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VW ID.4: MEB für die Welt - VWs neuer Topseller?

Das erste vollelektrische VW-SUV tritt auch in Asien und den USA im weltweit größten Marktsegment, der Klasse der Kompakt-SUV, an.

Der ID.4 soll in allen Regionen verkauft werden. | Foto: VW
Der ID.4 soll in allen Regionen verkauft werden. | Foto: VW
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Gregor Soller

Beim ID.4 heißt es klotzen statt kleckern: Er kommt mit drei Leistungen, zwei Akkugrößen und in insgesamt acht Versionen. Nach WLTP soll die Topversion bis zu 520 Kilometer weit kommen. Der ID.4 baut mit 4,58 Metern Länge etwas größer als der Tiguan und steht damit genau neben Ford Mustang Mach-e und Nissan Ariya. Wie bei Letzterem sorgen aber 2,77 Metern Radstand vor allem auf der Rückbank für viel Platz und ein insgesamt großzügiges Raumangebot, das auch wegen der größeren Karosserie üppiger ausfällt als beim ID.3. In den Kofferraum passen 543 Liter bis maximal  1575 Liter. Im Gegensatz zu Tiguan und Co,. kann er auch wegen des Heckmotor-Layouts nicht mit einer verschiebbaren Rückbank dienen. Und weil wir gerade beim Beladen sind, wollen wir auch die immerhin 1000 Kilogramm Anhängelast erwähnen. Die rund 2,1 Tonnen liegen ebenfalls in dem Rahmen, den die Konkurrenten vorgeben. Auch im ID.4 sorgt der mittige Alu-Rahmen, der neun oder zwölf Akkumodule trägt, für einen tieferen Schwerpunkt und damit für eine gute Fahrdynamik. Immerhin wiegen allein die 344 respektive 493 Kilogramm.

Bessere Materialqualität innen

Im Gegensatz zum hartplastik-ausgekleideten ID.3 bietet der ID.4 eine fühlbar bessere Materialqualität und Haptik: Der obere Teil der Instrumententafel ist weich unterschäumt und es gibt gepolsterte Armauflagen, sowie zumindest einigermaßen wertig wirkende Kunstleder-Velours-Sitzbezüge. Bis auf Lenkräder sind sämtliche Bezüge übrigens „vegan“….optional kann man den Komfort über zwölffach elektrisch einstellbare, ergonomische AGR-Sitze mit noch steigern und wie bei Tesla gibt es im Design-Paket „Plus“ ein großes, den Innenraum erhellendes Panoramadachfenster inklusive elektrischer Jalousie.

Ein großer Schritt ist jedoch zweifellos das so genannte „Augmented-Reality-Head-up-Display“, das zwar viel Bauraum braucht, aber dafür Anzeigen und Fahrhinweise in die reale Umgebung integrieren kann. Das ist zwar vorerst nur als Teil des Infotainment-Pakets „Plus“ in den beiden Topausstattungen „Tech“ und „Max“ erhältlich, doch es punktet mit starker Optik: Passend zur Naviansage schwebt ein kleiner bläulicher Richtungspfeil weit vorne in der Frontscheibe, der immer größer und gleichzeitig transparenter wird, und am Abbiegepunkt dann verschwindet. Zielpunkte in der bekannten Zielflaggenoptik scheinen regelrecht auf den Fahrer zuzuschweben. Weniger zuverlässig und nutzbringend erscheinen dagegen die ebenso blauen Fahrtrichtungspfeile oder die orangefarbenen Spurbegrenzungslinien, die auch hier eher stören als nutzen – vor allem auf schmalen Straßen. Eher in die Kategorie „Fun“ würden wir das serienmäßige „ID Light“ packen, dessen Lichtband unter der Windschutzscheibe Fahrbereitschaft, Bremsaufforderungen oder Ladezustand der Batterie symbolisiert, ohne wirklich nötig zu sein: Bei Abbiegehinweisen der Navigation läuft es gar zweimal über die gesamte Breite ein Lichtimpuls in die angezeigte Richtung, womit der ID. fast an K.I.T.T. erinnert, das Wunderauto aus der 80er-Jahre TV-Serie „Knight-Rider“.

