Voll auf die Sieben: Erster BMW i7 rollt am 1.7. vom Band - mit vielen Verbrennern
In Dingolfing sind heute die ersten Serienmodelle der neuen BMW 7er Reihe von den Bändern gerollt: Offiziell wurde die Produktion um neun Uhr gestartet. Mehr als 300 Millionen Euro hat die BMW Group für die Fertigung der neuen BMW 7er Reihe in das Dingolfinger Fahrzeugwerk, das einst von Glas übernommen wurde, investiert. Sie treibt damit die Transformation ihres größten europäischen Produktionsstandorts zur BMW iFACTORY mit den Mottos „lean“, „green“ und „digital“ weiter voran. Dabei begann die Produktion aller Motorisierungen, sowohl des i7 als auch der Verbrenner. Milan Nedeljković, Vorstand Produktion der BMW AG, erklärte stolz:
„Unsere neue BMW 7er Reihe ist die erste Luxus-Limousine weltweit, bei der Kunden die Wahl zwischen drei Antriebsarten haben. Ob reiner Elektro-Antrieb, Verbrennungsmotor oder künftig auch Plug-in-Hybrid – dank unserer flexiblen Fertigungsstrukturen und herausragenden Integrationskompetenz sind wir in der Lage, diese Antriebsvielfalt auf effiziente Weise in der Produktion darzustellen.“
Höherer Elektroanteil: Auf iX und i7 folgt 2023 der i5
Erstmals pilotiert BMW mit der 7er Reihe das automatisierte Manövrieren von Neufahrzeugen im Werksumfeld – und optimiert damit ihre Prozesse in der Montage und Outbound-Logistik. Mit dem iX soll schon 2022 mindestens jedes vierte in Dingolfing gebaute BMW Automobil einen E-Antrieb haben, 2023 folgt dann noch der elektrische neue i5 samt der Fünfer-Reihe, welcher die E-Stückzahlen weiter pushen dürfte. Bis Mitte der 2020er Jahre soll aktuellen Planungen zufolge der Anteil elektrifizierter Fahrzeuge an der Dingolfinger Gesamtproduktion auf rund 50 Prozent anwachsen.
Extreme Flexibilität: 100 Prozent Tausch zwischen Antriebsarten
Die neue BMW 7er Reihe wird in der Fahrzeugmontage auf einem Band im Mix mit Modellen der BMW 5er und 8er Reihe sowie dem vollelektrischen BMW iX gebaut. „Die einzelnen Antriebsvarianten des BMW 7er sind dabei gegeneinander zu 100 Prozent abtauschflexibel“, betont Werkleiter Christoph Schröder und ergänzt:
„Das ermöglicht es uns, entlang des tatsächlichen nachgefragten Antriebsmixes zu bauen und unser Werk bestmöglich auszulasten.“
iX ist mittlerweile eines der meistgefertigten Modelle in Dingolfing
Der neue BMW 7er nutzt nicht nur die Technologiebaukästen des BMW iX sondern auch die Fertigungs- und Absicherungsprozesse in der Montage. Und da soll der iX, der inzwischen eines der meistgefertigten Modelle in Dingolfing ist, wegweisend gewesen sein. Das gilt beispielsweise für den neu gestalteten Aggregateeinbau, die Schwenkmontage, aber auch die Prüfstände für Fahrerassistenzsysteme und den neuen, effizienter gestalteten Finish-Prozess vom Motor-Erststart bis zum Fahrzeug-Versandplatz.
Re-Use von Anlagen: Details der Produktion vom Vorgänger übernommen
Im Karosseriebau gelang es durch Umbauten in Produktionspausen die neue BMW 7er Baureihe in die bestehenden Strukturen des Vorgänger-Modells zu integrieren und so durch den Re-Use und die Adaption von Anlagen Investitionen im dreistelligen Millionen-Euro Bereich und auch Ressourcen zu sparen. Obwohl die Karosserien des neuen BMW 7ers je nach Antriebstechnologie in Teilen der Bodengruppe voneinander abweichen und unterschiedliche Geometrien aufweisen, können die verschiedenen Varianten in einem beliebigen Mix auf ein und derselben Hauptlinie abtauschflexibel produziert werden. Ein bisschen zu Gute kommt dem Neuen die Tatsache, dass er nur noch in einer Karosserielänge gebaut wird.
