VM-Fahrbericht VW T7 Multivan eHybrid: Kurzer Zwischenschritt
Ganz ehrlich: Am schönsten fährt sich der neue T7 Multivan im Elektromodus des eHybrid. Denn der korrespondiert perfekt mit dem gegenüber dem T6.1 doch spürbar geschmeidigeren, leiseren und komfortableren Charakter der neuen Großraumlimousine. Allerdings reicht der Vorrat des Plug-in-Hybriden, mit dem man in die Produktion startet und damit auch ein Zeichen setzen will, nur für maximal 50 Kilometer. Dann ist mit Strom Schluss – und der T7-Pilot kann sich allenfalls trösten, dass die üppige Bremsenergie des auf der gepimpten MQB-Plattform basierenden 2,6 bis 2,8-Tonners nicht flöten geht. So entstehen auch bei leerer Batterie immer wieder elektrische Rollphasen und zum Anfahren des gegenüber dem nutzfahrzeugigen T6.1 im Leerzustand laut VWN 200 Kilo leichteren genügt es allemal.
Größerer Akku? Ein ID.Buzz wird kommen - schon 2022
Dennoch kommt prompt an Bord die Frage auf, warum der Akku nicht größer ist. Da verweisen die VWN-Verantwortlichen auf den ID.Buzz, der ja schon ab nächstem Jahr den vollelektrischen Part übernehmen soll. Was dann wiederum für manchen Kunden zu der Frage führen dürfte, warum man dann heute einen T7 kaufen sollte, wenn man schon quasi morgen ein Fahrzeug mit topmodernem Antrieb und mindestens ebenbürtigem Assistenzlevel, dazu noch im coolen Retrolook kaufen können wird.
Freilich hält der wohl einen ordentlichen preislichen Abstand von geschätzt knapp 10.000 Euro, den aber die Umweltprämie teils kompensieren dürfte. Aber der ID.Buzz dürfte mit wohl 330 bis 550 Kilometer, mit 111-kWh-Akku sogar 600 Kilometer reisetaugliche Reichweite bieten, zudem eine rasante wie leise Elektroperformance mit 150 kW Heckantrieb (später Allrad) und kaum weniger Platz. Übrigens soll ja auch der gewerblich orientierte Nachfolger des T6.1, den Ford derzeit für die Kooperation entwickelt, als vollelektrische Variante kommen, was den Multivan dann antriebstechnisch doppelt alt aussehen ließe. Auch für gewerbliche Shuttle- oder Taxi-Dienste wäre der T7 keine zukunftssichere Lösung. Auch die Konkurrenz von Mercedes und PSA ist ja mittlerweile mit vollelektrischen Kleinbussen am Start.
Von ähnlicher Art: Acht Leute mit Gepäck können beide
Die Markengeschwister aus Hannover sind sich jedenfalls sehr ähnlich von der räumlichen Ausrichtung und der angepeilten Klientel: Familien mit hohem Platzbedarf. Wobei der ID.Buzz die bessere Raumeffizienz bieten dürfte: Auf 4,70 Meter könnte das Package in der Länge kommen, das aber satte 660 bis 4.600 Liter Gepäckvolumen und Platz für acht Passagiere bieten soll – respektive als ID.Buzz Cargo 4,6 m³ Laderaum für Fracht. Das kann der T7 nicht wirklich besser, der bei satten 4,97 Meter Länge (und 5,13 Meter mit Überhang) und 1,90 Meter Höhe hinter der zweiten Sitzreihe im Fond 469 Liter und bei (deutlich einfacheren) Ausbau der zum Vorgänger um je sieben Kilo leichteren Einzelsitze (23-29 kg) auf dachhohe 3.672 Liter Volumen kommt (Langversion 4.005 l). Zahlen, die verdeutlichen, welchen Platzvorteil ein elektrischer Antrieb über die wahlweise beiden Achsen hat, zumal der schon als Erlkönig gesichtete ID.Buzz noch einen „Frunk“ von 200 Liter ins Feld führen kann.
Konventionell: Kein Platz unter der Motorhaube
Unter der länger gestreckten Haube vor der Van-artig weit vorn angesetzten, flacheren Windschutzscheibe des T7 Multivan dagegen bleibt da kein Platz mehr: Der ist besetzt von den Verbrenner-Maschinen, von denen immerhin der Plug-in-Hybrid Priorität genießt, seltsamerweise der für flotte Reise-Langstrecken prädestinierte TDI-Diesel aber die letzte Geige spielt, der erst im ersten Halbjahr 2022 nachgereicht wird. Ein 4Motion-Allrad soll übrigens auch noch kommen, als „Hybride“ mit elektrisch angetriebener Hinterachse und dem neuen 1,5-Liter-TSI, aber nicht vor 2024. Einen Erdgasantrieb dagegen, den man beim Caddy noch für vertretbar hält, verwarf man hier, obwohl der technisch ebenso realisierbar gewesen wäre, als „Brückentechnologie“ mit hohem CO2-Sparpotenzial dank Biomethan-Option.