Womit wir bei der Sprachbedienung wären, die hier mit „Hallo ID.“ eingeleitet wird. Auch im ID.4 versteht sie viele abstrakte Begriffe und holt online Informationen aus der Cloud. Multimedia und Infotainment stammen praktisch eins zu eins aus dem ID.3: Auf dem zehn Zoll großen Bildschirm auf der Mittelkonsole kann man auch hier per Touch-Flächen Telefonie, Navigation, Entertainment, Assistenzsysteme und Setups managen, darunter liegen die ergonomisch schwachsinnigen Slider für Lautstärke und Temperatur.

Also starten wir und stellen fest, dass auch der ID.4 über ein souveränes Fahrwerk und eine für das Gewicht „hihe“ Fahrdynamik verfügt. Unebenheiten jeder Art bügelt er souverän platt und die adaptiven Dämpfer samt Progressivlenkung (im Sportpaket Plus) sorgen für saubere Rückmeldung. Natürlich kann man auch im ID.4 mehrere Modi wählen: Eco, Comfort, Sport und Individual ändern die Charakteristik von E-Maschine, Dämpfer und Lenkung und man kann einigermaßen merkliche Unterschiede zwischen Komfort und strafferem Handling einstellen und dann auch erfahren. Mit dazu bei trägt auch der vergleichsweise leichte „Heckmotor“: Die permanent erregte Synchronmaschine wiegt inklusive Getriebe nur 90 Kilogramm und braucht wenig Bauraum. Es gibt zunächst drei Leistungsstufen mit 109 kW (148 PS), 125 kW (170 PS) oder 150 kW (204 PS). Die ersten beiden Varianten bieten 220 respektive 310 Nm Drehmoment. Sie sind mit der kleineren 52-kWh-Batterie mit bis zu 348 Kilometer Reichweite gekoppelt. Nach WLTP sollen sie 16,7 bis 19,2 kWh verbrauchen. Sie werden in Deutschland allerdings erst im Laufe des ersten Halbjahres 2021 ausgeliefert. Gestartet wird allerdings mit der stärkeren E-Maschine und dem 77-kWh-Akku.

300 Kilometer Reichweite sollten mit dem großen Akku immer zu schaffen sein

Das genügt, um den ID.4 vehement in Bewegung zu setzen. Binnen 8,5 Sekunden kann man so Tempo 100 schaffen, bei 160 km/h wird allerdings elektronisch abgeregelt, da die E-Maschine sonst sehr stromdurstig wird. Nach WLTP saugt der E-Motor hier zwischen 17,7 und 18,9 kWh/100 km, womit man in jedem fall gut 300 Kilometer weit kommen sollte. Erste Ausfahrten einiger Kollegen bestätigten das. Sie starteten mit gut 300 Kilometern Reichweite und stellten das Auto nach ziemlich genau 100 Kilometern rund ums flache Wolfsburger Land wieder ab – mit knapp 200 Kilometern Restreichweite. Bei ganz zartem Fahrpedaleinsatz und randvollen Akkus sollen laut VW auch bis zu 520 Kilometer möglich sein – allerdings sollte man dann nichts klimatisieren und immer nur ganz dezent beschleunigen – in ebenem Geläuf.