Komplex: Die optionale Zweifarblackierung
Durch Automatisierung – etwa im Bereich des Türeinbaus – und durch eine Reduktion der Materialkombinationen und erforderlichen Verbindungsverfahren gelang es, Prozesse effizienter auszulegen. In der Lackiererei wurde für die exklusive Two-Tone Lackierung der neuen BMW 7er Reihe ein spezieller Prozess etabliert, der Großserienprozesse und manuelle Lackierfertigkeiten der Dingolfinger Expertinnen und Experten kombiniert.
Auch der Antrieb kommt aus Dingolfing
Die Hochvoltbatterien und der E-Antrieb werden ebenfalls am Standort Dingolfing montiert. Sie stammen wie für den BMW iX, BMW i4 und BMW iX3 aus dem benachbarten Kompetenzzentrum E-Antriebsproduktion. Dort nahmen zuletzt zwei neue Produktionslinien den Betrieb auf, so dass nun Komponenten für mehr als 500.000 E-Fahrzeuge jährlich produziert werden können. Die Mitarbeiterzahl in der Dingolfinger E-Antriebsproduktion ist damit laut BMW weiter gestiegen: Von rund 600 Anfang des Jahres 2020 auf inzwischen über 2.300. Damit dürfte der Rückgang beim Verbrenner wenigstens teilweise kompensiert werden.
Und was hat es mit dem „Dreiklang“ aus lean, green und digital auf sich? Nun, lean ist zum Beispiel durch die die flexible Auslegung der Fertigungsstrukturen, wie Christoph Schröder erklärt:
„Ob Abtauschflexibilität zwischen einzelnen Antriebsarten und Modellen, Volumenflexibilität mit enormen Schwankungsbreiten und Orderflexibilität mit Änderungsmöglichkeit für unsere Kunden bis wenige Tage vor Montagestart – Flexibilität liegt in der Dingolfinger DNA“.
Die Logistik kann über weite Strecke autonom mobil gestaltet werden
Ein weiteres Beispiel, wie vor allem auch die Digitalisierung die Effizienzziele des Werks unterstützt, ist der Flächen-Rollout von Smart Logistics Lösungen: Das Werk Dingolfing fungiert hier als unternehmensweiter Vorreiter und hat neben automatisiert fahrenden Staplern, autonomen Routenzügen und automatisierten Outdoor-Logistiklösungen zum Transport und zur Bereitstellung von Teilen am Montageband sogenannte Smart Transport Robots der BMW Group Tochterfirma Idealworks im Einsatz. Allein deren Zahl soll sich mit dem Anlauf des BMW 7er auf über 200 mehr als verdoppeln. „Dank dieser flexiblen Automatisierungslösungen“, so Schröder, „gelingt es uns, die hohe Komplexität und Zahl von Sachnummern, die wir im Werk haben, effizient zu managen.“
Die Rohbau-Roboter bleiben, in der Lackiererei sollen neue Linien sparen
„Green“ sind neben dem Bezug von 100 Prozent Grünstrom zahlreiche weitere Maßnahmen: So werden hunderte von Fertigungsrobotern im Karosseriebau vom Vorgänger übernommen und der Ressourcenverbrauch in der Lackiererei soll weiter reduziert werden: Sie erhält dafür laut BMW neue Linien für die kathodische Tauchlackierung und eine Trockenabscheidung, wodurch sich sowohl der Wasser- als auch der Energiebedarf signifikant reduzieren sollen. Die in den Trocknungsprozessen entstehende Abwärme soll nicht wie bisher nur als Prozesswärme zurückgeführt, sondern künftig auch zur Stromerzeugung genutzt werden.
Nur 580 Gramm Restmüll pro Fahrzeug!
