VM-Tour-Check BMW iX5 Hydrogen: Schwerer Stand für die Brennstoffzelle
BMW glaubt an die Brennstoffzelle - zumindest ein bisschen. Fahrzeuge vom gewaltigen Format eines BMW X5, die gerne fern und auch schnell eingesetzt werden, deren Fahrer es auch entsprechend brisant haben, für die könnte der per Fuel-Cell befeuerte SUV etwas sein. Wobei man einen Zahl gleich ziehen kann: Wer es kesseln lässt, der kommt nicht weit, in einem von unter 100 Prototypen des BMW iX5 Hydrogen, den BMW doch tatsächlich in die Serie bringen will und aktuell im "erweiterten" Feldtest laufen lässt. Jedenfalls nicht weiter als ein BMW iX3 oder größenmäßig besser BMW iX. Denn ab 120 km/h aufwärts zieht das Brennstoffzellensystem mit seinen 125 kW Leistung ordentlich aus den Unterflurhochdrucktanks, die sechs Kilogramm von dem flüchtigen Stoff beherbergen.
Wer Leistung abfordert, um den 2,5 Tonnen schweren, 4,93 Meter langen, 2,01 Meter breiten und 1,75 Meter hohen Geländewagen in wahlweise 5,8 Sekunden und untermalt vom breitwandigen Hans-Zimmer-Sound auf 100 km/h zu wuchten, bekommt dies schon mal mit Momentananzeigen von 5 bis 6 kg/100 km quittiert. Durchaus imposant, wie der BMW die Backen bläst, aber von den laut WLTP 504 Kilometern, die der X5 nach dem "Tanken" übermäßig optimistisch anzeigte, bleibt da nicht mehr viel übrig.
Breite Spanne im Verbrauch
Bei uns pendelte das Spektrum von 1,2 kg/100 km bei der äußerst sparsam und mit zahlreichen Baustellen gespickten Hinfahrt von München nach Frankfurt. Die ab Nürnberg mittelflott und mit einem 128er-Schnitt absolvierte Rückfahrt bescherte dann einen Wert von 1,7 kg/100 km. Womit Reichweiten von 300 bis maximal Kilometer machbar sind. Zumindest wenn man den versammelten 401 Pferden aus 125 kW Brennstoffzelle (Dauerleistung) sowie 170 kW E-Motor (Boost) nicht zu oft die Sporen gibt, wozu der dank Luftfederfahrwerk und guter Kapselung wie auf Wasserstoffwolken dahingleitende Oberklasse-SUV durchaus anregt. Von wegen, Brennstoffzellenautos seien "tempofest", sie ziehen dann genauso mehr Energie wie Verbrenner oder Stromer. Kurzum: Man landet bei BEV-Distanzen, im Falle des iX oder iX3 eher darunter ...
Kurze Tankzeit, aber lange Suchzeit
Das Argument der kurzen "Ladezeit", das immer wieder angeführt wird, relativiert sich auf unserer Tour insofern, als man eben selten direkt an der Autobahn fündig wird, anders als bei HPC-Ladern. Die Standorte Biebelried und Erlangen lagen jedenfalls abseits der Piste und erforderten einen Pause, während der ein 200-kW-BEV auch schon hunderte von Kilometern Radius gutmacht. Fast fühlte man sich an frühe Erdgasexkursionen erinnert, bei denen man auch mal die Stadtwerke dieser Welt kennenlernen konnte ... Naja, und dann dauert es eben doch ein bisschen länger als die offiziellen vier Minuten, bis die Säule entsperrt ist und der Prozess wirklich startet. Der wird begleitet von weißen Wölkchen aus dem Fahrzeug sowie diversen Zisch- und Dampflauten aus der Umgebung, die einen neugierig die aufwändige Infrastruktur mit Speichern und allerhand Technik erkunden lassen. Was das wohl gekostet haben mag, sinniert man?
