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Vorstellung Mercedes Citan: Raute mit Stern - und später mit Strom

Bei der Van-Tocher kommt die neue Generation des Kompakt-Vans auf Renault-Kangoo-Basis. Der Citan wird größer, aber auch Fahrerassistenz und Komfort legen zu. Der eCitan rollt aber erst Mitte 2022 an.

Unter die Haube: LOGISTRA-Redakteur Reichel ließ sich die Details des elektrischen und konventionellen Citan vorab erklären. | Foto: Daimler/Dirk Weyhenmeyer
Unter die Haube: LOGISTRA-Redakteur Reichel ließ sich die Details des elektrischen und konventionellen Citan vorab erklären. | Foto: Daimler/Dirk Weyhenmeyer
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Redaktion (allg.)
von Johannes Reichel

Die schlechte Nachricht zuerst: Auch Schwaben können nicht hexen - und müssen sich trotz aller Elektro-Ambitionen einreihen in den Zeitplan des Kooperationspartners Renault. Und der sieht vor: Erst die Euro-6d-Verbrenner mit Otto und Diesel des Citan und dann die reine Elektrovariante eCitan. Was man speziell vom Elektropionier aus Frankreich andersherum oder zeitgleich erwartet hätte. Aber das haben wir den Franzosen schon hinreichend angekreidet.

eCitan: Später, aber mit breiterer Optionswahl

Immerhin ließ Daimler schon ein paar mehr Details zum in dieser Klasse der urbanen Gewerbetreibenden dringlich benötigten Elektroversion raus: Es wird eine komplett "Down Spec"-Variante geben, nur mit 11-kW-AC-Lader an Bord, ohne LED-Scheinwerfer und "simply electric", für die nicht wenigen Kunden, die ein umweltfreundliches, aber auch preiswertes Transportgefährt suchen und ohnehin immer über Nacht am eigenen Strom laden, wie etwa KEP-Dienste oder Handwerker.

Differenziert wird dann eine Option mit DC-Lader, der im derzeit rasant erstarkenden E-Wettbewerb moderate 75 kW Ladeleistung auffährt und dann auch eine 22-kW-AC-Ladeeinheit kombiniert. Von 10 bis 80 Prozent Ladezustand sollen dann in 40 Minuten erreicht sein, die Ladekurve lange stabil hoch bleiben. Außerdem gibt es diverse Ausbaustufen der Bordklimatisierung sowie die optionalen und potenziell noch energiesparenderen LED-Leuchten. Stets an Bord beim Stromer und im Alltag sehr angenehm: Keyless Go und Start sowie die elektrische Handbremse.

Reichweite: 285 Kilometer unter Strom

Summa summarum soll der eCitan mit diesem Package und stets temperiertem, unterflur vor der Hinterachse verbauten 44-kWh-Lithium-Ionen-Akku (Brutto ca. 50 kWh) immerhin 285 Kilometer im WLTP weit reichen. Was den meisten Anwendern genügen dürfte. Gleiches gilt für die Nutzlast des Stromers, die bei erhöhtem Gesamtgewicht auf die sonst optionale Version mit "erhöhter Zuladung" auf dem Niveau des Standardmodells von 600 Kilogramm liegen soll. Der Laderaum wird nicht beeinträchtigt und beherbert identisches Volumen, das von 3,3 bis 3,9 Kubikmeter bei Faltbeifahrersitz reicht.

Die Langversion des auf üppige 4,50 Meter Länge und um dreißig Zentimeter gewachsenen Vans kommt sowieso etwas später, dann auch elektrisch und bietet dann mit 4,4 Kubik fast schon das Volumen eines kleinen Vito. Auch eine Anhängeroption wird es geben, freilich mit weniger als den 1.500 Kilogramm Zuglast der beiden Verbrenner, aber immerhin. Das Prinzip sei gewesen, für den Stromer das gleiche Maß wie beim Verbrenner anzulegen, so eine Produktverantwortliche: "Get the job done" - oder auf gut schwäbisch "Schaffe is a Gschäft". Erst recht für den gewerblich orientierten Citan, den auf der Pkw-Seite die T-Klasse oder EQT auf gleicher Basis "nobel ergänzen".

Die Sesam-Tür überlässt man Renault

Zum Geschäft zählt man übrigens nicht unbedingt die spektakuläre "Open Sesame"-Seitentür, die ohne B-Säule auskomme und mit der sich die Raute vom Stern absetzt. In Stuttgart hält man die Anwender für diese Option für überschaubar in der Zahl. Ansonsten gleicht natürlich ein Laderaum dem anderen. Für Mischnutzer ideal ist die Kombi-Version Citan Tourer, die mit einer lässig faltbaren und dennoch bequemen Sitzbank aufwartet, mittels der sich der Pkw im wahrsten Sinne im Handumdrehen in einen kleinen Kastenwagen verwandeln lässt. Clever ist auch die Dachreling, deren Querstreben sich aus den Längsträgern klappen und verbinden lassen. Zudem sorgt der Fond mit einem fast ebenen Boden für leichten Durchstieg und die Möglichkeit schmales Kartonagen hinter den Sitzen zu verstauen.

