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VM-Test Ford Explorer PHEV: Amerikanischer geht es nicht!

Das amerikanischste Auto, das man in Europa kaufen kann? Der Ford Explorer PHEV. Und dafür gibt es viele Gründe. Weit reitet man mit dem Hybrid-Koloss aber nicht emissionsfrei durch die Prärie.

 Groß und stark: Der Ford Explorer - in den USA ist das "Midsize". | Foto: G. Soller
Groß und stark: Der Ford Explorer - in den USA ist das "Midsize". | Foto: G. Soller
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Gregor Soller

Man sieht sich immer zweimal im Leben! Das gilt auch für den Ford Explorer mit dem Kennzeichen K-EX 224 E und uns: Nach der Fahrvorstellung kam der hybride Riese als Testwagen zurück – und blieb ganz der knitterige kantige Cowboy, der er schon immer war. Kein Wunder – montiert wird er in Chicago, Illinois, der einzigen halbwegs europäischen Metropole im mittleren Westen, die ansonsten Pick-ups und davon abgeleitete große Leiterrahmen-SUV bevorzugt. Weiter südlich startet in einer Ex-Mitsubishi-Fabrik übrigens gerade die Rivian-Produktion – ähnlich gearteter, aber rein elektrischer Modelle.

Starke Fahrleitungen dank sehr viel Leistung und Drehmoment

Für US-Verhältnisse ist der 5,06 Meter lange und leer gut 2,5 Tonnen wiegende Klotz übrigens „Midsize“, in Europa konkurriert der Plug-in eher mit der oberen SUV-Mittelklasse á la Audi Q7 und Co. Und ist hier so ganz anders: Wo die Premiums akkurate Ziernähte und diverse Ledersorten führen, liegen die Häute im Explorer so labberig verlegt, als hätte er schon Millionen Meilen abgerissen, was immerhin den Vorteil hat, dass sich da nix mehr aus der Form bringen lässt. Auch die verwendeten Kunststoffe sind eher von preisgünstiger Machart.

Dafür hat man ihm fett Leistung und Sound eingeschenkt, in Summe aus Verbrenner und E-Maschine: 457 PS und 825 Nm, die der Cowboy ab 2.500 Touren aus der Hüfte schießt, sorgen für flottes Vorankommen, immer untermalt vom V6-Sound des großen 3,0-Liter-Ecoboost, der das Großkaliber notfalls binnen 6,0 Sekunden auf 100 km/h schießt. Der Zwischenspurt von 80 auf 120 km/h ist binnen 3,3 Sekunden abgehakt. Leistung und Kraft werden übrigens immer per Zehngangautomatik dargereicht! Der Sound erinnert mit seinen blechernen Untertönen dabei immer dezent an die alten Mustang-V8: Obwohl dem „Ecobooster“ dazu zwei Töpfe fehlen, ist er klar als Ford vernehmbar.

Nach gut 30 Kilometern elektrisch ist Schluss mit Öko

Die Ausstattung: Vollständig inklusive zweier ausklappbarer Zusatzsitze in Reihe drei und während die Premium-Besteller noch über ihren ewigen Preislisten die Köpfe rauchen lassen, liegt der Bauauftrag des Explorer schon in Chicago – viel Auswahl gibt es nicht – Metalliclack, falls man ihn nicht in weiß möchte – that´s it! Da differenziert sich der Explorer von allen anderen Modellen: Während die Asiaten hier kaum Portionen in der Größe anbieten und die Europäer in dem Segment nur Premium verkosten, wirft Ford einfach das dicke Steak in den Ring. Konkurrenz wäre allenfalls der bald erscheinende Jeep Cherokee, der allerdings etwas feingliedriger, edler und mit kleinem Vierzylinder-Turbo auskommen muss. Mit ihm teilt er die knappe elektrische Reichweite: Offizielle 42 Kilometer bedeuten fiel der Explorer 2022 aus der Plug-in-Förderung, was ihn unnötig verteuert.

Und weil hier alles bis auf die Reichweite und Detailqualität so üppig ausfällt, gilt das auch für den Verbrauch: Am Ende unserer Testrunde ließ sich der Explorer 7,3 l/100 km und 7,9 kWh/100 km schmecken – wenn der Akku mal leer ist – was bei uns nach 31,3 Kilometern der Fall war – ist auf Fernstrecken im einstelligen Bereich nicht mehr viel zu wollen. Und reitet man den Entdecker in die Prärie und freut sich, dass er auch offroad kann und aufgrund des robusten Auftritts nicht übel nimmt. Will man dann wieder zurück in die Stadt, kann man den Akku vorher auch wieder per V6 laden, was den Spritdurst allerdings zusätzlich erhöht und energetisch völlig ineffizient ist.

