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VM-Test: Skoda Octavia Combi RSiV - dreifacher Etikettenschwindel

Einmal mehr erweist sich die Plug-in-Hybrid-Technologie als Etikettenschwindel: In diesem Falle sogar doppelt und dreifach. Sportlich ist der RSiV nur, "solange der Vorrat reicht". Generell nicht allzu weit.

Teure Etikette: VM-Redakteur Reichel war nicht wirklich überzeugt vom aufwändigen und wenig effizienten PHEV-Konzept. Ein G-Tec fährt umweltfreundlicher. | Foto: J. Reichel
Teure Etikette: VM-Redakteur Reichel war nicht wirklich überzeugt vom aufwändigen und wenig effizienten PHEV-Konzept. Ein G-Tec fährt umweltfreundlicher. | Foto: J. Reichel
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Der Form nach klingt das alles nach einem tollen "Genuss-ohne-Reue"-Paket, das auch die böhmische VW-Tochter da im Gleichklang mit dem VW-Konzern in Form des Octavia Combi mit dem komplexen Akronym RSiV schnürt: Der neue Plug-in-Hybrid-Antriebsstrang wird in zwei Leistungsstufen quer durch alle Marken ausgerollt und soll den Boom bei den Stecker-Verbrennern weiter beflügeln. In diesem Falle verspricht die obere Ausbaustufe mit ihren "245 System-PS", wie es jetzt immer so schön heißt, ein ebenso agiles wie nachhaltiges Fahrvergnügen, die von avisierten 400 Nm Drehmoment weiter getrieben wird.

Setzt sich zusammen aus: Dem leider alten 1,4-Liter-TSI mit 110 kW samt 6-Gang-DSG statt des eigentlich schon längst vorgestellten, deutlich zugkräftigeren und effizienteren 1,5-Liter-TSI neuester Bauart, der zudem mit 7-Gang-DSG aufwartet. Hinzu kommt ein Elektromotor mit 85 kW (330 Nm!), die ganze Kraft übertragen auf die Vorderräder. Zusatzgewicht um die 160 Kilogramm - und schrumpf by the way auch die Zuladung auf maue 378 Kilo. Das alles soll den gewogen 1,75 Tonnen schweren Kombi in 7,3 Sekunden auf 100 km/h spurten lassen - und doch im WLTP-Zyklus nur mit 1,5 l/100 km nebst 11,4 kWh/100 km oder umgerechnet 34 g CO2/km des Euro 6d-sauberen Antriebspackages zu Buche schlagen. Zu schön, um wahr zu sein.

Doppelte Enttäuschung: Weder sportlich noch sparsam

Denn die Erwartung wird gleich doppelt enttäuscht. Denn im VM-Test der Combi-Variante mit 150 Kilo Ballast reicht, wie bei so vielen Doppel-Herz-Modellen zuvor, der für sich ausreichend zugkräftige, aber nicht überschäumend temperamentvolle E-Antrieb gerade mal für die City-Runde und die Hälfte der Landstraßenetappe durch die Hallertau. Nach 43 Kilometern ist der Vorrat im 13 kWh großen Lithium-Ionen-Speicher, der leider den doppelten Ladeboden im Heck raub und nur 490 Liter Volumen von stolzen 640 Litern übrig lässt, aufgebraucht. Entspricht einem "gesunden" Stromhunger von 23,9 kWh/100 km im Stadtbetrieb. Die 60 Kilometer laut Werk sind jedenfalls real ausser jeder Reichweite, um das Bild zu bemühen.

Und dann übernimmt von einzelnen Schubphasen abgesehen, wenn sich die Batterie dank einiger eher mit mauem Impetus versehenen Rekuperationsvorgänge in den Hügeln wieder etwas erholt hat, der Verbrenner das Antriebsregiment. Dieser gehört eher zu den trägen und bei Anforderung angestrengt lärmigen Zeitgenossen, hat jedenfalls alleine reichlich Mühe, das durch die Plug-in-Technik üppig schwere Gefährt voranzubringen. Dennoch darf der PHEV mittels in dieser Klasse essentieller Anhängekupplung offiziell ordentliche 1.500 Kilo an den Haken nehmen, ein kleiner Trost für den geschrumpften Kofferraum.

