VM-Test Cupra Leon e-Hybrid: Das Plug-in-Paradox
Cupra, dieser Brand weckt bei eingeweihten Motoristen und ausgewiesenen "Petrol Heads" große Erwartungen: Früher eher dem Tuning-Bereich der Marke Seat zuzuordnen, soll daraus jetzt eine eigene, margenstarke Marke der "performanten" Seat-Modelle erstehen, mit Schwerpunkt auf E-Mobilität. Bis es aber wirklich elektrisch wird, wirft man erstmal optisch aufgemaschelte und südländisch rassige Verbrenner auf den Markt, etwa in Gestalt des - wie sollte es anders sein - trendigen SUV Formentor. Den gibt es völlig unzeitgemäß zum Start erstmal nur als Turbo-Benziner, mit 150 oder 310 PS. Und "elektrisch"? Muss der ambitionierten Sport-Marke bis auf weiteres und bis also der VW-ID.3-Ableber "El Born" als reiner BEV startet, der Cupra Leon e-Hybrid den Part des "alternativen Antriebs" übernehmen. Versehen mit dem großen, bisher in unseren Tests leider meist uneingelösten PHEV-Versprechen: Genuss ohne Reue zu garantieren - und Fahrspaß mit Sparsamkeit zu kombinieren.
Der Cupra trägt optisch dick auf - und akustisch
Mit "sportlicher Erwartung" geht man also an den Testwagen heran, der als schnittig gezeichneter Kombi (sog. Sportstourer) mit den optionalen 19-Zoll-Alu-Rädern im markentypischen kupfer-farben an den Start geht und im Stand schon mal irre dynamisch wirkt. Und das auch im Interieur aus jeder Pore der im Vergleich zum technischen Zwilling Skoda Octavia RSiV deutlich weniger wertig gestalteten Plastiklandschaft versprüht. Grimmig glimmt das Digitaldisplay, fast diabolisch "kupfert" einen das Markenlogo vom Lenkrad und aus allen Ecken und Enden an. Startknopf am Lenkrad, rennsport-mäßige Schalensitze - und dann diese geheimnissvolle Cupra-Taste links am Volant. Mal drücken. Infernalisch bollert da ein V8-Motor los, als wolle der Cupra Leon noch mal den letzten Abgesang auf die Verbrennungskraftmaschine anstimmen. Das hört man nicht nur innen: Aufgeschreckt guckt der Kollege oben aus dem Büro-Fenster. Geht's noch?
Reicht nicht weit: Der EV-Modus kommt auf 34 Kilometer
Etwas verschämt bollert man davon. Allerdings ganz ohne Verbrenner. Denn wir haben natürlich für die Testrunde zum Start den E-Antrieb aktiviert. Krasses Gemisch: V8-Geblubber zum Elektro-Surren. Was hat die Cupra-Leute da nur geritten? Damit kann man vielleicht computerspielaffine Teenager beeindrucken. Aber gegen den souverän leise davonziehenden Tesla Model S, den wir parallel zum Test haben, wirkt das eher wie - sorry, Spielwarenabteilung. Ist ja gut jetzt, wir schalten dieses doch etwas "spätpubertär" anmutende Feature einfach ab. Und erfreuen uns der nun weitgehend herrschenden Ruhe, denn nur ganz dezent im Hintergrund und als AVAS-Warngeräusch-Ersatz brabbelt der Sound aus der Konserve weiter.
Der 1,4-Liter-TSI ist nicht auf dem neuesten Stand
Allerdings bleibt einem die Ruhe nicht allzu lange erhalten. Noch kürzer als beim Octavia RSiV hält der 13-kWh-Lithium-Ionen-Akku bei kühlen fünf Grad Außentemperatur, ganz sanft angeschalteter Lüftung und auf 19 Grad temperierter Kabine durch: Nach nur 34 Kilometer ist der Speicher erschöpft, die Hälfte der Werksangabe von 67 km, und ein müder, kreuzbraver und ältlicher, so gar nicht "Cupra"-mäßiger 1,4-Liter-TSI meldet sich aus dem OFF zum Dienst. Den versieht er in dem wie der techische Zwilling von Skoda mit knapp 1,8 Tonnen schweren Hybrid-Kombi mit ordentlicher Mühe, zumindest, wenn es flotter vorangehen soll. Ein wenig erinnert das Setting an einen Bodybuilder, der muskelbepackt zum 800-Meter-Lauf anrückt: Mords-Figur, kleines Herz.
Traktionsprobleme: Wenn 400 Nm Systemleistung zerren
Entsprechend steigt auch der Verbrauch noch früher an als beim Octavia, der immerhin 43 Kilometer durchhielt. Liegt es vielleicht auch an den superbreiten 235er-Pirelli-Pneus, die nebenbei ziemlich laut schmatzen und keine besonders gute Traktion aufweisen, wenn beide Antriebe kurzeitig mit 400 Nm Systemdrehmoment über die Vorderräder herfallen? Möglicherweise, denn der Octavia rollte auf etwas schmaleren Conti Winter Contact. Doch hier geht es um ein paar Kilometer hin oder her.
