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Vorstellung Hyundai Nexo: Brennen für die Brennstoffzelle

Hyundai ist Erste, der sein zweites Brennstoffzellen-Serienmodell vorstellt: Der Hyundai Nexo löst den iX 35 Fuel Cell ab. Und möchte damit vor allem ein Zeichen setzen.

Erster Auftritt in Deutschland: In Offenbach präsentierte Hyundai den Nexo. | Foto: Hyundai/Christian Bittmann
Erster Auftritt in Deutschland: In Offenbach präsentierte Hyundai den Nexo. | Foto: Hyundai/Christian Bittmann
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Gregor Soller

In Sachen Serienmodell mit Brennstoffzelle ist Hyundai der erste Hersteller, der die zweite Stufe zündet: Dem iX 35 folgt jetzt der eigenständige Nexo, der künftig zwischen Tucson und knapp unter dem Santa Fe parkt. Der bietet trotz dreier Wasserstofftanks genug Platz für vier groß gewachsene Passagiere und bietet bei umgeklappten Rücksitzen einen ebenen Laderaum. Das Brennstoffzellensystem wurde dafür komplett neu „gepackt“.

Das übrige Interieur bleibt Hyundai-typisch eher schalterlastig-zurückhaltend: Mit den vielen Waagerechten Bedienelementen und dem zentralen Screen entsteht so etwas wie ein aufgeklappter Laptop, der sich aber auf Anhieb verstehen lässt. Hier bleibt sich Hyundai also treu. Einen größeren Schritt geht man bei den Innenraummaterialien und den Assistenzsystemen: Bei ersteren setzt man verstärkt natürliche und recycelbare Stoffe ein, letztere könnten theoretisch ein autonomes Fahren nach Level 3 ermöglichen, sprich: Autonome Highwayfahrten, ohne dass der Nexo noch zwischen den Spurbegrenzungen „pendelt“. Der sogenannte Lane Following Assist (LFA) hält den Nexo auf Landstraßen und Autobahnen (bis 145 km/h) immer automatisch in der Mitte der Fahrspur. Zusammen mit dem Autobahnassistenten Highway Driving Asstist (HDA) wäre so teilautonomes Fahren möglich. Das System wertet Sensordaten des Fahrerzeugs sowie Kartendaten des Navigationssystems aus und passt so automatisch das Tempo des Nexo an die jeweilige Umgebung und Situation an – wo erlaubt, könnte der Fahrer den Nexo also autonom fahren lassen und von Fall zu Fall das Lenkrad loslassen. Das braucht man dann allenfalls noch für andere Funktionen, die man aber auch per Sprache aktivieren kann: Dazu gehören das Audiosystem, das Telefon oder Navigationssystem. Dazu kommen Klimaanlage und Schiebedach. Die Assistenzsysteme fasste man unter dem Begriff Hyundai Advanced Driver Assistance System (ADAS) zusammen. Interessant ist hier vor allem der Blind Spot View Monitor den Hyundai weltweit als erster Hersteller anbietet: Es erweitert den Tote-Winkel-Warner: Über eine Weitwinkel-Kamera wird beim geplanten Spurwechsel die Fahrzeugumgebung auf dem Fahrerdisplay angezeigt, womit die Spiegel eigentlich überflüssig würden. Auch beim Parken ging man einen Schritt weiter: Der Remote Smart Parking Assist (RSPA) genannte Einparkassistent übernimmt das ein- und ausparken. Der Clou: Der Fahrer muss dazu nicht mehr im Auto sitzen, sondern drückt nur noch ein Knöpfchen auf seinem Schlüssel: Dann parkt der  Nexo selbstständig ein und aus.

Damit kann der Nexo schon deutlich mehr als seine Geschwister, doch der eigentliche Clou ist ja immer noch der Brennstoffzellenantrieb: Und da hat Hyundai eine komplett neue Plattform geschaffen – was auch den Viorteil hat, die Modelllaufzeiten des Nexo von den übrigen Modellen zu entkoppeln. Denn der iX 35 war zwar Pionier unter den Serienbrennstoffzellenmodellen, doch leider fiel diese „Zusatzvariante“ keinem auf. Und am Ende musste er weiter die iX35-Hülle auftragen, als die iX35-Verbrenner schon längst dem Tucson gewichen waren. Also entwickelte man die Plattform komplett neu und optimierte den Raumbedarf der Antriebstechnologie deutlich, was vor allem dem Platzangebot und dem Kofferraumvolumen spürbar zu Gute kam. Der Radstand wuchs gegenüber dem iX35 um 15 Zentimeter auf 2,79 Meter, was auch im Fond für genug Beinfreiheit sorgt, selbst wenn vorn 1,9-Meter-Menschen sitzen.