Weitere Facetten der nachhaltigen Produktion sind laut BMW ein energieeffizienter Anlagenpark, die Verpackungsplanung sowie die Verkehrslogistik, das Recycling und das Wassermanagement. Im innerbetrieblichen Transportverkehr werden pilothaft Elektro-Lkw eingesetzt. Die Recyclingquote im Werk Dingolfing liegt bei mehr als 90 Prozent, die Verwertungsquote sogar bei über 99 Prozent. Damit fielen im BMW Group Werk Dingolfing im Jahr 2021 pro gefertigtem Fahrzeug nur rund 580 Gramm Restmüll an. Der Wasserbedarf wird zu über 40 Prozent über werkseigene Brunnen gedeckt. Somit werden laut BMW die Trinkwasserreserven der Region geschont.
Interessant ist auch die automatisierte Qualitätskontrolle durch Kameras mit KI Bei der Produktion der BMW 7er Reihe setzt das Werk in allen Technologien, vor allem aber auch in der Fahrzeugmontage auf intelligente Digitalisierungslösungen – vom virtuellen Anlernen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über die Verwendung von Smart Scannern bis zur automatisierten Qualitätskontrolle auf KI-Basis und dem automatisierten Fahren von Neufahrzeugen im Werksumfeld.
Als Pionier beim Einsatz künstlicher Intelligenz erweist sich die BMW Group nach eigenen Angaben im Rahmen des Projekts AIQX (Artificial Intelligence Quality Next). Dabei werden Qualitätsprozesse mit Hilfe von Sensorik und KI automatisiert, indem im Bandablauf intelligente Kamerasysteme und Sensoren etabliert werden. Deren aufgezeichnete Daten werden dann in Echtzeit im Backend über Algorithmen und KI ausgewertet und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Band erhalten unmittelbar über Smart Devices Feedback. AIQX kann so zur Variantenbestimmung, zur Überprüfung der Vollständigkeit und zur Detektion von Anomalien im Verbauprozess einsetzt werden. Mit Anlauf des BMW 7er kommt AIQX inzwischen bei 40 Anwendungsfällen zum Einsatz.
Auch die Werkzeuge werden noch smarter
Auch im Digitalisierungsprojekt IPS-i, in dem auf einer IT-Plattform Daten unterschiedlichster Ortungssysteme zusammengeführt und in Echtzeit ein digitaler Zwilling der Montagehalle entworfen wird, steigt die Zahl der Use Cases mit Einführung des BMW 7er an. Ob Einsatz von smarten Scannern und Schraubern oder Überprüfung der korrekten Zuordnung von Bauteilen zu Fahrzeugen mittels RFID – Grundlage hierfür ist jeweils, dass über die Plattform IPS-i sämtliche am Produktionsprozess beteiligten Objekte, d.h. Fahrzeuge, Bauteile und Werkzeuge, lokalisiert und vernetzt werden können. Allein die Bauteil-Nachvollziehbarkeit über RFID wurde mit dem neuen BMW 7er auf 45 Teilefamilien ausgeweitet.
Spannend: Automatisiertes Fahren im Werk – sie rollen die ersten Meter autonom
Bei der Produktion des neuen BMW 7ers kommt außerdem eine digitale Innovation zum Einsatz, die großes Effizienzpotenzial für den Bereich der Montage und der Outbound-Logistik in den Werken und Distributionszentren der BMW Group bietet: Das „automatisierte Fahren im Werk“ (AFW). Dieses Projekt wird ab Juli im Rahmen der Digitalisierungsstrategie im Werk Dingolfing pilotiert. Dabei fahren die neu produzierten 7er kurz nach dem Motor-Erststart und einer ersten Prüfzone die rund 170 Meter lange Strecke von der Montagehalle in den Finish-Bereich des Werks automatisiert. Auch die Strecke vom Ende des Finish-Bands zum Versandplatz soll auf diese Weise zurückgelegt werden. Entwickelt wurde das Projekt gemeinsam mit den beiden Startups Seoul Robotics und Embotech, deren Software und Technologie dafür zum Einsatz kommen. Projektleiter Sascha Andree erklärt:
„Das automatisierte Fahren im Werk hat im Grunde nichts mit den autonomen Fahrfunktionen für den Kunden zu tun. Wir schlagen hier einen anderen Weg ein. Wir nutzen nicht die Sensorik des Fahrzeugs, sondern greifen für die Umfelderkennung und die Bewegungsplanung des Fahrzeugs auf eine Infrastruktur zurück, die außerhalb des Fahrzeugs liegt.“
So sind die relevanten Fahrtstrecken durch die Logistikzonen des Werks mit Sensoren versehen. Mittels einer Software von Seoul Robotics wird aus deren Daten eine Lokalisierung der Fahrzeuge und Umfelderkennung vorgenommen. Eine ebenfalls extern gelagerte Fahrplanungssoftware von Embotech übernimmt dann Lenken, Bremsen, Beschleunigen und Einparken der fahrerlosen Fahrzeuge bzw. übersendet diesen die entsprechenden Befehle. Der Pilotbetrieb soll bis 2023 dauern. Ein weiterer Rollout ist zunächst mit weiteren Modellen im Werk Dingolfing geplant.
