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VM-Fahrbericht Mazda CX-60 e-Skyactiv: Ein Plug-in-Hybrid dieselt nach

Pünktlich zum längst fälligen Wegfall der Prämie präsentieren die Japaner, die eine knallharte Multiantriebslinie fahren, einen neuen Plug-in-Hybrid-SUV im Mittelformat. Der kommt zwar elektrisch ordentlich weit, richtig Spaß macht das aber nicht. Und 2023 sollen sogar noch neue Diesel- und Benzin-Verbrenner kommen.

Aus dem Land der aufgehenden Sonne: Mazda legt beim CX-60 noch mal einen Plug-in-Hybriden auf, nächstes Jahr sogar Sechszylinder Benziner und Diesel. Topversion ist der handwerklich edel gemachte Takumi. | Foto: Mazda
Aus dem Land der aufgehenden Sonne: Mazda legt beim CX-60 noch mal einen Plug-in-Hybriden auf, nächstes Jahr sogar Sechszylinder Benziner und Diesel. Topversion ist der handwerklich edel gemachte Takumi. | Foto: Mazda
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Johannes Reichel

Schlechtes Timing, so könnte man nennen, was der japanische Automobilhersteller Mazda bei seinem jüngsten Wagen zutrifft: Fast pünktlich zur überfälligen Streichung der staatlichen Prämie für Plug-in-Hybrid-Fahrzeuge zum Jahresende rollt der neue Mittelformat-SUV CX-60 mit dem umstrittenen Doppelherz an den Start, als erstes Modell der Baureihe. Doch es kommt noch kurioser: Denn auch neue Sechszylinder-Motoren als 3,3-Liter-Diesel und später auch 3,0-Liter-Benziner stehen in den Startlöchern und sollen ab 2023 das CX-60-Programm abrunden. Freilich verstromt mittels Mild-Hybrid-Technik, die mit ihrem kleinen Boost die SUV der Marke im Rahmen der Verbrennerwelt und in Relation zum üppigen Fahrzeugmaß von 4,75 Meter langen, 1,89 Meter breiten und 1,68 Meter hohen vorbildlich sparsam machen sollen, mit 4,9 und 5,3 l/100 km gemäß WLTP geht der Hersteller für die 200 und 254 PS starken Selbstzünder-Allradler in die Werbung. Trotzdem läuft das alles eher unter der Rubrik "zu spät".

Ab 2025 am Start: Neue BEV-Plattform

Kontrastiert werden diese Pläne von der Ansage der Japaner, ab 2025 auf einer skalierbaren und neuen Elektroplattform wirklich ernst machen zu wollen mit der (lokalen) Emissionsfreiheit. Einstweilen lautet die Begründung des Herstellers: Hohe Reichweite, viel Anhängelast und nicht jeder Kunde sei schon reif für ein reines Elektrofahrzeug.

"Als Teil unseres Multi-Solution-Ansatzes überzeugt der CX-60 mit seinen unterschiedlich stark elektrifizierten, hocheffizienten Verbrennungsmotoren. Wir setzen neben dem Ausbau des Angebotes von Elektrofahrzeugen ganz bewusst auch weiterhin auf den Dieselantrieb, weil wir unseren Kunden die Wahl des passenden Antriebes ermöglichen möchten. Wer ein sparsames und geräumiges Fahrzeug für lange Strecken und hoher Anhängelast sucht, findet in dieser Klasse mit unserem effizienten und sauberen Dieselantrieb die richtige Lösung", begründet Mazda-Motors-Deutschland-Geschäftsführer Bernhard Kaplan.

Zumindest 5.000 Kunden sehen das haargenauso und haben den CX-60 blind vorbestellt. Denen und allen Bestellern bis 30.6. garantiert der Hersteller die Auslieferung bis Jahresende, sprich die volle Hybridprämie von 7.200 Euro. Und allen Bestellern der beiden höheren Ausstattungsvarianten mit klangvollem Namen Homura und Takumi will man diese Sicherheit auch noch bis Ende September einräumen, sofern sie auch noch das Fahrerassistenz- und Soundpaket ordern.