Bei der Kostenrechnung fielen vor allem die hohen Versicherungstarife auf

Bei den Kosten fielen uns weniger Leasingraten oder Verbrauch auf, sondern die Versicherung, die beim Explorer so teuer war wie noch bei keinem Testwagen je zuvor. Was uns etwas wundert, da der Explorer sich bei Dieben ganz weit hinter BMW X5, Range Rover und Co. anstellen muss und auch die Ersatzteilpreise nicht über die Maßen nach oben ausreißen. Und die wenigen Explorerfahrer, die wir bisher sahen, fielen auch nicht unbedingt durch wilde Fahrweise auf, eher im Gegenteil.

Denn das Fahrverhalten selbst ist von souveräner Lässigkeit geprägt – die etwas indirekte Lenkung passt ebenso zum Charakter wie die souveräne aber nicht zu weiche Federung und das niedertouringe Umhersuchen des Zehngang-Wandlers in den diversen Möglichkeiten der Übersetzung – die man je nach Untergrund nochmal per Fahrprogramm feinjustieren kann. Per Drehrändel, die es auch für die Klimatisierung noch gibt – den Rest spricht oder toucht man über die senkrecht stehende 10,1-Zentralscreen, wobei die Sprachauffassung des Explorer eher mäßig ausfällt und er Abstraktes kaum versteht.

Für Europäer schwer vermittelbar

So wie ihn die meisten Europäer kaum verstehen werden, denn mit seiner robusten Machart zielt er auf die vielen Pendler in den riesigen US-Vorstädten, die zu Hause und im Office Laden können und sich auf echt langen Strecken (immer noch) eher keine Gedanken über den Spritverbrauch machen. Es gibt genau drei Preise für ihn: Der ST-Line startet bei 65.882,36 Euro netto (das sind 78.400 Euro brutto), der stärker verchromte „Platinum“ kostet brutto einen Tausender mehr, heißt: 66.723 Euro netto oder 79.400 Euro brutto. Eine Anhängekupplung kostet 798,32 Euro (950 Euro brutto). Bei den Metallicfarben gibt es dagegen ganz unterschiedliche Aufpreise: mal kosten sie beim Platinum gar nichts (dann kosten sie beim ST-Line genau die 1000 Euro, die er billiger ist), mal 168,07 (200 Euro brutto) und mal 252,10 Euro netto (300 Euro brutto - beim ST-Line dann entsprechend 1008,40 respektive 1.092,44 Euro netto, das sind 1.200 respektive 1.300 Euro brutto). Mit der Aufpreisliste ist man schnell durch und wundert sich nicht, dass die Explorer in den USA „to go“ angeboten werden.

Und wer weiß, dass die dortigen Vororte - wo sie verkauft werden - wie „Sandwich“ schon mal 80 Meilen oder knapp 130 Kilometer(!) vom Chicagoer Ford-Werk weg liegen, dürfte sich wundern, warum er Riese so mit der Reichweite geizt. Ist uns beim ersten Mal noch gar nicht so aufgefallen – wie schnell sich die Zeiten zwischen unseren beiden Begegnungen doch geändert haben!

Technische Daten:

Sechszylinder-Benzinmotor + permanenterregte E-Maschine, 2.956 cm3, Systemleistung: 336 kW (457 PS)/5.750/min., 825 Nm/2.500/min., LxBxH: 5.049x2.107 (2.285 mm. Spiegel) x1.778 mm, Radstand: 3.025 mm, 71,8-l-Tank + 13,6 kWh-Akku, 240-2.274 l Kofferraum, Leergewicht Testwagen (vollgetankt, inkl. 80-kg-Fahrer): 2.678 kg, Anhängelast: 2.500 kg

Messwerte:

Elastizität 50-80/80-120 km/h: 1,7/3,3 sek., Beschleunigung 0-60/0-80/0-100 km/h: 3,4/4,4/6,0 sek.

Geräusch bei 30/50/60/80/100/120 km/h: 48,7/52,7/54,9/57,8/61,0/62,5 dB(A)

Verbrauch Testrunde (159,0 km): Stadt: 29,1 kWh, Land: 4,5 l/100km +1,8 kWh/100 km + Autobahn: 9,9 l/100 km, Gesamt: 7,3 l/100 km + 7,9 kWh

Kosten pro km: 0,81 Euro

Was bedeutet das?

Der Explorer ist klar das US-amerikanischste Auto, das man derzeit abseits von Grauimporten kaufen kann. Was alle Vor- und Nachteile dieser Fahrzeugspezies in einem Satz beinhaltet, heißt: Der Explorer bietet von allem (zu) viel – Leistung, Kraft, Platz und erkauft sich das mit den entsprechenden Nach- und bekannten Vorurteilen: Er ist nicht wirklich sparsam und hochwertig verarbeitet. Dafür in seiner Andersartigkeit aber spaßig und für Größe und Leistung verhältnismäßig günstig.

 

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