Die elektrische Reserve ist hüben wie drüben auf bescheidenem Niveau, zumal auch beim Cupra der gleiche lahme 3,6-kW-AC-Lader verbaut ist, der schon mal viereinhalb Stunden Ladezeit für die paar EV-Kilometer erforderlich macht. Und dann bekommt man eben die PHEV-Quittung serviert: Abgesehen von ein paar Rekuperationsphasen, wo der Konzern-Plug-in-Antrieb ein bisschen Energie zurückgewinnt, steigt der Verbrauch des durch den Plug-in-Antrieb gut 160 Kilo erschwerten Mobils mit der Länge der Fahrt immer weiter an.
Je länger die Fahrt, desto nachteiliger das PHEV-Package
Gut für den Cupra, dass unsere Testrunde bei 158 Kilometer endet. Mit einer mauen Bilanz: 5,8 l/100 km waren es beim Nachtanken, 5,5 l/100 km wies der Bordcomputer aus, plus 5,6 kWh/100 km an Strom. Auf der moderat gefahrenen abschließenden Autobahnetappe pendelte es sich bei 7,0 l/100 km ein, formal bekam man durch die hügelige Hallertau gerade einmal 0,1 kWh/100 km an Energie zurückerstattet. Auf der Landstraße waren es 3,8 l/100 km addiert um 9,5 kWh/100 km, in der Stadt wegen kurzem Eingriff des Verbrenners 0,6 l/100 km und üppige 30 kWh/100 km an Stromverbrauch. Effizient ist das nicht, wenn man dagegenhält, dass der ungleich potentere Tesla Model S Long Range die gleiche Stadtetappe mit gut 20 kWh absolviert. Eine weitere Langstrecke ergab dann auf 419 Kilometer 4,1 l/100 km an Benzin sowie mit Zwischenladung im Schnitt 10 kWh/100 km an Strom. Das ist ok, allerdings kamen wir da mit der Erdgas-Variante des alten Leon ST mit unter 4 kg/100 km insgesamt umweltfreundlicher über die Runden, dank Biomethan fast klimaneutral.
Schnell nur im Zusammenspiel der Aggregate
Aber kann denn der Cupra jetzt wenigstens schnell? Hier kommen wir zum einem weiteren "Cupra-Paradox": Er schaut zwar sehr schnell aus und kann das durchaus auch sein. Aber er ist es eben nicht sehr lange. In gut sieben Sekunden spurtet der 4,66-Meter-Kombi unter dem Schmatzen seiner dicken Pneus auf 100 km/h, wenn beide Aggregate sich mit ihren 245-System-PS (85 kW E-Maschine, 110 kW Otto-Motor) ins Zeug legen und man der Vorderachse kurz Zeit gönnt, Fuß zu fassen. Wenn es sein muss, bis auf 225 km/h, was man aber schon aus Verbrauchsgründen unterlassen sollte. Trotz der beachtlichen Beschleunigung gilt: Die naht- und ansatzlose Beschleunigungsqualität eines reinen E-Antriebs erreicht ein Plug-in-Hybrid, der sich mit diskretem Ruckeln durch die DSG-Stufen arbeitet, eben nicht. Und ebenso wenig dessen Effizienz. Und der 85-kW-E-Antrieb für sich genommen, zieht nun nach reinen BEV-Maßstäben auch nicht gerade "die Wurst vom Teller".
Nachteile: Kleinerer Kofferraum, wenig Zuladung
Und so stellt sich wie schon beim Skoda die Frage, ob man nicht in Anbetracht der allgemeinen Qualitäten dieses eigentlich feinen, wegen des Akkus allerdings im Kofferraum und Zuladung arg geschrumpften und mit den 19-Zöllern unter seinem Niveau harschen, aber sonst eigentlich schön agilen und auch auf VW-Niveau tadellos teilautomatisiert fahrenden Kombis (470 l, 305 kg; Standardmodell 620 l), unterm Seat-Dach nicht eine ganz andere Wahl treffen sollte, auf die man aber anders als bei Skoda noch warten muss: Einen Seat Leon ST mit TGI-Erdgas-Antrieb, den man dann konsequent mit Biomethan füttert.
Dann erhält man künftig für deutlich weniger als die 39.000 Euro brutto des Cupra zum einen einen modernen Otto-Antrieb in Gestalt des neuen 1,5-Liter-Aggregats mit 130 PS, gekoppelt an ein 7-Gang-DSG, der 440 km weit reichen soll. Zum anderen eine umweltfreundliche Reichweite von 500 Kilometer. Immerhin: Mehr Zuladung - die Option, einen Anhänger (bis 1.500 kg, 12 % Steigung) zu kombinieren, hat der Hersteller mittlerweile nachgelegt. Vielfahrer (und die Umwelt) sind darüber hinaus wohl nach wie vor mit dem (jetzt wirklich!) sauberen 2,0-l-TDI-Diesel besser bedient (Leon ST TDI DSG: 30.686 Euro brutto), der mit 4,4 l/100 km klar kommen soll, 620 l Kofferraum und 1.600 kg Anhängelast und dank 50 statt 40 Liter Tankvolumen wirkliche Langstreckenqualitäten bietet. Auch alles Aspekte der "Transporteffizienz".