Der Verbrenner braucht aufwändige Abgasreinigung

Dass auch der Verbrenner weiter "schaffen" darf, dafür sorgt eine aufwändige Abgasreinigung, die beim 1,5-Liter-Renault-Diesel (55/70/85 kW) neben Rußfilter und Abgasrückführung sogar zwei SCR-Kats, gespeist aus einem 16-l-AdBlue-Tank, erforderlich macht und beim 80 Kilo leichteren 1,3-Liter-Vierzylinder-Benziner (75/96 kW) den Partikelfilter ebenfalls zum Standard werden lässt. So sollen die fossil betriebenen Aggregate in allen "Aggregatszuständen", also auch beim Kaltstart oder Autobahnbetrieb die Abgasnormen erfüllen. Standard ist hier ein Sechsgang-Handschaltgetriebe, für die stärkeren Versionen ist ein Doppelkupplungsgetriebe verfügbar. Generell soll eine ausgefeilte Aerodynamik mit Unterbodenverkleidung und Luftdurchlässen im Stoßfänger einen Teil zu den reduzierten Gesamtemissionen beitragen - nach WLTP 6,4 bis 7,2 l/100 km bei den Benzinern sowie 5,0 bis 5,8 l/100 km bei den Selbstzündern.

Erste Sitzprobe: Differenzierung im Innenraum

Wie auch immer: Wir hatten schon Gelegenheit zu einem ersten persönlichen und statischen Abgleich mit dem französischen "Original" und stellen fest: So viel Abgrenzung des Sterns von der Raute (oder dem Rhombus) war nie. Nicht nur, dass die Frontpartie des 2,3-Tonnen-Kompakttransporters jetzt durchaus eigenständig gestaltet ist und sich an die CI der Stuttgarter Produkte wie A-Klasse oder C-Klasse anlehnt mit der weit in die Motorhaube gezogenen "Bügelfalte". Bis zur B-Säule hatten die Benz-Gestalter "freie Hand", heißt es vom Produktmanager.

Vor allem auch das Interieur setzt eigene Akzente, stilistischer, aber auch praktischer Art. Allem voran: Es gibt deutlch straffere und angenehmere Sitze mit dem gewohnten Seitenhalt, anders genarbte Kunststoffe wie überhaupt ein Daimler-like gestaltetes Interieur, nebst dem hauseigenen MBUX-System und dem Mercedes-Lenkrad, wahlweise samt Wischtasten-Bedienung. Das Infotainment kommt mit allen Funktionalitäten bis hin zur dynamischen Routenführung und Sprachbedienung, beschränkte sich hier aber auf ein an den Armaturenträger aufgesetztes 7-Zoll-Display.

Wem das Gewische am Screen übrigens zu doof ist, der kann etwa auch auf die Lenkradbedienung zurückgreifen - oder wichtige Funktionen wie Navi, Radio oder Medien per Direkttaste sowie die Lüftung bewährt per griffiger und wertiger Drehregler einstellen. Und wer das alles nicht braucht, ordert einfach den beidseitig des Instrumentenclusters positionierbaren Smartphone-Halter und nutzt die eigenen, gewohnten Apps. Die Konnektivität und digitalen Dienste namens "me connect" werden standardmäßig per Bordmodem vorbereitet und lassen sich Smartphone-App dargestellt, inklusive Fernabfrage wichtiger Daten zum Fahrzeugzustand und Hinweisen zum Wartungsmanagement.

Der Citan soll sich Mercedes-like fahren

Für Abgrenzung sorgen will Daimler auch beim Fahrwerk, das sich auf Basis der Konstruktion mit Einzelradaufhängung vorn und Verbundlenkerachse mit Panhardstab hinten Mercedes-typischer abgestimmt sein und somit fahren soll. Sprich, weniger soft und weich als das französische Original, präziser und straffer. Feststeht, dass man das identische Arsenal an Fahrerassistenz auffährt, das man aber nur auf Nachfrage in schwäbischer Diskretion als "teilautomatisiert" bezeichnen würde. Klar, wahlweise gibt es auch die "Spec Down"-Version, die aber als Kasten auch schon über sechs (Tourer sieben, Tempomat/Spurassistent/BAS) Airbags, Müdigkeitswarner und Seitenwindassistent verfügt, dafür dann unter 20.000 Euro Netto kostet.

Optional erschließt man dann mittels aktivem Lenk- und Spurassistenten, adaptivem Abstandstempomaten mit Stauassistent und Verkehrszeichenerkennung, Notbremshelfer mit Fußgänger und Radfahrererkennung, Flankenschutzsensorik, Totwinkelwarner etc. das ganze Spektrum der Level-2-Elektronik, das auch Renault oder Wettbewerber wie der neue VW Caddy auffahren. Natürlich gibt es auch allerhand Parkhelfer bis zur aktiven Einparkhilfe, die aber bei 4,50 Meter und gut formatierten Außenspiegeln lässlich sein dürfte. Sollte der Citan sich tatsächlich straffer und präziser lenken, könnte gelten: Stern schlägt Raute. Man wird sehen - oder (er)fahren.

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