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VM-Test Honda Jazz e:HEV: Clever und smart - leider nicht vollelektrisch

Mit dem neuen Jazz schlägt Honda ein letztes Verbrennerkapitel auf und bereitet mit dem Vollhybrid den Übergang in reine E-Antriebe. Genau der fehlt dem Konzept zum vollen Glück. Denn sonst ist der Jazz das perfekte "All-you-need"-Car, für einen Verbrenner mit hoher Effizienz.

Effizient in Raum und Sprit: Der Honda kommt nur noch als Hybrid und erweist sich als Alleskönner. | Foto: J. Reichel
Effizient in Raum und Sprit: Der Honda kommt nur noch als Hybrid und erweist sich als Alleskönner. | Foto: J. Reichel
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Vor zehn, vielleicht auch vor fünf Jahren, da wäre der Honda Jazz, den es jetzt auschließlich als Voll-Hybrid gibt, ein echter Schritt in die Zukunft gewesen. Heute ist er ein cleveres und smartes, ein super raumeffizientes und sympathisches Automobil, das eigentlich nur ein echtes Manko hat: Es steht noch mit einem Bein in der Verbrenner-Welt. Und so ertappt man sich in diesem so intelligent konzipierten Fahrzeug, das innen geräumig und flexibel wie ein kleiner Van ist, aber de facto nicht mehr als die Maße eines Kleinwagens aufweist, wie man das Gaspedal streichelt, um nur ja einen Eingriff des Verbrenners zu verhindern.

Auf Schleichfahrt, bevor der Motor heult

Das klappt in der Stadt ganz ordentlich, man surrt leise dahin und bekommt ein Gefühl wie es wäre, wenn, ach ja, wenn, der Jazz ein vollelektrisches Fahrzeug wäre. Aber wehe, wer zu weit tippt oder den kleinen Vorrat des Li-Io-Akkus erschöpft, der provoziert ein Aufheulen unter der ultrakurzen Stummelhaube, das so gar nicht zum entspannten und japanisch meditativen Charakter des Interieurs und gesamten Fahrzeugs passen will. Der topmoderne 1,5-Liter-Vierzylinder-Motor (98 PS) arbeitet sich (nach dem Atkinson-Prinzip) zwar flott durch das Drehzahlband, sorgt zusammen mit der 80-kW-E-Maschine (253 Nm) für ordentliche Beschleunigung des 1,3 Tonnen schweren Wägelchens (unter 10 s 0-100 km/h!), wenn es sein muss und ist sauber nach Euro6d, dank serienmäßigem Benzinpartikelfilter. Spaß macht das nicht wirklich, auch wenn das Zusammenspiel aus Verbenner und kleiner E-Maschine im Rahmen des sogenannten eCVT-Direktantriebs weiter perfektioniert wurde und zweifellos sehr effizient vonstatten geht.

Stadt und Überland sparsam, aber auch sonst kein Säufer

Wie auch der Testverbrauch ausweist: In der Stadt mit einem Verbrennerfahrzeug mit 3,7 l/100 km über die Runden kommen, das ist schon aller Ehren wert. Auch überland rekuperiert das System fleißig und nutzt die Hügel der Hallertau, um den kleinen Lithium-Ionen-Akku schnell wieder mit Energie zu befüllen. Die dann wiederum beim Herausbeschleunigen und erklimmen des nächsten Hügels hilft.

Im Resultat schlägt man bei kaum mehr Verbrauch an als in der Stadt: 3,9 l/100 km über die Landstraßenetappe. Selbst auf der abschließenden Autobahnetappe mutiert der mit 1,52 Meter für die Bauart flache Jazz im Gegensatz zu vielen Plug-in-Hybriden nicht zum Säufer und bescheidet sich mit 5,4 l/100 km, bei wie immer vernünftiger Fahrweise mit Richtgeschwindigkeit 120 km/h. Summa summarum rollten wir also mit 4,8 l/100 km über die Testrunde, was ein guter Wert ist, aber eben in der "alten Welt". Noch etwas, weil es immer noch nicht selbstverständlich ist: Die Testwerte entsprechen exakt dem WLTP-Verbrauch laut Werk, auf Winterreifen, wohlgemerkt. Eine ehrliche Linie.

