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VW Nutzfahrzeuge unter Strom: Von eins auf 55 in acht Jahren

Derzeit stellen elektrische Fahrzeuge nur ein Prozent der Verkäufe, bis 2030 sollen es 55 sein. Die Hannoveraner setzen neben reinen BEV auch auf PHEV und optimierte Verbrenner. Und wollen das "Car Business" durch Mobilitätsdienste flankieren, am besten autonom.

Will noch mehr GRIP unter die Nutzi-Räder bekommen: VWN-Chef Carsten Intra kündigte eine Elektrifizierungs- und Automatisierungsoffensive an, die bis 2030 das Geschäft komplett umkrempelt. | Foto: Screenshot
Will noch mehr GRIP unter die Nutzi-Räder bekommen: VWN-Chef Carsten Intra kündigte eine Elektrifizierungs- und Automatisierungsoffensive an, die bis 2030 das Geschäft komplett umkrempelt. | Foto: Screenshot
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Redaktion (allg.)
von Johannes Reichel

Obwohl der Anteil elektrischer Fahrzeuge im Jahr 2021 mit einem Prozent Anteil noch marginal war, hat sich die Konzerntochter VW Nutzfahrzeuge eine zügige Elektrifizierung vorgenommen. „Bis 2030 werden mehr als 55 Prozent unserer Fahrzeuge in Europa batterieelektrische Fahrzeuge sein, die mit ‚grünem‘ Strom angetrieben werden“, erklärte der Vorsitzende des Markenvorstands Carsten Intra bei einem Media-Gespräch im Umfeld der Jahrespressekonferenz.

Einziges vollelektrisches Modell der Hannoveraner ist aktuell der große Transporter e-Crafter, der mit dem Antriebsstrang des alten e-Golf vom Band rollt. Wobei man zu den elektrifizierten Fahrzeugen derzeit auch die Plug-in-Hybride zählt - und hier als einziges Modell, den T7 Multivan, der im vergangenen Jahr vorgestellt worden war. Gemeinsam kommen die beiden Modelle auf 3.600 Exemplare im vergangenen Jahr, was bei 359.500 verkauften Einheiten einen verschwindenden Anteil am Gesamtvertrieb bedeutet.

ID.Buzz als Elektro-Booster

Ändern soll das vor allem der jüngst präsentierte VW ID.Buzz. Der rollt als edler Kombi sowie als kompakter Kastenwagen ab Herbst in den Verkauf und soll noch 25.000-mal abgesetzt werden. Ab nächstem Jahr plant man dann mit 50.000 bis 60.000 Exemplaren, perspektivisch sogar 130.000 Exemplaren, die in Hannover gefertigt werden sollen. Zu den Preisen wurde im übrigen noch immer nichts konkretes verlautbart, auch mit Verweis auf die volatile Rohstoffsituation, die die Endpreise stark beeinflusst. In den Medien war jüngst die Rede von 45.000 Euro für den Cargo und ab 55.000 Euro für den Kombi.

Abgesehen davon sollen weitere Hybride das Portfolio ergänzen. So steht der Caddy eHybrid in den Startlöchern. Aktuell ist die Nachfrage nach dem Multivan eHybrid allerdings so groß, dass die Bestelllisten vorübergehend geschlossen wurden, weil die Lieferzeiten über zwölf Monate betrugen, wie VWN-Vertriebschef Lars Krause berichtet.

Man setze technologisch zudem auf die Weiterentwicklung der aus Sicht von Krause für viele Anwender und als Brückentechnologie essenzielle Hybridlösung, allerdings mit wachsenden elektrischen Reichweiten. Beim Caddy eHybrid kommt beispielsweise erstmals der neue 1,5-Liter-TSI-Benziner zum Einsatz, während der T7 Multivan noch eine E-Maschine mit dem alten 1,4-Liter-TSI kombiniert. Der Caddy eHybrid dürfte auch die für eine etwaige Förderung relevanten 60 Kilometer E-Reichweite schaffen.

Plug-in-Hybride gesetzt, Erdgas in Zweifel

Allerdings läuft die Förderung für Plug-in-Hybride gegen Jahresende aus und die neuen Regularien sind noch unklar. Daneben will man aber auch die Verbrennertechnologie bei VW Nutzfahrzeuge weiter verbessern, die in diesem Bereich auf absehbare Zeit noch eine Rolle spielen werde, so Krause. Nurmehr wenig Chancen räumt man dagegen dem Thema Erdgasantrieb ein. Ob der ursprünglich avisierte Caddy TGI noch kommt, ist einstweilen unklar. Die Technologie erfreue sich derzeit nicht besonders hoher Kundennachfrage, verwies Krause.