Dampf ablassen: Nach Abstellen produziert der BMW hübsche weiße Wölkchen in den weiß-blauen Himmel. | Foto: J. Reichel
Klar, dass der iX5 genug Platz bietet - mit seiner "pick-up"-mäßigen Ladeklappe ist er zudem gut zu befrachten. | Foto: J. Reichel
Schneller Propeller: Bei BMW hat man die Hoffnung H2 noch nicht ganz aufgegeben - der iX5 Hydrogen soll das kleine Feld bereiten. | Foto: J. Reichel
Unter die Haube des iX5 Hydrogen passt locker eine Brennstoffzelle. | Foto: J. Reichel
Das System ist wie üblich beim Hersteller akkurat verpackt. | Foto: J. Reichel
In den Farben Weiß und Blau: BMW will neben den BEV auch die Brennstoffzelle marktreif machen. | Foto: J. Reichel
Der Testwagen ist einer von einer Kleinserie von unter 100 Fahrzeugen, mit denen man Erkenntnisse sammelt. | Foto: J. Reichel
Gut, dass einem die nächste H2-Station immer im Navi angezeigt wird. Oft entgegen der Fahrtrichtung ... | Foto: J. Reichel
Das Interieur entspricht nicht mehr dem neuesten Stand, die Sprachassistenz lag aber schon bei dieser Generation auf hohem Niveau. | Foto: J. Reichel
Einmal volltanken: 90 Euro, bitte!
Und ob man das was mit den enormen Wasserstoffkosten zu tun hat, die man sodann an der Säule gewärtigen muss: Einmal "volltanken", macht dann 71 Euro bitte, 15,75 Euro pro Kilo vom "Champagner unter den Kraftstoffen". Respektive, nicht ganz voll, nur 4,5 Kilo passten rein, weil wir furchtsamen nicht irgendwo im Nirgendwo mit einem H2-Mobil stranden wollten - und eine Pause nach Frühstart um 6 Uhr ohnehin gerade recht war. Biebelried also. Immerhin gab es an der Total-Energies-Tanke einen Kaffee und ein Croissant. Auf dem Rückweg in Erlangen lernt man die Siemens-Stadt kennen, flottes Fortkommen ist aber anders.
Grau ist alle Theorie - und aktuell der Wasserstoff ...
Immerhin kostet das aktuell noch "graue", sprich aus fossilen Quellen produzierte H2-Gas hier "nur" 14 Euro, unterboten nur vom dritten Tankstopp nach flotten 158 Kilometern mit einem 128er-Schnitt in Fürholzen, wo nur 12,85 Euro pro Kilo fällig wurden. So oder so: Ein günstiges Unterfangen ist das exklusive Vergnügen, Hydrogen zu fahren, nicht. Wieder sinniert man: Wieso haben wir das mit dem Biomethan eigentlich nicht konsequent durchgezogen. Dann könnten wir neben neuen Stromern die ollen Verbrenner leicht modifiziert und so gut wie klimaneutral weiterfahren und bräuchten keine derart aufwändige zusätzliche Infrastruktur. Na, vielleicht ist das zu "klein" gedacht ...
Mit der Neuen Klasse wird sich das Thema im Pkw erledigen
Die Vorstellung der Neuen Klasse Vision X und die "echten" 600 Kilometer Radius im Hinterkopf absolvieren wir den letzten Tankstop, vis-a-vis klinkt sich ein BMW iX in den Schnelllader ein. Wenn das Versprechen von BMW-Entwicklungschef Weber eintrifft, dass man die besten Elektroautos der Welt bauen wird, kommt man sich mit dem zudem noch "alten" iX5 plötzlich ganz schon "old fashioned" vor. Und steckt den eiskalten Tankstutzen zurück in die H2-Säule, schlechten Gewissens ob der unnötigen fossilen Emissionen in der Produktionskette. Unwillkürlich denkt man: Hoffentlich hat der Chefentwickler noch ein Einsehen - und beendet das teure Abenteuer Wasserstoff. Es ergibt im Pkw nur schwerlich Sinn, sofern die BMW-Entwickler nicht noch sensationelle Effizienzsprünge hinlegen.
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