Trostpflaster: Gute EV-Reichweite

Standardmäßig bekommen sie einen Plug-in-Hybrid-Allrad-Antrieb mit der Kombination aus 129 kW starker E-Maschine und 149 kW starkem, hochverdichteten Vierzylinder-Benziner mit 2,5 Liter Hubraum, was eine Systemleistung von 241 kW und ein beeindruckendes Drehmoment von 500 Nm ergibt, genug Mumm für die 2,5 Tonnen Anhängelast. Das bei einem zumindest auf dem Papier "Spatzendurst" von 1,5 l/100 km Benzin und 23 kWh/100 km an Strom. 63 Kilometer soll der große PHEV-SUV dabei dank einem mittig unterflur verbauten 17,8 kWh-Akku rein elektrisch schaffen, bis 140 km/h sogar auf der Autobahn. Am Stecker einer 11-kW-Wallbox lädt der Teilzeitstromer dann mit 7,2 kW in anderthalb Stunden von 20 auf 80 Prozent. Werte, die für einen PHEV in Ordnung gingen, würde der Plug-in-Hybrid als solcher nicht gerade links und rechts von reinen Strom-SUV überholt, die komplett emissionsfrei fahren und vor allem eines machen: Weit mehr Fahrspaß.

Formale Werte fühlen sich nicht so flott an

Denn die formalen Leistungswerte mit einer Beschleunigung von 5,8 s auf 100 km/h verpuffen gefühlt, weil das Zusammenspiel von E-Maschine, Verbrenner und eigenentwickelter Acht-Gang-Automatik nicht sonderlich harmonisch erfolgt. Den für sich nicht üblen Vierzylinder bei Kickdown aufheulen zu hören, davon ist man ohnehin längst entwöhnt und so ist der angenehmste Modus wenig überraschend der reine EV-Modus.

Wobei auch hier gilt: An die Qualität eines reinen Stromers reicht der E-Antrieb nicht heran. Beim Hochbeschleunigen sendet der Antrieb alle Arten von Surr- und Sirrgeräuschen in die Kabine und ruckelt zwischen den Gangwechseln spürbar. Fast wirkt die Maschine wie ein "Hilfsantrieb". Richtig flott zur Sache geht es auch nicht. Und sparsam in Relation zu einem reinen Stromer auch nicht: Mit 25,1 kWh/100 km näherte sich der große SUV zwar den Werkswerten und wäre für das Fahrzeugformat auch nicht so schlecht. Aber hier kommen ja noch 3,1 l/100 km oben drauf, die verbraucht wurden, als das System den reinen EV-Dienst verweigerte. Immerhin: Nach den 55 Kilometern der Stadt-Land-Autobahn-Runde verblieben noch 13 EV-Kilometer in den Speichern.

Vom Aussterben bedroht: PHEV ist weder Fisch noch Fleisch

So bleibt unter dem Strich die Erkenntnis, dass das Plug-in-Hybrid-Prinzip nicht zu Unrecht auf dem Abstellgleis staatlicher Förderung landet. Zu ungewiss ist der Umweltbeitrag, zu groß der technische Aufwand für relativ wenig Ertrag. Und zu unharmonisch im Falle des bei langsamem Tempo etwas hölzern federnden, nicht sonderlich agilen 2,1-Tonners CX-60 das Fahrerlebnis, das so gar nicht zum neuen Premiumanspruch, der tadellosen Verarbeitung und feinen Materialqualität der Produkte aufstrebenden Marke passt. Auch nicht zu den funktional recht tadellosen Fahrerassistenzsystemen, die wohl dosiert eingreifen - und etwa sofort erkennen, wenn der Fahrer einmal doch auf's Handy guckt ... Wer wirklich permanent Langstrecken mit Anhänger fährt, sollte vielleicht wirklich auf den Diesel warten. Alle anderen eher auf einen reinen Stromer, der so viel Spaß macht wie der MX-30 anderthalb SUV-Klassen darunter.

Kein Model Y: Raumeffizienz durch Reihensechser mau

Der böte dann vielleicht auch eine bessere Raumeffizienz: Denn einen weiteren Nachteil hat das Mazda-Beharren auf dem längst verbauten Sechszylinder-Reihenmotor: Es kostet viel Platz, Proportionen hin oder her. Von den üppigen Platzverhältnissen eines genauso langen und breiten, dafür flacheren Tesla Model Y ist der Nippon-Teilzeitstromer trotz ausreichend Platz vorn und im Fond und einem Kofferraum zu 570 bis 1.726 l Volumen jedenfalls weit entfernt. Der Kalifornier klotzt mit 854 l hinten und 117 l vorn sowie 2.158 l, nur um mal die Relation zu einem Vollstromer klar zu machen. Da sieht der mit einem immerhin moderaten Preis von 40.000 bis 47.000 Euro Netto und einer Sechsjahres-Garantie gesegnete Mazda im Jahr 2022, mit Verlaub, technisch fast etwas alt aus.

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