Patchwork: Alter TSI im PHEV, neuer Otto in der Basis, Diesel später
Überhaupt wirkt das Motor-Line-up etwas Patchwork-artig: Der PHEV kombiniert den alten, ziemlich spaßbefreiten 1,4-Liter-TSI in Kombination mit dem ebenfalls alten 6-Gang-DSG und der kräftigen 85-kW-E-Maschine, der Basis-TSI mit 110 kW jedoch kommt mit dem drehfreudigeren und elastischeren, neuentwickelten 1,5-Liter-TSI (EA211evo) aus dem Konzernbaukasten, stets gekoppelt an ein 7-Gang-DSG daher. Der 110 kW-Diesel auf Basis des 2,0-Liter-TDI wiederum kommt später, um dann 2024 von einem gleich auf Euro-7 upgedateten 150-kW-Selbstzünder ergänzt oder gleich abgelöst zu werden.
Nur mit Strom geht's am schnellsten
So oder so, am flottesten fährt sich der T7 wie angedeutet im reinen Elektromodus, wenn das maximale Drehmoment vom Start weg zur Verfügung steht und auch kein Verbrennersound darauf hinweist, dass hier doch mindestens zwei Tonnen (Leergewicht 1.962-2.045 kg) in Bewegung versetzt werden müssen. Wer überholen will und die Benziner fordert, der bekommt ganz schön was auf die Ohren – mittlerweile „elektroverwöhnt“. Auch beim Anfahren lassen die TSI doch schon von sich hören, in Teillast geht die Geräuschkulisse dann in Ordnung. Die Power der Otto-Aggregate reicht aber bei weitem nicht an die urtümliche Kraft eines Selbstzünders heran, den man im Zweifel viel niedertouriger und damit leiser bewegen würde. Man traut den Benzinern auch nicht unbedingt die zulässige Anhängelast von immerhin 1.600 bis 2.000 Kilogramm zu.
Ob die kleinen Otto-Aggregate im Alltag so sparsam sind?
Die Quittung weist der Bordcomputer aus – oder deutet es zumindest an: Über knapp 1.900 auf den Vorserienfahrzeugen absolvierten Kilometern kam der PHEV auf 7,5 l/100 km, der reine TSI auf 8,5 l/100 km. Die offiziellen Werte sollen zwar einen Liter unter dem bisherigen Multivan liegen, aber Quantensprünge darf man hier nicht erwarten, trotz einer für einen Vollformat-Kleinbus – und das ist auch der T7 geblieben – optimierten Aerodynamik im „Fischbauchdesign“, wie der Produktmanager erklärt, mit cW-Wert 0,30.
Skaleneffekte: Der MQB-Multivan soll deutlich preiswerter sein
Immerhin nutzt der T7 die Skaleneffekte der volumenstarken, aber komplett auf die Ansprüche eines Kleinbusses adaptierten und damit ausgereitzten MQB-Basis, um einen Preisfortschritt von 13 bis 18 Prozent gegenüber dem alten Multivan auf T6.1-Nutzfahrzeugbasis zu realisieren, trotz Mehrausstattung, wie die Verantwortlichen betonen. Denn stets an Bord sind Features wie das neu entwickelte, leider bröselanfälligere, dafür weit durchgängige Schienensystem mit Einzelsitzen, zwei Schiebetüren, Keyless Entry & Start, LED-Scheinwerfer und Rückleuchten, DSG, elektrischer Parkbremse, ein 10,25“-Volldigitalinstrument, eine komplettes Airbagpackage sowie ein Fahrerassistenzarsenal, das sich voll aus dem Baukasten bedient, inklusive „Front Assist“ inklusive City-Notbremsfunktion, die Ausweichunterstützung mit neuem Abbiegeassistent, die Verkehrszeichenerkennung und der Spurhalteassistent „Lane Assist“.
Teilautomatisiertes Fahren aus dem Konzernbaukasten
Optional lässt sich der Multivan dann aufrüsten vom Flankenschutz, Totwinkelhilfe und Müdigkeitserkennung bis hin zum Einparkautomaten und dem teilautomatisierten Travel Assist, der die Systeme adaptiver Abstandstempomat und Spurassistent verschmilzt. Darüber hinaus staffelt man in drei Ausstattungslinien und fährt alles auf, vom bewährtem Konzerninfotainment samt Sprachsteuerung, spiegellosem Head-up-Display, hübsch-beigem Interieur samt Holzimitat, fast zwei Quadratmeter großem Panoramaschiebedach, Lederausstattung, praktischem und komplett durchschiebbaren Multifunktionstisch oder 840-Watt-Harman-Kardon-Soundanlage etc. pp.
