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VM-Interview DCS-CEO Jörg Reimann: "Charge Now ist ein zentraler Schritt"

Der CEO des Ladenetzpioniers Digital Charging Solutions über die Notwendigkeit, mit Charge Now perspektivisch eine eigene Marke zu haben, welche Rolle gute Daten spielen, was der Nutzen von Kooperationen mit bp oder LeasePlan ist und warum nach "Plug & Charge" das "Smart Charging" nach Strompreis die nächste große Innovation wird.

Glaubt an die Verkehrswende und die Rolle der Ladeinfrastruktur dabei: DCS-CEO Jörg Reimann. | Foto: DCS/Lotte Ostermann
Glaubt an die Verkehrswende und die Rolle der Ladeinfrastruktur dabei: DCS-CEO Jörg Reimann. | Foto: DCS/Lotte Ostermann
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Johannes Reichel

VM: Herr Reimann, die ersten zehn Plätze im jüngsten E-Mobility Excellence Report, belegt, wenn man so will, „heimlich, still und leise“ die Firma DCS. Den meisten Leuten dürfte gar nicht bewusst sein, dass ein einstiges Start-up aus Berlin dahintersteckt. Was ist das Geheimnis dieses fast unheimlichen Erfolges?

Jörg Reimann (JR): Die Digital Charging Solutions GmbH (DCS) wurde im Februar 2017 gegründet. Hervorgegangen aus dem BMW Service „ChargeNow“ bieten wir seitdem Leistungen für alle OEMs europaweit an und sind mit unseren Kunden Mercedes-Benz, BMW, Mini, Audi, FCA, Hyundai oder KIA gewachsen. Mittlerweile haben wir über 200 Mitarbeiter verteilt auf die Standorte Berlin, München und Tokio sowie drei namhafte Investoren: BMW, Mercedes-Benz und bp. Unser Geheimnis ist sicher zum einen die Nähe zu den Autoherstellern (OEMs) und damit einhergehend die Nähe zu den Kundenbedürfnissen. Wir haben es schon immer geschafft, uns voll auf die EV-Fahrer einzustellen und unsere Lösungen auf Basis dieser radikalen Kundenorientierung zu gestalten.

Dabei zeichnet uns besonders unser hoher Anspruch bei der Datenqualität aus: Im Gegensatz zu anderen Anbietern investieren wir viel, um Daten, die wir von Ladesäulenbetreibern erhalten, nachzuqualifizieren.

So stellen wir im Rahmen unserer Möglichkeiten ein verlässlich gutes Ladeerlebnis sicher. Das schätzen unsere Kunden! Zudem begleiten wir EV-Fahrer nicht nur beim Laden, sondern entlang der gesamte Customer Journey – von der Suche über die Navigation bis hin zur monatlichen Abrechnung – einfach, aggregiert und aus einer Hand. In einem sehr fragmentierten Lademarkt ist das ein hohes Serviceversprechen.

VM: Jüngst öffnete DCS den vorher eher an Business-Kunden orientierten Dienst CHARGE NOW für alle E-Mobilist*innen. Was ist der Grund dafür, weshalb eine „White Label“-Lösung jetzt als eigene Marke auftritt?
JR: Über viele Jahre hinweg haben wir eine große Expertise am Markt für Ladelösungen aufgebaut und die Funktionalitäten unserer Services permanent weiterentwickelt, um den Kundenwünschen, aber auch den hohen Ansprüchen der Autohersteller gerecht zu werden. Damit tragen wir schon seit vielen Jahren im Hintergrund zum Aufschwung der Elektromobilität bei. Jetzt nutzen wir unsere Erfahrungen und bringen unsere Services und das größte Ladenetzwerks Europas zu jedem Fahrer von Elektrofahrzeugen.

Wir sehen eine Verantwortung, die Akzeptanz für E-Mobilität weiter in der breiten Gesellschaft zu verankern.

