VM-Fahrbericht Kia EV3: Wenn 4,3 Meter wieder Mittelklasse sind
Kurze Rückblende: Einst waren 4,3 Meter Fahrzeuglänge Mittelklasse - echte Mittelklasse im Format eines VW Passat. Mittlerweile sind sie klein bis kompakt und gern werden solche Modelle als Stadt- oder Zweitwagen verkauft. Kia hebt den EV3 nun zurück in den Erstwagenstatus – zu Recht?
Die weiche Federung schluckt auch grobe Unebenheiten
Zu Recht! Nachdem man wirklich an Alles gedacht und gebenchmarkt zu haben scheint, konnten wir erste Runden drehen und waren sehr angetan: Von einem komfortablen Fahrwerk, dass sich das Gerumpel über Querfugen oder –schwellen komplett verkneift, das auch sonst volkswagengruppenmäßig dämpft und manchem vielleicht eine Spur zu weich federt. Und einer ordentlichen Lenkung. Klar, in Deutschland hätte man all das vielleicht gern eine Idee knackiger, trotzdem ist die Gesamtabstimmung gelungen. Im Grenzbereich bleibt der Fronttriebler extrem lange neutral, bis er sich durch Fahrpedallupfen fein eindreht! Auch hier hat Kia gut „gebenchmarkt“.
81,4 kWh sind viel Akku für einen Kompakten
Kurz zu den Fakten: Der EV3 baut 4,3 Meter lang, bietet 2,68 Meter Radstand und zwei Akkugrößen: 58,3 und 81,4 kWh. Was viel(versprechend) ist fürs Fahrzeugformat. Das nur als Einschub. „Draufgelegt“ wurde auch bei der Fahrassistenz: Der EV3 versteht im Idealfall auch abstrakte Ansagen glasklar (was bei unserem Vorserienmodell noch nicht komplett durchprogrammiert war, er verstand eher nix), punktet mit ebenso klarer Bedienung (Klima mit Wipptasten und auf Extrascreen) und man kann zumindest den Tempowarner jetzt per Knopfdruck zum Schweigen bringen. Und fürs Akku Vortemperieren gibt es jetzt ebenfalls eine praktische Extra-Taste. Falls man sich spontan zum Laden entscheidet und das nicht der jetzt tatsächlich noch klügeren Ladeplanung überlassen möchte. Nur der Spurhalteassistent ist etwas ruppig geblieben, aber das ist Kritik auf hohem Niveau.
Auch die Rekuperation rekapitulierte Kia: Es gibt drei Stufen bis zum One-Pedal Drive, die man sich links „erpaddelt“, rechts kann man zwischen Auto und manuell wählen, wobei Auto sehr gut ist: Er rekuperiert immer verkehrsgerecht statt mit voller Wucht. Aber: Wer auf einer Landstraße plötzlich bremsen muss, da eine Kurve „zumacht“ oder es eng wird, sollte sich nicht auf die Automatik verlassen: Wenn die die Straße als„frei“ erkennt, rekuperiert der EV3 bei hohen Tempi gar nicht, denn der EV3 will dann ja möglichst viel Schwung mitnehmen. Weshalb sich man auf kurvigen Land- oder Serpentinenstraßen besser im starren Rekuperationsmodus zwei oder drei bewegt.
Die Kopfstützen im GT-Line fühlen sich viel weicher an
Und wie sitzen nun vier Erwachsene? Fein! In der GT-Line schmeicheln dem Haupt die Kia-typischen weichen Kopfstützen, ansonsten gibt sich die aber erstaunlich weniger edel wie die Basisversionen „Air“ oder „Earth“. Gut, man hat noch zweifarbige Kunstleder- statt Stoffsitzen und eine dunkle statt einer hellen Stoffleiste vorn. Die „wärmt“ den sonst immer sehr „kunststoffkunstlederlastigen“ Kia-Innenraum merklich! Bei den Farben bleibt Kia übrigens pragmatisch: Schneeweiß uni ist Basis, alles andere kostet extra.
Dank 2,68 Meter Radstand finden auch im Fond vier große Passagiere gut Platz und der Kofferraum mit 460 bis 1.251 Liter schluckt auch größeres Reisegepäck und fast so viel wie im viel längeren EV6. Dazu kommt ein gut nutzbarer 25-Liter-Frunk. Sodass der EV3 wirklich als vollwertiger Familienfreund läuft! Nur bei den Anhängelasten sieht es mau aus: Die Basis bietet auch gebremst nur 500 Kilogramm, mit großem Akku darf man 750 respektive gebremst 1.000 Kilogramm anhängen.
Grundsätzlich günstige Verbräuche
Und was verbraucht er? Wir pendelten zwischen 15, 6 und 19, 4 kWh/100 km netto, am Ende standen 17,4 kWh/100 km am Display, was knapp 19,3 kWh/100 km brutto sind. Ginge aber auch sparsamer. Und bedeutet beim 81,4-kWh-Akku ECHTE 400 + x Kilometer Reichweite. Klasse Weite – auch hier mehr als Kompaktklasse.
Laden kann er wegen der 400-Volt-Architektur nicht so schnell wie EV6 oder EV9: Für den 58er-Akku nennt Kia 29 Minuten von 10 auf 80%, beim 81er-Akku werden daraus 31 Minuten. V2L kann er ohnehin, grundsätzlich auch V2G. Das hängt aber noch an den Stromanbietern, mit denen Kia noch entsprechende Verhandlungen führt, könnte aber wie bei Renault bis 2026 real mit eingepreist werden.
Start ab 35.990 Euro für die Basis in der Ausstattung „Air“
Was kostet der EV3? Der luftig ausgestattete Air startet bei 35.990 Euro, das sind 30.243,70 Euro netto. Wir würden zum „Earth“ mit den nötigen Sitz- und Lenkradheizungen greifen, der ab 38.290 Euro anhebt, das sind 32.176,47 Euro netto – mit „kleinem Akku“. Unsere erste Wahl wäre der „Earth“ mit großer Batterie ab 43.690 Euro, das sind 36.714,29 Euro netto. Was dann leider doch in die Mittelklasse hineinragt.
Kleines „Zuckerl“: Wer bis zum 31.12.2024 bestellt, erhält on top die eher nicht nötige Premium-Mobilitätsgarantie für zwei Jahre, inklusive und die Lademöglichkeit Kia Charge ohne Grundgebühr für die ersten zwei Jahre mit Advanced-Tarif und Aral Pulse Light-Paket, was einem bei häufigem Langstreckeneinsatz tatsächlich Ladekosten sparen kann.
Was bedeutet das?
Mit dem EV3 hat Kia ein 4,3-Meter-Auto wieder von Kompakt- zur Mittelklasse gemacht! Was man der Marke gar nicht hoch genug anrechnen kann, zumal man auch sonst keine Schwächen zuließ. Gut, er könnte noch einen Hauch schneller laden und etwas straffer abgeschmeckt sein. Kommt aber mit dem kräftigeren Allrad…Auch interessant: weniger als 150 kW will Kia nicht anbieten, womit der EV3 leistungsseitig ÜBER dem EV6 startet.
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