Über eine „Light-Camper-Version“ denkt man übrigens auch nach, nicht auf Basis einer Sitzbank, sondern wohl ähnlich wie beim Caddy California mit aufgesetztem Bettgestell. Was fehlt, ist allenfalls eine separat öffenbare Heckscheibe, wie sie Mercedes bei der V-Klasse oder PSA bei seinem Kombi-Van bietet. Dafür schließt die gewichtsoptimiert aus Gfk gefertigte Heckklappe wahlweise automatisch. Vermissen wird man auch die „idiotensichere“ mechanische Bedienung mit Tastern und Drehreglern, die das Gewische und Getouche der neuen
Basis ab 45.000 Euro fair gepreist
Der keineswegs kärgliche Basis-Van mit 1,5 l-Otto startet bei vertretbaren 44.839 Euro, der PHEV liegt etwa 10.000 Euro darüber, darf aber weiter auf die Prämie hoffen, sofern er das erforderliche CO2-Limit von 26 g/km einhält, worüber die Entwickler zuversichtlich sind: Offiziell wird der PHEV mit 1,7-2,0 l/100 km Verbrauch im WLTP-Zyklus angegeben, was realiter natürlich Makulatur ist, sobald man längere Strecken fährt. Die ab nächstem Jahr erforderlichen 60 Kilometer elektrischer Reichweite wird der eHybrid mit diesem Akkuset aber nicht schaffen, schon die 50er-Marke ist im Echtbetrieb eine Challenge.
Nicht mehr Platz, aber mehr Flexibilität
So bleibt unterm Strich festzuhalten, dass der T7 Multivan deutlich leiser ist als der Vorgänger, ähnliche und in jedem Fall sehr luftige Platzverhältnisse bietet, eine höhere Variabilität auffährt, dank locker verschieb- und ausbaubarer Sitze, sich dynamischer, wenngleich dem Format angemessen gemütlich fährt und lenkt, satter auf der Straße liegt und unter Umständen weniger verbraucht. Aber dass er das in Höhe und Breite deutlich kompaktere Van-Raumwunder Sharan ersetzt, der ja eingestellt wird, kann man nicht sagen. Manchem Sharan-Fan wird der T7 schlicht zu wuchtig und groß und „bulliartig“ von der in Relation eben doch hohen Sitzposition sein, zumal man das flexible Falt-Versenk-Gestühl im standardmäßigen Siebensitzer nach wie vor als genial bezeichnen muss. Und auf der anderen Seite bringt den Multivan der ID.Buzz in Erklärungsnöte, sieht oben.
Was bedeutet das?
Der T7 Multivan zweifellos ein schicker, ein feiner und ein guter Kleinbus im konventionellen Rahmen geworden, dessen Entwicklungsstart aber so weit zurückliegt, dass er jetzt fast ein wenig „nachdieselt“, Hybrid hin oder her. Das liegt auch daran, dass die reine Elektromobilität, nicht zuletzt im VW-Konzern, dann doch erstaunlich rasant an Fahrt aufgenommen hat und die Werker kaum nachkommen mit den Bestellungen, zumal in Zeiten von Halbleiter- und Akkumangelwirtschaft.
Statt des PHEV wäre die universellere, auch auf Langstrecken umweltfreundlichere Alternative da sogar noch ein T7 TGI mit Erdgasantrieb gewesen, mit Biomethan fast CO2-neutral und zukunftssicherer zu betreiben, als jetzt noch zehn Jahre lang T7-Verbrenner zu verkaufen, die dann weitere zehn Jahre im Fahrdienst bleiben.
Und mal ehrlich: 20 Kilometer mit einem Hybrid-Zweitonner-Verbrenner pendeln, das muss 2021 eigentlich besser gehen. Langstrecke mit einem 1,4-Liter-Benziner bei voller Beladung, ist dann auch nicht unbedingt ökonomisch, geschweige denn ökologisch – oder "vergnügungssteuerpflichtig". Wer das öfter vorhat und auch häufiger Anhänger ziehen will, der wartet besser auf den „guten alten Diesel“, bedient sich aus dem Restsortiment des nach wie vor tadellosen "Original-Bullis" T6.1, der auch als Gewerbe-Shuttle Caravelle weiterläuft. Oder man schaut sich beim Erzrivalen aus Stuttgart den vollelektrischen eVito Tourer/EQV an respektive bei PSA den e-Vivaro/e-Expert/e-Spacetourer. Dennoch darf man davon ausgehen: Der T7 Multivan wird seine Kunden finden – und das sollen noch deutlich mehr sein als aktuell. Wer aber ein emissionsfreies, universelles Großraumfahrzeug und der Marke treu bleiben will, der sollte sich bis zum ID.Buzz gedulden.
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