Vorbildlich ist, dass VW bei der Produktion auf CO2-Neutraliotät achtet: Den CO2-Rucksack des ID.4 gleicht VW bilanziell aus, so dass jeder ID CO2-neutral an den Kunden übergeben werden soll, was durch den TÜV Nord bestätigt wird. Auch beim Laden unterstützt VW potenzielle Kunden: Die Wallbox bietet VW zum Einführungspreis von 399 Euro an. An ihr laden die ID.4-Modelle mit der großen Batterie mit 11 kW Leistung, die Einstiegsmodelle Pure und der City mit dem kleineren Akku jedoch nur mit 7,2 kW, was für ein solches Kaliber heutzutage schon wieder eher schwach ist. Dafür können alle Schnellladen – die Basismodelle mit 50 kW (optional 100 kW), alle anderen mit bis zu 125 kW, womit nach WLTP in rund 30 Minuten wieder bis zu 320 Kilometer „nachgetankt“ sein sollen und auch Langstrecken in vertretbarem Zeitaufwand absolvierbar sind. Mit der WeCharge-App lassen sich alle Tankvorgänge koordinieren, steuern und auch abrechnen.

Die Preise steigen schnell an

Womit wir bei den Kosten sind: Da hilft natürlich auch dem ID.4 der BAFA-Förderungsbescheid über die 9000 Euro Innovationsprämie. Die ID.4-Preisliste startet mit acht vorkonfigurierten Ausstattungen ab 36.950 Euro (das sind gut 31.050 Euro netto), womit der ID.4 kaum teurer ist als ein ähnlich starker Tiguan-Benziner. Bei den Ausstattungen reduziert VW die Optionen über vorkonfigurierte Pakete, was den Kunden nicht immer schmecken dürfte: Mit Ausnahme der Basisvarianten „Pure“ und „Pro“ werden für die übrigen Modelle die je beliebtesten Optionen gebündelt: So kann das Werk in Zwickau die Autos schneller bauen und ausliefern, außerdem spart sich VW Logistik- und Variantenkosten und das nicht unerheblich. Das Problem daran ist aber, dass die Preise aufgrund der Pakete schnell nach oben ziehen: Mit Komfort- und Infotainmentpaket an Bord kosten etwa die Ausstattungen City und Life dann schon mindestens 47.020 Euro, das sind gut 39.500 Euro netto. Der ID.4 Business mit Design- Interieur- und Assistenzpaket reißt dann mit 51.005 Euro (das sind knapp 43.000 euro netto) brutto schon die 50.000er-Schallmarke und der ID.4 Family mit Designpaket Plus und Komfortpaket Plus kostet eher familienunfreundliche 52.205 Euro (das sind knapp 44.000 Euro netto). Die Topausstattungen Tech und Max sind nur mit dem großen E-Motor und den jeweiligen „Plus“-Versionen aller vier Optionspakte ab 55.530 Euro (knapp 46.700 Euro netto) zu bekommen. Gekrönt wird das Programm regulär vom Der ID.4 Max ab 58.940 Euro (knapp 49.530 Euro netto). Er bringt serienmäßig das Sportpaket Plus und das Interieur Top-Sport Plus mit, das in den anderen Modellen nur optional zu haben ist. Trotzdem löblich, dass VW die ID-Familie gleich ganz breit aufstellt und einem so auch rein elektrisch eine gewisse Qual der Wahl bietet.

Was bedeutet das?

Mit dem ID.4 bietet VW endlich wieder eine annehmbare haptische Qualität, wie man sie von der Marke erwartet. Dazu kommt eine breite Range an Optionen, Akkus und Antriebsvarianten, so dass der ID.4 seinen Weg auf jeden Fall machen dürfte und sich bald einen Platz neben Golf, Tiguan und ID.3 in der Zulassungsstatistik erobern dürfte. Allerdings trifft er auf starke Konkurrenz, denn auch ein Nissan Ariya bietet ab Anfang 2022 großzügige Raumausnutzung und tolle Haptik und Ford hat mit dem Mustang Mach-e einen sehr fahraktiven und auch nicht ineffizienten Stromer am Start, der preislich bei den teureren Varianten des ID.4 liegt. In der Hoffnung, dass die Software beim ID.4 von Anfang an voll funktioniert.

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