Sobald der Akku leer ist, steigt der Verbrauch zügig

Entsprechend steigt schon über die Landstraße der Verbrauch: Wobei die 2,2 l/100 km addiert mit 13,4 kWh/100 km Strom noch anständig klingen. Doch je länger die Fahrt dauert, desto mehr tendiert der Verbrauchsmesser nach oben: Der reine Autobahnkonsum an Sprit beträgt dann bei wie immer vernunftbetonter Fahrweise mit Richtgeschwindigkeit schon 6,5 l/100 km.

Gut, dass die Runde bei 158 km endet und so ein noch guter Wert von 4,5 l/100 km auf der Bord-Uhr steht. Das Nachtanken ergibt eine akzeptable Abweichung: Bei 4,8 l/100 km lagen wir dann real. Ergänzt natürlich um 6,0 kWh/100 km an Strom. Das wäre ok für einen formal derart potenten Sport-Kombi, wenn er sich denn wirklich sportlich führe. Das ist nicht der Fall. Und wer es doch "rauchen" lässt, der bekommt die hohe Auslastung des kleinen Verbrenners mit Werten über 8 l/100 km quittiert, mindestens. Bis 225 km/h schnell soll der RSiV sein.

Dritter Trugschluss: Langstreckentauglich nur bedingt

Lieber nicht ... In jedem Fall gerät dann der dritte stets "Pro PHEV" angeführte Punkt zur Makulatur: Die Langstreckentauglichkeit. Denn mit einem 40-Liter-Benzin-Tank kommt man dann bei den Realverbräuchen so weit auch wieder nicht. Dürfte so in etwa bei der Hälfte des TDI-Modells liegen, maximal 500 Kilometer weist der Bordcomputer aus ...

Weder Fisch noch Fleisch ist also dieses Modell, das ohnehin wie alle Plug-in-Hybriden nur dann auch ökologisch Sinn ergibt, wenn der Nutzer viel rein elektrisch fährt. Fraglich, ob die angepeilte "Sport-Klientel" das auch tut. Aber das ist natürlich reine Spekulation. Keine Spekulation, sondern knallharte Berechnung des Bordladers ist, dass es mit dem mauen 3,6-kW-Lader bis zu vier Stunden dauert, den Mini-Akku auf 100 Prozent zu bekommen - eine ganz lausige "Zeit-Leistungs-Relation" für die paar EV-Kilometer. Aber auch dieses Schicksal teilt sich der Skoda-Hybride mit seinen Artgenossen. Schließlich ist die ganze Doppeltechnik so schon teuer genug, als dass man einen schnelleren Lader spendieren könnte. Dennoch, 7 oder 11 kW sollten schon drin sein. Sonst belegt man ja auch ewig den kostbaren Ladeplatz.

Praxisfern: Ständig anstecken, damit die Bilanz stimmt

Das Ganze Kalkül geht aber auch nur dann auf, wenn der RSiV-Pilot eine Immobilie mit Wallbox in der Garage sein Eigen nennt oder am Arbeitsplatz laden kann. Denn in der Praxis erweist sich das ständige Gesteckere und Umgeparke mit den Plug-in-Hybriden als extrem nervig und an öffentlichen Säulen auch als teuer. Kein Wunder, dass die EV-Raten so lausig sind, wie es erste Auswertungen der PHEV-Nutzung nahelegen: 18 Prozent in Dienstflotten, 43 Prozent EV-Anteil bei Privaten.

Doch zurück zum Octavia, der ansonsten natürlich ein tadelloses, bestens verarbeitetes, geräumiges Fahrzeug ist, das zudem guten Komfort und trotz Mehrgewicht agiles Handling samt präziser Lenkung bietet und mit dem neuesten Stand der teilautomatisierten Assistenz Level 2 aus dem Konzernbaukasten aufwartet ("Travel Assist"), bei der nur die Spurassistenz übernervös agiert und Unruhe ins Volant bringt. Die Ergonomie wurde mit all dem Gewische und Getouche allerdings nicht besser - und das Motto "simply clever" sollte man nicht mehr allzu wörtlich nehmen.