Daher stellen wir allen EV-Fahrern und Interessierten eine Lösung an die Seite, die den kompletten Ladeprozess aus einer Hand abbildet und ihnen das Laden so einfach wie möglich macht. Zudem ist die eigenen Marke CHARGE NOW für uns ein zentraler Schritt, da sich perspektivisch auch ein Gebrauchtwagenmarkt für Elektrofahrzeuge entwickeln wird – für den auch unabhängige Ladelösungen wichtig sein werden.

VM: Gibt es hier keine Konflikte mit den verpartnerten OEMs? Schließlich ist eine ordentliche Ladekarte und Ladeservice ja immer auch ein wichtiges Verkaufs-argument für das E-Fahrzeug selbst, das jeder Hersteller gerne für sich beansprucht.
JR: Die Kunden unserer OEM-Partner geben bei der Registrierung an, welches Fahrzeug sie nutzen und bekommen die Möglichkeit zu entscheiden, welchen Ladedienst sie fortan verwenden möchten. So können alle Kunden frei wählen, welche Ladelösung ihren alltäglichen Bedürfnissen am besten entspricht.

VM: Wie groß ist der Anpassungsspielraum für die OEMs bei der Gestaltung eines Ladedienstes?
JR: Das hängt ganz vom individuellen Kundenwunsch ab. Entweder setzen wir den White-Label Ladedienst vollumfänglich inklusive Frontend um – das umfasst die App, die Website sowie die RFID Karte. Oder unsere OEM-Kunden entscheiden sich für eine API-Lösung, bei der wir lediglich die Daten liefern.

VM: Wird DCS nicht stark als BMW- oder Mercedes-Unternehmen wahrgenommen?
JR: Nein, ich denke nicht. BMW, Mercedes-Benz sowie bp sind unsere drei Investoren, die allesamt an unser langfristiges Geschäftsmodell glauben. In der Branche sind wir aber bereits seit Jahren als eigenständiges Unternehmen bekannt.

VM: Als jüngster Shareholder stieg zuletzt bp in das Unternehmen ein. Wie funktioniert hier die Zusammenarbeit und kann man Shell mit New Motion, neben DCS einem weiteren Branchenpionier, damit Paroli bieten?
JR: Wir freuen uns sehr, mit bp 2021 einen weiteren Investor für uns gewonnen zu haben, der hinter unserem langfristigen Geschäftsplan steht.

Das große Tankstellennetz von bp hilft uns etwa beim Ausbau der Ladeinfrastruktur – gerade auch mit Blick auf den Zugang zum Ultraschnellladenetz.

Letztendlich ist der Markt allerdings noch sehr divers, gerade durch die rasch steigenden Kundenzahlen aufgrund der Neuzulassungen. Alle Kunden können also frei entscheiden, welches Angebot am besten zu ihnen passt.

VM: Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit LeasePlan und was ist hier der Vorteil für Flottenbetreiber?
JR: Die Zusammenarbeit umfasst in erster Linie die Ladekarten für die LeasePlan Kundenflotte sowie die gemeinsame Weiterentwicklung technischer Features. Unser Ziel ist es, die Services und die Benutzerfreundlichkeit für Fahrer von Elektroautos ständig weiter zu optimieren.

Durch die Kooperation ermöglichen wir Fahrern von Elektrodienstwagen innerhalb der LeasePlan Kundenflotte das schnelle Auffinden von Ladestationen, deren einfache Nutzung und eine unkomplizierte Bezahlung.

Zudem bieten wir Zugang zu etwa 99 Prozent aller öffentlich verfügbaren Ladepunkte in Deutschland und 95 Prozent der öffentlich verfügbaren Ladepunkte in Europa.

VM: Wie wird bisher die THG-Option angenommen und wie viel kann man damit an Einnahmen generieren?
JR: Die Nutzung der THG-Quote wächst mit den steigenden Kundenzahlen kontinuierlich mit. Entsprechend sehen wir die THG-Quote als spannende Option für EV-Fahrer, um ihr neues Elektroauto mitzufinanzieren, da die Prämie jährlich ausgezahlt wird. Mit CHARGE NOW können Nutzer diese einfach und unkompliziert via App oder Webportal in Anspruch nehmen. So haben sie die Möglichkeit, jährlich bis zu 300 Euro ausgezahlt zu bekommen. Falls ein Kunde seine Quote nicht nutzt, wird die Prämie durch den Staat weitervergeben.

