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VM-Fahrbericht Lynk&Co 01: Geräumiger Hybrid mit Sharing-Option

Das Gesamtpaket aus geräumigem, hochwertigen, angenehm fahrbarem und konnektivem All-Inclusive-Auto sowie Sharing-Option im Abo soll den Lynk 01 von Volvo abgrenzen. Ein interessanter Akzent und Ansatz.

Brüder im Geiste, aber nicht in Gestalt: Der Lynk setzt sich mit frischen Akzenten von der technischen Mutter Volvo ab. | Foto: J. Reichel
Brüder im Geiste, aber nicht in Gestalt: Der Lynk setzt sich mit frischen Akzenten von der technischen Mutter Volvo ab. | Foto: J. Reichel
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Die erste Frage geht natürlich in diese Richtung, ist aber mehr rhetorisch gemeint: Funktioniert die Sharing-Taste schon? Nein, bei den Vorserienfahrzeugen, die die neue Marke unter dem Geely-Dach jetzt in Gestalt des frisch und frech designten Kompakt-SUV mit dem schlichten Arbeitstitel 01 auf die Straße bringt, ergibt das mangels Masse noch keinen Sinn. Dem Vernehmen nach haben sich aber über die Hälfte der bisherigen Interessenten an dem neuen Modell für das Abo entschieden - und gegen den Kauf.

Für eine Monatsrate von 500 Euro bekommt man dann später mal eine aktive Hinterlegung der Sharing-Taste, die man dann einfach auf dem bündig integrierten Screen aktiviert, wenn der Eigner sein Fahrzeug gerade mal nicht braucht. Somit die "Lizenz zum Geldverdienen", schließlich lassen sich mit den Nebeneinkünften die Raten drücken. Und für andere "Club-Mitglieder" in der Lynk&Co-Community sicht- und nutzbar. Ziel des Ganzen auf den Punkt gebracht: Weniger Autos werden besser genutzt. Wenn man so will, stellt das Konzept eine Art institutionalisiertes privates Carsharing ab Werk dar, inklusive App für den Besitzer und die möglichen Nutzer.

Noch hält man reine BEV für "nutzerunfreundlich"

Aber warum nicht gleich elektrisch? Klare Antwort von Lynk: Die Zeit sei noch nicht reif. Denn das oberste Gebot der jungen Firma, die von "manager provocateur" Ex-GM-Manager Alain Visser geleitet wird, ist Bequemlichkeit. Der Nutzer so so wenige Umstände wie möglich mit seinem Mobil haben - und das traut man der reinen Elektromobilität bisher noch nicht zu. Einstweilen ist Tanken (noch) Trumpf, beim HEV-Modell ausschließlich - und beim PHEV neben ein bisschen Laden, mit einem leider relativ lahmen 3,7 kW-AC-Bordgerät wie beim XC40.

Zumal sich der geräumige, zum CMP-Plattform-Bruder XC40 knapp zehn Zentimeter längere 01 durchaus als Familienwagen empfiehlt, mit dem man auch mal eine Urlaubsreise stemmt. Speziell auf der Rückbank geht es großzügig zu und man streckt die Beine weit von sich, selbst wenn vorne ein Standard-Fahrer von 1,82 Meter pilotiert. Der Kofferraum kann sich mit 466 Liter ebenfalls sehen lassen, wobei die Ladekante SUV-typisch ganz schön hoch liegt. Dafür findet jede Menge Krimskrams noch unter dem praktisch und pflegeleicht gummierten Boden Platz.

Nicht einfach ein Billig-Volvo, sondern anders und hipper

Aber nicht, dass jetzt ein falscher Eindruck entsteht, der Lynk 01 sei etwa ein "billiger" Volvo. Keineswegs wirkt das Interieur billig, sondern einfach anders und vielleicht nicht so bemüht opulent wie bei den "Original"-Schweden, wenngleich natürlich auch der Lynk in Göteborg designt und konstruiert wurde. Und so fasst sich auch hier alles gut an, was verbaut ist und sieht auch noch lässiger und jugendlicher aus, weniger "nordisch-barock". Jedenfalls sind die verwendeten Materialien und Kunststoffe absolut Sharing-tauglich, Griffe und Ablagen robust und man muss sich keine Sorgen um die kostbaren weißen Veloursbezüge machen, wenn ein anderer Clubmember samt Kumpels mit dem eigenen Auto unterwegs ist. Schließlich sind die Bezüge aus robustem und dennoch recht bequemem Econyl, das wiederum aus recyelten Fischernetzen und Plastikabfall hergestellt wird, also einen gewissen Nachhaltigkeitsanspruch erhebt, wie das ganze Konzept.

