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VM-Test Opel Rocks-e: Der Bonsai-Stromer rockt die City

SUM statt SUV, ist die Devise des kleinsten Opel. Viel mehr Auto braucht man eigentlich nicht in der Stadt. Und wäre die voller Rocks-e, wäre sich schon einiges lebenswerter. In Serie liefert er Effizienz in Energie und Raum, ein sympathisch-ursprüngliches Handling und Flair, ein durchaus seriöses technisches Package.

Vorwärts-Rückwärts: Die Optik von vorn und hinten ähnelt sich, die Bezeichnung "Kabinenroller" wäre passend. | Foto: J. Reichel
Vorwärts-Rückwärts: Die Optik von vorn und hinten ähnelt sich, die Bezeichnung "Kabinenroller" wäre passend. | Foto: J. Reichel
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Johannes Reichel

Eigentlich hat der L6e-Opel alles, was ein Auto in der Stadt braucht: Platz für zwei Personen und in den zahlreichen Ecken und Nischen 63 Liter Gepäck auf wahnsinnig wenig Raum (2,41x1,39 m). Einen irrsinnigen kleinen Wendekreis (7,2 Meter), eine exzellente Übersicht (und sogar Aussicht durch's serienmäßige Panorama-Glasdach!), mit 9 kW Peak (6 kW Dauerleistung, 40 Nm) genug Power zum mitstromern und sogar eine Heizung nebst Lüftung, die ebenso ordentlich Krawall macht wie der irgendwie auch wieder herrlich heulende Elektromotor. Erinnert an das Getriebreheulen im alten Mini und in der Tat kommt Mini-Feeling auf, so urtümlich fährt sich der kleinste Opel, den es wohl je gab.

Das LED-Licht geht automatisch an, die Scheibenwischer trotzen auch dem heftigsten Unwetter, in das wir beim Test gerieten. Und klammheimlich fürchteten, der Bonsai-Stromer wäre nicht ganz dicht. Ist er aber. Es sei denn, man hat die auf Halbmast ausklappbaren Fenster nicht gescheit geschlossen ... Kann schon vorkommen, denn ohne Öffnen kann man die Mofa-Spiegel nicht einstellen. Goldig übrigens: Der winzige Rückspiegel für 6,80 Euro. Apropos nicht ganz dicht: In die Waschanlage darf er nicht. Zudem steigt man über die gegenläufig öffnenden Türen recht leicht zu in die quaderförmige Kabine, Schlüssel nicht vergessen - und wie früher per Druck-Knopf entriegeln! Tut's doch!

Gegenakzent zum grassierenden Gimmick-Wahn

In der erstaunlich geräumigen Kabine kommt dann mit der klangstarken JBL Flip 5, nötigenfalls über USB-Slot ladbar, richtig Stimmung auf, Handy eingeklinkt und los geht's. Nötigenfalls verbindet die Opel-App das Fahrzeug mit dem Smartphone, samt einiger Ferninfos. Und eine Parrot-Freisprecheinrichtung wird einfach oben in den Dachholm gehängt. Klingt paradox: Aber in Zeiten der überbordenden Gimmicks und Gadgets, mit denen sich die Hersteller in einer unentrinnbaren Ausstattungsspirale verfangen haben, fühlt man sich wie eine motorisierte Avantgarde der automobilen Abrüstung.

Nettes optisches Goodie: Die Opel-gelben Akzente und Intarsien im Lego-Look. Wenn schon Auto in der Stadt (und mal nicht Fahrrad), dann so! Der Opel ist jedenfalls ein wohltuend spartanischer Downsizer "par exellence", der den ganzen fetten "City-SUVs" und CUVs mal zeigt, was eine Effizienz-Harke ist - und sie regelrecht vorführt: SUM statt SUV ist die Devise (Opel-Sprech: Sustainable Urban Mobility). Denn mögen sie noch so aggressiv drängeln und in der 50er-Zone mit 70 vorbeibrettern - wir sehen uns an der nächsten Ampel. Oder in einer der zahlreichen 30er-Zonen, durch die man sich hangelt. Nur auf den Mittleren Ring (Bundesstraße B2), da sollte man nicht geraten ... Wobei: Wie rigide der durchaus noch weiter vorhandene Vortrieb der E-Maschine durch den Begrenzer gestoppt wird, das schmerzt schon - und ist im aktuellen Verkehrsgeschehen dann doch etwas schwer vermittelbar. 55 km/h wären ein guter Kompromiss. Oder gleich überall Tempo 30!