Zufall?! Seit '77 Heimat des 7er. Nur: Warum noch ein Verbrenner?!
Das BMW Werk im niederbayerischen Dingolfing ist übrigens seit 1977 (klar, wann sonst?)Heimat der BMW 7er Baureihe und fertigt das Top-Modell inzwischen in siebter Generation. Es ist das konzernweite Leitwerk für die Oberklasse-Modelle der Marke BMW und zeichnet sich laut BMW durch eine „hohe Anlauf-Expertise“ und jahrzehntelange Kompetenz im Bau Luxusmodellen aus. Insgesamt sind im Werk Dingolfing bis heute mehr als elf Millionen BMW-Automobile vom Band gelaufen. Noch für dieses Jahr wird ein weiteres Produktionsjubiläum erwartet: das zweimillionste Exemplar der BMW 7er Reihe.
Dingolfing ist einer von über 30 Produktionsstandorten der BMW Group weltweit und die größte europäische Fertigungsstätte des Unternehmens. Täglich laufen hier im Automobilwerk 02.40 rund 1.600 Automobile der BMW 4er, 5er, 6er, 7er und 8er und der iX vom Band. Insgesamt fertigte das Werk 2021 rund 245.000 Fahrzeuge. Aktuell sind dort rund 17.000 Mitarbeiter beschäftigt. Mit zusätzlich rund 850 Auszubildenden in 15 Lehrberufen ist Dingolfing zudem der größte Ausbildungsbetrieb der BMW Group. Neben Automobilen werden in Dingolfing auch Fahrzeugkomponenten wie Pressteile oder Fahrwerks- und Antriebssysteme gefertigt.
Kompetenzzentrum E-Antriebe
Im Komponentenwerk 02.20 ist das konzernweite Kompetenzzentrum E-Antriebsproduktion angesiedelt. Von hier aus werden Fahrzeugwerke der BMW Group weltweit mit E-Motoren und Hochvoltspeicher für die Produktion von Plug-in-Hybriden und reinen Elektro-Modellen beliefert. Die E-Antriebsfertigung wird kontinuierlich ausgebaut. Aktuell arbeiten dort bereits über 2.300 Mitarbeiter. Darüber hinaus werden am Standort die Rohkarosserien für sämtliche Rolls-Royce Modelle gebaut. Das sogenannte Dynamikzentrum, ein großer Lager- und Umschlagplatz und Herz der zentralen Aftersales-Logistik der BMW Group, versorgt die weltweite BMW und Mini Handelsorganisation mit Original BMW Teilen und Zubehör.
Was bedeutet das?
Mit dem neuen Siebener startet BMW die erste Baureihe, die in drei Antriebsvarianten montiert wird – und startet auch in der Produktion mit manch' neuen Ansätzen. Und nutzt manche Roboter und Anlagen vom Vorgänger weiter, was in der heutigen Zeit sinnvoller denn je erscheint. Für uns stellt sich nur die Frage: Warum in aller Welt sollte ein im Zweifel höchstsolventer 7er-Interessent noch zum Verbrenner greifen, den BMW mit Sechszylinder-Aggregat als Diesel und zweimal Teilzeitstromer-PHEV mit 22-kWh-Akku und Doppelher bringt? Dafür gibt es eigentlich fast nur nostalgische Gründe. Und man muss schon auch die Klimakrise ausblenden beim Autokauf. Ein sauberer Schlussstrich wäre ein klares Signal gewesen, fast zehn Jahre nach dem Start des i3. So tritt der Hersteller ein wenig auf der Stelle.
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