Oder aber man ist konsequent und geduldet sich bis zur Geburt von "El Born", der 2021 kommen soll, mit 62 kWh-Akku und bis 420 Kilometer purer EV-Reichweite. Der schärfere ID.3 könnte dann das aktuelle "Cupra-Paradox" auflösen: Rassige Optik vereint mit rassiger Performance - und dann muss Sportlichkeit und Effizienz kein Widerspruch mehr sein.
VM-Fazit Cupra Leon ST e-Hybrid:
Auch beim einzigen Leon unterm Cupra-Label geht das universelle PHEV-Versprechen, saubere Mobilität auf Kurz- und Langstrecke zu ermöglichen, nur auf, wenn man permanent am Stecker hängt. Das dauert zum einen lange. Zum anderen ist die Effizienz die E-Antriebs nicht berauschend, die Reichweite mau. Dafür nimmt man dann hohe Kosten, hohen technischen Aufwand, niedrigere Zuladung ohne Anhängeroption und weniger Kofferraum in Kauf. Und bekommt obendrein einen nicht mehr topaktuellen Antrieb aus 1,4 l TSI und 6-Gang-DSG serviert. Sorry, Volkswagen, aber dieses Menü ist nicht besonders schmackhaft. Im Gegensatz zum MEB-Menü, auf das es sich vielleicht zu warten lohnte. Oder auf die TGI-Version mit modernem 1,5-Liter-Motor. Vielfahrer sind mit dem Diesel besser dran - und die Umwelt dank deutlich niedrigeren CO2-Emissionen letztlich auch. Der Plug-in-Hybrid bleibt ein paradoxes, in sich widersprüchliches Konzept: Kurzatmig auf der Kurzstrecke, wenig ausdauernd (respektive relativ durstig) auf der Langstrecke.
Technische Daten: Cupra Leon ST e-Hybrid
- Antrieb: 1,4-l-TSI-Turbo-Benzinmotor (150 PS/110 kW, 250 Nm) + Elektromotor 85 kW (330 Nm); System 400 Nm
- Maße LxBxH: 4.657x1.799x1.460 mm; Wendekreis: 10,5 m
- Gewichte (gewogen): leer 1.785 kg (inkl. Fahrer 75 kg); zul.GG 2.090 kg; Zuladung 305 kg; Testgewicht 1.935 kg; Anhängelast: 750 kg (ungebr.); 1.500 kg (gebr. bis 12 % Steigung)
- Kofferraum: 470/1.450 l
- Akku: Lithium-Ionen 13 kWh netto
- Ladetechnik: 3,6 kW AC Typ 2
- Preise: 39.084,- (inkl. 16 % MwSt.)
- Serienausstattung (u.a.): Plug-in-Hybrid-Antrieb, Sportfahrwerk mit DCC, Sport-Schalensitze, LED-Leuchten Front/Heck, Keyless Go, Parksensoren, Regen/Lichtsensor, FAS mit City-Notbremsassistent, Tempomat, aktiver Spurhalteassistent, Müdigkeitsassistent; virtuelles Cockpit mit 10,25"-Display, Infotainmentsystem-Navi 10", 6 Lautsprecher, Klimaanlage
- Extras (Auswahl): Panorama-Glasdach 1.072,-, Fahrerassistenzpaket XL inkl. ACC, Totwinkelwarner, Verkehrszeichenerkennung 887,- Rückfahrkamera+Einparkassistent 516,-
- Testverbrauch: 5,8 l/100 km + 8,0 kWh/100 km (real); Stadt: 0,6 l/100 km + 30 kWh/100 km; Land: 3,8 l/100 km + 9,5 kWh; BAB: 7,0 l/100 km - 0,1 kWh/100 km (lt. Bordcomputer)
Elektromobilität , Newsletter Elektromobilität , IAA Mobility , SUVs und Geländewagen , Hybrid , Antriebsarten, Kraftstoffe und Emissionen , Oberklasse- und Sportwagen , Carsharing , Autonomes Fahren (Straßenverkehr) , Ladeinfrastruktur , Verkehrspolitik , Formel E , Brennstoffzellen , Fahrzeug-Vernetzung und -Kommunikation , Fahrzeuge & Fuhrpark , Automotive-Messen & Veranstaltungen , Pkw, Kompakt- und Mittelklasse , Minis und Kleinwagen , E-Auto-Datenbank, E-Mobilität-/Automotive-Newsletter, E-Auto-Tests