Elektrifizierung in der Breite: Im Duett mit Ford

Vor allem in Kooperation mit dem überaus ambitionierten Konzernpartner Ford könnte die von VWN avisierte Elektrifizierung in der Breite greifen. Zwar wird der bereits konkret angekündigte Pick-up auf Basis des Ford Ranger noch ein konventionell angetriebenes Fahrzeug. Aber Ford hat im Bereich der kleinen Transporter für 2024 einen elektrisch angetriebenen Courier (unterhalb des Caddy/Connect) ebenso angekündigt wie schon 2023 eine vollelektrische Version des größeren Custom, der mal den T6.1 ablösen könnte und das Programm oberhalb des ID.Buzz ergänzt. Zudem befindet sich aktuell der Ford E-Transit im Produkthochlauf. Mit deutlich größerer Reichweite und höherer Leistung könnte hier mittelfristig auch ein Transfer in Richtung e-Crafter anstehen.

Autonomes Fahren: Moia-Shuttles schon ab 2025

In die umgekehrte Richtung geht es beim ID.Buzz AD und in Sachen autonomes Fahren, wo sich die Kooperationspartner die Expertise des gemeinsamen Joint Ventures Argo AI zunutze machen. Schon bis 2025 soll hier eine serienreife Version des ID Buzz AD bei der Tochter Moia in Hamburg anrollen, die jetzt als 2.0-Update in München auch in den urbanen Einsatz geht, wie Carsten Intra berichtete. Die Automatisierung werde im gewerblichen Bereich der Last-Mile-Delivery wohl noch etwas leichter fallen als im komplexeren Bereich der Personenshuttles.

Intra rechnet mittelfristig damit, dass man hier auch noch ganz anders geartete Konzepte als den ID.Buzz realisieren werde, sogenannte Special Purpose Vehicles (SVP), die unter Umständen ohne Lenkrad und Cockpit auskämen und ein komplett anderes Sitz- und Interieurkonzept erlauben würden, etwa mit großzügiger Bestuhlung und Rollstuhleignung. Vor allem auch bei den Kosten müsste ein solches Fahrzeug gegenüber dem ID.Buzz noch mal einen großen Schritt machen, postuliert Intra. Mit der Entwicklung der AD-Technologie leistet Hannover zudem einen integralen Bestandteil zur NEW AUTO-Strategie des Volkswagen Konzerns, wie Intra betonte.

Vorteil VW: Eigene Software, Sensorik und Fahrzeughardware

Man sehe sich hier als Anbieter einer technischen Basis und der entsprechenden Lidar-Sensorik und Software in einer Schlüsselposition, so Intra. Auch Fahrdienstleister wie Uber oder Lyft könnten daher künftig zu Kunden werden, ebenso ÖPNV-Unternehmen. Man beobachte auch die Services der GM-Mobilitäts-Tochter Cruise in den USA sehr aufmerksam, die noch mit starken Restriktionen und hohen Meilenpreisen kämpften, wie Intra anmerkte. Er rechnet damit, dass das Geschäftsmodell vor allem durch die Ersparnis eines Fahrers attraktiv werde und sich Stadt für Stadt am Markt durchsetzen müsse.

Nutzen statt besitzen: Der klassische Vertrieb dominiert nicht mehr

In jedem Fall stellt der Bereich die Basis dar für die im Strategieplan GRIP2030 dargelegten wachsenden Geschäfte im Bereich "Mobility as a service" und "Transport as a Service", die im Jahr 2030 das klassischen Autogeschäft („Car Business“) sogar überflügeln sollen. In diesem aktuellen Kerngeschäft wollen die Hannoveraner 2030 aber auch noch ein jährliches EBIT (Ergebnis vor Zinsen und Steuern) von mehr als einer Milliarde Euro erwirtschaften, bei einer Umsatzrendite von mehr als fünf Prozent und einer Kapitalrendite über 20 Prozent. Der Geschäftsbereich „AD/MaaS/TaaS“, in dem die Aktivitäten rund um das autonome Fahren sowie die MaaS/TaaS-Dienste zusammengefasst sind, werde Angebote in mehr als 50 Städten weltweit bieten, so das Versprechen. Die Umsatzrendite soll über alle Dienste gerechnet bei über zehn Prozent liegen.

„Die Ziele, die wir mit GRIP 2030 erreichen möchten, sind ambitioniert – aber sie sind auch realistisch. Mit unseren Produkten und Dienstleistungen werden wir die Mobilität der Zukunft entscheidend prägen", kündigt Carsten Intra an.

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