Euro in das Projekt investiert und will nun nicht weiter investieren. In Kooperation sollten sogenannte Robo-Taxis entwickelt werden, die in Deutschland auch bereits im Straßenbetrieb erprobt werden. Die Firma mit ihren 2.000 Mitarbeitern würde damit vor der Auflösung stehen und könnte den Geschäftsbetrieb nicht fortsetzen, wie das Management den Mitarbeitern offenbar am Mittwoch mitteilte. Eigentlich sollte das Unternehmen zu den führenden Playern zur Entwicklung des autonomen Fahrens wie Tesla, General Motors Cruise und Google Waymo aufschließen. Erst Ende September hatte Argo AI angekündigt, seine Technik beim Fahrdienstleister Lyft in Austin/Texas einzusetzen. Auch in der bayerischen Landeshauptsstadt München sah man häufiger Prototypen auf Basis des VW ID. Buzz im Straßenbild.
Blume greift durch - und will wohl mit Mobileye weitermachen
Offensichtlich hat der neuen VW-Konzernchef Oliver Blume die unter seinem Vorgänger Herbert Diess beschlossenen Pläne mit Argo AI nun kassiert. Jetzt soll mit einem "starken Partner" eine hauseigene Entwicklung bei VW Nutzfahrzeuge in Hannover, wo auch das gemeinsame Unternehmen angesiedelt war, vorangetrieben werden, wie es laut Manager Magazin aus dem Konzern hieß. Dennoch sollen die Pläne mit ab 2025 autonom fahrenden Shuttles der VW-Tochter Moia weiterverfolgt werden.
Jüngst hatte VW eine Kooperation mit dem chinesischen Spezialisten Horizon Robotics bekanntgegeben, mit dessen Hilfe man offenbar auch die Probleme der Software-Tochter Cariad in den Griff bekommen will. Noch naheliegender ist, dass es mit der Intel-Tochter Mobileye weitergeht, mit der man ohnehin schon bei Cariad zusammenarbeitet, wie es aus Insiderkreisen hieß.
Was bedeutet das?
Der neue Herr im Haus bei VW fackelt nicht lange: Oliver Blume zieht die Reißleine beim ambitionierten Argo AI-Projekt und steuert komplett um. Ob er sich mit dem chinesischen Spezialisten Horizon vor dem aktuell stark verdunkelten politischen Hintergrund der Geschäftsbeziehungen ins Reich der Mitte allerdings einen Gefallen tut und damit die Software-Probleme der Konzernsparte Cariad in den Griff bekommt, ist auch nur eine Wette auf die Zukunft, die für seinen Vorgänger Herbert Diess verloren ging und zumindest Teil seines Verhängnisses war.
Dass Ford gleich komplett aussteigt, zeigt die krasse Frustration über den langsamen Fortschritt beim autonomen Fahren, aber auch den klaren Rotstift, der in Dearborn dann regiert, wenn's nicht läuft: Offenbar hat man bemerkt, dass Level-4-Fahren erstens sauteuer und irre komplex ist. Selbst Tesla bekommt das nicht in den Griff und flüchtet sich in eine immer wieder gefährlich löchrige Scheinwelt des "behaupteten Autopiloten". Und zweitens, dass das autonome Fahren generell das eigene Geschäftsmodell unterminiert, wie man bei BMW schon sehr früh begriffen hat. Die Businessbasis lautet: Mensch kauft Auto und lenkt (meist) selbst. Alles andere sind Robo-Taxis, die tendenziell nicht im Privatbesitz sein werden, eben weil sie so teuer sind. Faszinierende Technik und als geteilte und vernetzte Mobilität auch mit großem Potenzial zur Reduktion des Verkehrs und der Emissionen. Aber das nennt man dann halt öffentlichen Nahverkehr ...
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