Dennoch: Es schmerzt den umweltbewussten Chauffeur natürlich nicht wenig und kommt mittlerweile fast einer kleinen Niederlage gleich, wenn man in ein Fahrzeug in Anbetracht der steigenden Zahl an vollelektrischen Alternativen noch vom kostbaren "Fossilen" füllen muss. Aber sei's drum, der Jazz braucht ja immerhin nicht viel davon. Und man kann ja den wenigen Sprit dann zumindest per CO2-Zertifikat ausgleichen.

Vorteil Vollhybrid: Reichweite ist kein Thema

Und einen Vorteil hat der teilweise Verbleib in der Verbrennerwelt natürlich: Um die Reichweite macht man sich wenig Sorgen, Fernstrecken kann man in dem bequemen und deutlich komfortabler als früher gefederten, spurstabilen Wagen bestens absolvieren, die gut 500 Kilometer der Reichweitenanzeige dürften realistisch sein. Und sogar Landstraßen würden, abgesehen vom relativ lärmigen Motor, viel mehr Spaß machen als in den Jazz-Vorgängern, alldieweil das Fahrwerk sich deutlich verbessert, spricht verbindlicher und stabiler zeigt, die Lenkung präzise arbeitet und die Karosserie verwindungssteif und solide wirkt. Auch die Bremsen packen verlässlich zu, sodass ein sicheres und gutes Fahrgefühl entsteht, das so erwachsen wirkt, wie das ganze Konzept mittlerweile ist.

Vorbildliches Paket an Fahrerassistenz in Serie

Dazu passt, dass Honda ein entschlossenes Paket an Fahrerassistenz schnürt, das schon die Basis auszeichnet und umfasst: ein Kollisionswarnsystem mit aktivem Bremseingriff und Fußgängererkennung (nicht ausprobiert), ein aktiver Spurhalteassistent, der etwas übernervös agiert und etwas häufig mahnt, wenn man die Hände nicht komplett am Volant liegen hat. Dazu eine recht flüssig arbeitende adaptive Geschwindigkeitsregelung und eine Verkehrszeichenerkennung, die einem manches "Speeding Ticket" erspart, ein Low-Speed-Stauassistent, abgerundet von Licht- und Regensensor, grundsätzliche LED-Licht an Front und Heck sowie einer Armada von zehn Airbags. In der Tat, der Jazz nimmt dem Fahrer einiges ab und soll ja nach dem Dafürhalten seiner Entwickler eben sein wie "ein guter Freund für alle Tage". 

Genialer Raumkünstlicher: Magic Seats und viel Platz

Deshalb ist auch die Übersicht exzellent dank der filigran gestalteten A-Säule, der Wendekreis kompakt bemessen, das Manövrieren und Parken in der Stadt ein Vergnügen. Leichte Abstriche muss man allenfalls in Sachen Kofferraum machen, wo der Jazz mit 304 Liter eher auf Klassenniveau liegt, die immerhin gut nutzbar sind. Aber er hat ja seine "Magic Seats" als Zaubertrick in petto. Und wer hier schon mal per simplem und auch einhändig machbaren Klapp-Trick die Bank hochgestellt und ein Fahrrad (Vorderrad entfernt) quer reingestellt hat, der wird begeistert sein. Kein Gewuchte über eine hohe Ladekante, kein Geruckel, bis das Bike sitzt, kein Schmutz an den Sitzpolstern. Genial. Ebenso schnell hat man aber auch von heckseits die Lehnen umgeklappt und erhält eine ebene Ladefläche, die sich mittels "flachgelegtem" Beifahrersitz sogar für Langgut eignet und die im Maximalfall formal 1.205 Liter fasst.

Gemütlich und doch modern: Bequemes Interieur

Aber auch in Normalposition haben die Sitze ihre Qualitäten, die man in Anbetracht der Flexibilität nicht unbedingt erwartet. Selbst Erwachsene lümmeln recht lässig und mit ordentlich Bein- und Kopfraum im Fond. Vorne sitzt es sich sowieso sehr bequem und trefflich in dem - man blickt zweimal in den Fahrzeugschein - ja nur vier Meter langen Mobil. Auch die Gestaltung und Ergonomie strahlt eine durchdachte Ruhe aus, die in Zeiten der völligen Infotainment- und Gadgetüberfrachtung wohltut.