Alle Extras sind Standard

In Sachen Coolness ist der Lynk dem Volvo also schon mal überlegen, aber auch in Sachen Ausstattung. Denn der nächster elementarer Baustein des Konzepts: Alle Extras drin. Samt dem lichten Glasschiebedach, das sich, fast schon die Ausnahme, auch öffnen lässt, der klangstarken Infinity-Anlage, dem großformatigen 12,7-Zoll-Touchscreen, den weilläufigen 12,3-Zoll-Digitalinstrumeten, dem Multifunktionslederlenkrad, Connectivity mit Updates over the Air, gar nicht übler Sprachsteuerung, digitalem Schlüssel, LED-Scheinwerfer, Klimaanlage etc. pp. sowie last but not least dem umfangreichen (und präzise regelnden) Fahrerassistenzpaket auf Level 2 automatisierten Fahrens, inklusive Autobahnassistent.

Es bleiben nur ein paar Farboptionen, Betonung auf "ein Paar": Blau oder Schwarz. Punkt. Das drückt die Preise (ab 42.000 Euro PHEV, ab 35.000 Euro HEV, brutto) und verkürzt die Lieferzeiten, wodurch man das Geschäftsmodell auch an saisonale Spitzen rasch anpassen können will, wie uns eine Lynk-Produktmanagerin bei der allerersten, noch virtuellen Tour erklärt hatte. 

Ein größerer Akku sorgt für ordentliche E-Reichweite

Und noch einen USP gibt es zum Volvo: Der Lynk 01 als PHEV verfügt schon über den mittig im Tunnel untergebrachten größeren Akkusatz mit 14 kWh statt 10 kWh nutzbarer Kapazität. Das verhilft dem 4,54-Meter-Gefährt zu einer ordentlichen, lokal emissionsfreien Reichweite von real und auch bei moderater Autobahnfahrt erzielbaren 56 Kilometer (Werk 69 km). Zudem legt sich der 60-kW-Elektromotor mit 160 Nm gut ins Zeug und bringt die 1,9-Tonnen-Fuhre (zul. GG. 2.350/Anhängelast 1.800 kg!) so flott in Bewegung, dass man den Dreizylinder-Turbo-Benziner mit 132 kW (265 Nm) nicht wirklich vermisst hat, wenn er dann nach Ausbeutung der Batteriereserve diskret, aber bei Leisungsanforderung doch nun mal leicht röhrend anspringt.

Je nach Fahrprofil kann man den 01 mit 3 l/100 km bewegen

In Summe kommt man für eine erste 104-Kilometer-Runde über Stadt, Land, Autobahn also tatsächlich mit 3,0 l/100 km klar. Der Vorgängerverbrauch bei dem neuen Fahrzeug lag bei 5,7 l/100 km über 510 km. Je nach Profil kann der PHEV also Sinn ergeben. Aber je weiter es geht, desto größer wird natürlich der Benzin-Durst - und desto kleiner erscheint der 42-Liter-Benzin-Tank. Bei der Rückehr in die Stadt fällt jedenfalls auf, dass die Elektronik die Bremsphasen über die zweistufige Rekuperation gut nutzt und wieder für schleichenden und leisen Elektrovortrieb zur Verfügung stellt, ideal bei viel Stopp&Go.

Wobei so ein SUV, auch das sei betont, jetzt entgegen der Behauptungen quer durch alle Marketingabteilungen, nicht wirklich für die Stadt gebaut ist, es sei denn man intendiert, damit jeden Bordstein niederzubügeln. Man sitzt hoch wie auf einem Kutschbock, wobei viele SUV-Kunden gerade das wegen der Übersicht und dem rückenfreundlichen Einstieg schätzen. Der Fahrer peilt über die hochkant gestellten Scheinwerfer und kurbelt über eine leichtgängige, aber wie bei Volvo eher gefühllose Lenkung. Ja, und 11,8 Meter Wendekreis, das sind auch eher Transporterwerte.

Das Bremspedal spricht derart gereizt an, dass man vorsichtig dosieren sollte, falls die nicht allzustramme Rekuperation nicht ausreicht. Der Lynk rollt recht leise ab, trotz der üppigen 235er-20-Zollbereifung beim PHEV, dafür zirpen so manche Windgeräusche am Scheibenrahmen. Zudem federt der schwedische Chinese wie der XC40 eher etwas hölzern und fast ein bisschen hüftsteif wie ein Pickup mit Starrachse. Es handelt sich aber um eine Mehrlenkerkonstruktion heckseits. Traktionsprobleme kennt der vorn dank Motorgewicht gut ballastierte SUV nicht, trotz Frontantrieb kommt er auch bei "Vollstrom" trocken aus den Puschen. Wie vermutlich das ganze interessante "Nutzen-und-ein-bisschen-Besitzen-Konzept".

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