Da fährt man mit dem G-Tec besser - und grüner

All das kann allerdings auch eine fast schon vergessene Variante des böhmischen Erfolgsmodells, mit Namen G-Tec: Wer wirklich umweltfreundlich unterwegs sein will, der nimmt die Erdgas-Version mit dem neuen, gar nicht mal so lahmen und mit einem modernen 7-Gang-DSG gekoppelten 1,5-Liter-TGI (130 PS, 200 Nm), tankt konsequent klimaneutrales Biomethan und freut sich über 500 Kilometer wirklich umweltfreundlicher Reichweite und spart sich glatt 13.000 (sic!) Euro (Limousine ab 30.276 Euro/Kombi ab 30.959 Euro inkl. 16% MwSt.). Und verzichtet gerne auf Krawallklamauk wie den lächerlichen V8-Sound, den der RSiV wahlweise nach innen und nach außen abgibt, auf rotlackierte Bremssättel in komfortbefreiten, harschen und dennoch in Anbetracht der Leistungsfülle nicht sehr traktionsstarken 19-Zoll-Alu-Rädern oder auf die schalenartigen Sportsitze, die ja doch nur eines sind: Ein Etikettenschwindel, wie letztlich das ganze PHEV-Konzept.

VM-Fazit Skoda Octavia Combi RSiV:

Von wegen "das Beste aus zwei Welten": Nach dem "x-ten" Test mit Plug-in-Hybriden kristallisiert sich für uns immer mehr heraus, dass man eher das Schlechte aus zwei Welten vereint in diesem wie verrückt boomenden Segment, in dem der Staat sündteure Top-Modelle auch noch mit Steuergeldern alimentiert. Nämlich: Einen nicht besonders effizienten E-Antrieb, der nur mau rekuperiert und mit einem kleinen und langsam zu ladenen Akku kombiniert wird. Und mit einem in diesem Falle "altmodischen" Turbo-Benzin-Motor, der in "Alleinstellung" alle Mühe hat, ein durch den Doppelantrieb erschwertes Fahrzeug noch sparsam voranzubringen.

Da helfen dann auch alle optischen "Nebelkerzen" nichts: So ein Fahrzeug ist weder so sportlich noch so sparsam wie ein echtes Elektroauto. Und das gilt "pars pro toto" leider für die komplette PHEV-Range des VW-Konzerns, die permanent noch weiter wächst und aller Bekenntnisse zum BEV zum Trotz massiv als "umweltfreundlicher Einstieg in die E-Mobilität" beworben wird. Dann lieber gleich vollelektrisch und die "echten" iV-Modelle aus Böhmen abwarten, die dann wirklich wieder "simply clever" sind. Oder, wem das noch zu gewagt erscheint: Erdgasantrieb nehmen und Biomethan tanken! "Staatlich subentionierter Klimabetrug", wetterte jüngst Grünen-Politiker Cem Özdemir über den PHEV-Boom. So fern der Wahrheit dürfte er nicht liegen.

Technische Daten: Skoda Octavia Combi RSiV

  • Antrieb: 1,4-l-TSI-Turbo-Benzinmotor (150 PS/110 kW, 250 Nm)+Elektromotor 85 kW (330 Nm); Euro 6d
  • Maße LxBxH: 4.700x1.829x1.474 mm; Wendekreis: 10,5 m
  • Gewichte (gewogen): leer 1.785 kg (inkl. Fahrer 75 kg); zul.GG 2.163 kg; Zuladung 378 kg; Testgewicht 1.935 kg; Anhängelast: 750 kg (ungebr.), 1.500 kg (gebr. bis 12 %)
  • Kofferraum: 490/1.550 l
  • Akku: Lithium-Ionen 13 kWh netto
  • Ladetechnik: 3,6 kW AC Typ 2
  • Preise: 42.949,- (inkl. 16 % MwSt.)
  • Serienausstattung (u.a.): Plug-in-Hybrid-Antrieb, LED-Leuchten+Matrix-Hauptscheinwerfer, Parksensoren, Rückfahrkamera, Regensensor, FAS mit City-Notbremsassistent, Tempomat, akt. Spurhalteassistent, Ausweichassistent; virtuelles Cockpit mit 10,2"-Display, Infotainmentsystem 10", 8 Lautsprecher, Klimaanlage
  • Extras (Auswahl): Navigationssystem 1.374,-, Canton-Soundsystem 575,-, Assistenzsystem Traveller inkl. ACC + Müdigkeitserkennung 497,-
  • Testverbrauch: 4,8 l/100 km + 8,0 kWh/100 km (real); Stadt: 0 l/100 km + 23,9 kWh/100 km; Land: 2,2 l/100 km + 13,4 kWh; BAB: 6,5 l/100 km - 0,4 kWh/100 km (lt. Bordcomputer)
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