Aber auch bei Gewicht und Antrieb legte man eine ganze Schippe nach: Trotz des Größenwachstums baut der Nexo etwas leichter als der ix35 Fuel Cell. Ebenso wichtig ist auch die optimierte Brennstoffzellentechnik, samt 60 Prozent (!) höherem Wirkungsgrad und stärkerem Antrieb: Der leistet jetzt 120 statt 100 kW und bietet 395 statt 300 Newtonmeter Drehmoment.  Antrieb des Hyundai Nexo leistet 120 kW (163 PS) und generiert ein souveränes Drehmoment von 395 Nm. Die Reichweite soll laut NEFZ-Zyklus von 594 auf rund 800 Kilometer gestiegen sein. In der Realität brachte es der iX35 Fuel Cell je nach Fahrer auf 400 bis gut 450 Kilometer, womit man mit dem Nexo jetzt locker 550 bis 650 Kilometer weit kommen sollte, womit das Thema Reichweite endgültig ad acta gelegt wäre. Auch der Service wird kein Problem sein: Schon jetzt haben sich fast alle Hyundai-Händler für den Ioniq und dessen E-Antrieb qualifiziert, die Brennstoffzellentechnik erfordert darüber hinaus nur ein Minimum an extra Werkstatteinrichtung: Verkaufen kann den Nexo theoretisch jeder, nur die Wartung wird sich zuerst in den Hyundai-Betrieben entlang des Wasserstoff-Tankstellennetzes etablieren. Und das ist aktuell eine westliche Achse von München über die Hyundai-Zentrale in Offenbach, das Rhein-Ruhr-Gebiet bis nach Hamburg. Dazu kommen einzelne Tankstellen über Nürnberg Richtung Berlin weiter an die Ostsee, wo das Thema Wind-to-gas eine größere Rolle spielt.

Und der Nexo ist für Langstrecken gedacht. Deshalb legte man großen Wert auf die Aerodynamik: Der Unterboden wurde vollkommen verkleidet, an der Front sollen spezielle Luftkanäle ähnlich wie bei BMW den Fahrtwind unter anderem durch die Radhäuser leiten, in denen zweiteilige Aero-Felgen weitere Verwirbelungen sparen sollen. Die Türgriffe sind wie zum Beispiel beim Range Rover Velar versenkt und die D-Säule bietet beidseitig einen durchbrochenen Luftkanal ist auf beiden Fahrzeugseiten aus aerodynamischen Gründen einen Kanal zur Durchströmung des Fahrtwindes.

Die erste Sitz- und Bedienprobe fällt also positiv aus, womit man bei der Frage nach dem Preis und den erhofften Stückzahlen wäre. Der iX 35 Fuel Cell kostete netto exakt 55.000 Euro und verkaufte sich in Deutschland rund 150 mal, wovon 50 Exemplare allein von Lindes „Bee-Zero“-Carsharing abgenommen wurden. Auch hier steht eine Weiterführung des Projektes noch in den Sternen. Hyundai-Pressesprecher Bernhard Voß ist entsprechend vorsichtig: Pro Tankstelle können wir in etwa den Faktor 10 an verkauften Autos ansetzen, gibt er zu Protokoll, was bedeuten würde, dass man mit dem Bau der 100. Wasserstofftankstelle erstmals an die 1000 Nexo in Deutschland absetzen könnte. Trotzdem räumt er ein, dass weder er noch der Hyundai-Konzern eine echte Idee hätten, wann die Technik in fünf- oder gar sechsstellige Stückzahlen gehen könnte. Konzernintern sieht man die Brennstoffzellenentwicklung auch als Leuchtturmtechnik: „Wer die Brennstoffzellentechnik kann, beherrscht auch Batterietechnik und den Elektroantrieb perfekt“, erklärt Voß dazu und schiebt nach, dass Hyundai aktuell der einzige Hersteller weltweit ist, der alle alternativen Antriebe im Serienportfolio hat. Trotzdem hoffen die Koreaner hier bald auf Schützenhilfe aus Europa, allein, um das Thema populärer zu machen.

Was bedeutet das?

Im Gegensatz zu fast allen anderen Herstellern liefert Hyundai in Sachen Brennstoffzellentechnik im Serienfahrzeug und hat jetzt die zweite, verbesserte Stufe gezündet. Keine Frage: Fuhrparks und Privatpersonen, die nach alternativen Antrieben suchen, werden sich weiter bei der Ioniq- und der Kona-Familie bedienen. Denn auch der Kona wird zum Sommer elektrifiziert – erstmals mit zwei Reichweiten und in zwei Leistungsstufen. Entsprechend wird dem Nexo die Rolle des Technikexoten bleiben: Als Einziger kann er elektrisch Langstrecke mit fünf-Minuten-Tankstopps.

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