Ein glasklar aufgelöstes Digitalzentralinstrument, das logisch bedienbare Infotainment in der Mitte, Ablagen wo und wie man sie braucht, ein angenehm griffiges Lenkrad und überhaupt eine haptische Anmutung, die sich auf das Wesentliche beschränkt und dort den Kostenrahmen wahrt, wo man ohnehin nie hinlangt: Etwa unterhalb der Windschutzscheibe. Wozu hier unterschäumte Kunststoffe? Dafür schöne kunstledereingefasste Bezüge, gemütliche Polsterung und haptisch angenehmen Stoff, wo es sein muss. Und neben dem ruhigen Design eine durchaus wohlklingende Soundanlage oder ein schlüsselloses Zugangssystem als "i-Tüpfelchen". Das ist aber nur ein paar Beispiel für das "Reduce to the max"-Prinzip beim Jazz. Der zudem alles, was man wirklich braucht, in die üppige Basisausstattung packt. Wer mehr will, etwa das Infotainment mit 9"-Screen und wireless Apple Carplay/Android Auto, der nimmt für einen Tausender mehr den "Elegance".

Nur eine Frage bleibt: Warum nicht gleich elektrisch?

Ach, wenn doch gleich mit dem Modellwechsel noch der Verbrenner weggelassen worden wäre. Dass Honda "elektrisch" kann, zeigt der Honda-e mit seinem wirklich erfrischenden Konzept. Das wär's: Eine Kreuzung aus Jazz und "e", ein Honda-e mit dem Platzangebot des Jazz und ein Jazz mit dem Akku des "e". Aber mal sehen, Honda fängt ja gerade erst vollelektrisch an.

VM-Test-Fazit:

Der Jazz verkörpert in Reinkultur, was man normalerweise an Auto braucht: Ein flexibler Van im flächensparenden Format eines Kleinwagens, super "easy" im Handling, ein unkomplizierter und dennoch raffinierter Typ für alle Fälle und Tage, sei es nun als Pendlerfahrzeug oder für die Urlaubsreise. Honda hat ein so kluges, so maßhaltendes und so wohldosiertes Konzept geschnürt, das einen überaus intelligenten Kontrast zu den heillos überfrachteten Plug-in-Hybrid-SUV dieser Tage bildet. Würde die Welt Autos wie den Jazz statt SUV fahren, sie wäre definitiv leichter zu retten. Bleiben nur zwei Fragen. Erstens: Warum werden eigentlich solche sparsamen Schlau-Mobile nicht so üppig staatlich gefördert wie fette PHEV-SUVs? Und zweitens: Wann kommt der Jazz-e?

Technische Daten: Honda Jazz e:HEV Executive

  • Antrieb: Honda e-CVT-Hybriddirektantrieb aus 1,5-l-Vierzylinder-Benzin-Motor (98 PS/72 kW, 131 Nm) und Elektromotor (109 PS/80 kW, 253 Nm); Abgasnorm: Euro 6d
  • Maße LxBxH: 4.044x1.966x1.526 mm
  • Gewichte (gem.): leer 1.325 kg (inkl. 75 kg Fahrer); max. 1.710 kg; Zuladung 385 kg
  • Kofferraum: 305/1.205 l; Tank: 40 l
  • Preise: Jazz Comfort 22.250,-; Executive 25.150,- (inkl. 19 % MwSt.)
  • Serienausstattung (u.a.): Sensing-Sicherheitspaket, LED-Leuchten, Radio 5"-Display, Bluetooth-Freisprecheinr., Fensterheber el., Klimaautomatik, Parkbremse elektrisch, Magic Seats-System, Multiinformationsdisplay, 10xAirbag
  • Testverbrauch: 4,8 l/100 km; Stadt: 3,7 l/100 km; Land: 3,9 l/100 km; BAB: 5,4 l/100 km
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