VM: 100 Prozent Ökostrom sind eine Ansage, aber eigentlich auch eine Selbstverständlichkeit, soll E-Mobilität wirklich „emissionsfrei“ sein. Bisher wird hier mit Kompensationen gearbeitet. Was könnte als nächstes kommen?
JR: Die Verkehrswende ist Teil eines Wandels zu mehr Nachhaltigkeit und geringeren Emissionen. Die Ausgabe von Herkunftsnachweisen stellt sicher, dass bei jedem Ladevorgang die verbrauchte Energiemenge zu hundert Prozent als Ökostrom in das Stromnetz eingespeist wird.

Mit Blick auf das aktuelle Energienetz in Europa ist das Stand heute die beste Option.

Langfristig gedacht sollen die Herkunftszertifikate aber vor allem die hohe Nachfrage nach Ökostrom am Markt sichtbar machen, was wiederum Wachstumsdynamiken anregt. Damit wollen wir einen Teil dazu beitragen, dass in Zukunft auch im Energiesektor eine klare Wende hin zu nachhaltigen Energieformen und smartem Netzmanagement stattfindet. Dadurch wird die aktuelle Kompensationslösung nicht mehr notwendig sein.

VM: Kommt Plug-and-Charge, bei Tesla seit jeher Standard, auch bei DCS voran?
JR: Wir sind einer der wenigen Anbieter, der Plug&Charge nach ISO15118-Norm ermöglicht. Sobald ein Fahrzeug technisch in der Lage ist, Plug&Charge umzusetzen, bieten wir unseren Kunden diese Option an. Das ist beispielsweise im Rahmen der Zusammenarbeit mit Mercedes-Benz bereits der Fall. Um das zu gewährleisten, sind wir im vergangenen Jahr eine Partnerschaft mit Hubject für Plug&Charge-Services eingegangen. Als führendes Unternehmen der Elektromobilitätsbranche auf dem europäischen Markt werden wir diese zukunftsweisende Funktion weiterentwickeln.

Mit Plug&Charge ermöglichen wir den Fahrern von Elektrofahrzeugen die einfache Authentifizierung an der Ladestation – schnell, sicher und zuverlässig.

Das Anschließen des Elektrofahrzeuges an der Station genügt, damit das Auto und die Ladestation über das Ladekabel entsprechende Daten austauschen. Ein ganz entscheidender Hebel für ein noch einfacheres und komfortableres Ladeerlebnis!

VM: Wie sind die weiteren Pläne mit DCS? Wird die App noch mehr zum „Standard“ und „Maßstab“ in der Branche?
JR: Mit unseren Ladeservices sind wir heute bereits flächendeckend für Autohersteller, Flottenmanager und für die EV-Fahrer selbst verfügbar. Hierbei ist bei unseren Ladelösungen die App ergänzt durch die RFID Karte bereits Standard und Maßstab für die Branche. Der Markt wird sich jedoch rasch weiterentwickeln: Durch die wachsende Zahl an Elektrofahrzeugen werden auch wir mit der DCS weiter wachsen und unsere Produkte auf Basis der Kundenbedürfnisse weiter verbessern. Natürlich haben wir aber auch wichtige Innovationen im Blick – wie bspw. „Smart Charging“.

Dieses Tool animiert Kunden genau dann ihre Elektrofahrzeuge zu laden, wenn günstiger Strom – insbesondere Grünstrom – im Netz verfügbar ist.

Solche Entwicklungen in der Ladeinfrastruktur sind wichtig, um dem aktuellen Hochlauf an EV-Neuzulassungen auch von der Service- und Technologieseite vorauszueilen.
VM: Herzlichen Dank für das Gespräch!

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