Dazu kommt ein Handling, das gar nicht so übel ist: Der Rocks-e liegt gemäß seiner taffen, aber ehrlichen Federung und gar nicht so kleinen 14-Zoll-Winterpneus von Nexen, satt auf der Straße, man muss nur aufpassen, dass man bei Feuchtigkeit nicht in den falschen Kurven Strom gibt. Dann scharrt das Antriebsvorderrad. Das ganze Konstrukt aus einem Stahlrahmen wirkt erstaunlich verwindungssteif, Knarzen und Knacken ist der Karosse insofern fremd. Dämmung auch: Streusplit auf der Straße verursacht ein Prasselkonzert in den Radkästen, das an Knallfrosch-Salven erinnert. Andererseits man ist auch immer wieder überrascht: Etwa über den Vollformat-Handbremshebel - der separat über das Hinterrad den Anker setzt. Oder die nicht so schlechten Bremsen, sofern man fest zutritt. Mit 100 Kilo Ballast an Bord kommt der ohne Akku 451 Kilo und maximal 700 Kilo schwere Stromer ebenso gut klar, der Verbrauch unterscheidet sich leer oder beladen nicht groß. Offiziell sind es 11,9 kWh, was für ein Kleinkaliber nicht sonderlich sparsam wäre. Mit einem effizienteren Motor wären also durchaus 100 Kilometer drin.

Für einen Bonsai könnte er noch sparsamer sein

Im Stadtverkehr jedenfalls bei kühlen 8 Grad (aber ohne Heizung) sind nach 26 Kilometern mit heftigen 45 Stopps noch 42 Rest in den Speichern, 2,1 kWh waren verbraucht. Die 75 Kilometer, die er aus den 5,5 kWh-Lithium-Ionen-Akkus unter den Sitzen erzielen kann, erscheinen so nicht utopisch. Wer es mehr rollen lässt, kommt an die 70er-Marke ran. Geladen sind wir über die Schuco-Steckdose binnen knappen vier Stunden, bei 3,7 kW. Wobei das Kabel aus der Seitenverkleidung gepfriemelt werden muss und etwas knickgefährdet entlang dem Türrahmen gefädelt werden muss. Leider funktionierte der Adapter für die Typ 2 an unserer Mennekes-Säule nicht. Generell wäre der Opel generell sogar öffentlich Lade-tauglich.

VM-Fazit: Man muss es so klar sagen - aber viel mehr Auto braucht man eigentlich nicht in der Stadt. Und wäre die voller Rocks-e, wäre sie schon mal eine ganze Ecke lebenswerter. In Serie liefert er Effizienz in Energie und Raum, ein sympathisch-ursprüngliches Handling und Flair, ein durchaus seriöses technisches Package zu einem dafür eigentlich passablen Preis von 8.000 Euro in der Basis und 8.800 für den Tekno, wenn man bedenkt, was heute schon ein besser ausgestattetes E-Cargobike kostet. Was fehlt? Endlich eine Förderung für Leicht-Elektro-Mobile. Die würde die Verhältnisse zu einem preiswerten Elektro-Auto wie dem Dacia Spring, der dank üppiger Prämie sich auf 11.000 Euro rankommt, wieder gerade rücken. Und natürlich: Eine Neuregelung der Leichtelektrofahrzeugverordnung: 60 km/h wären ein Traum, der im aktuellen Verkehrsgeschehen Sicherheit schafft, 50 km/h auch schon ok. Oder in allen Städten generell Tempo 30. Aber das ist wieder eine andere Geschichte ...

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