VM-Fahrbericht Ford E-Transit: Stromer schlägt Verbrenner
Wenn der neue Ford E-Transit im nächsten Frühjahr auf den Markt kommt, unterscheidet er sich in mehreren Bereichen vom Transit mit Verbrennungsmotor. Im Zuge der Elektrifizierung wurde eine Reihe von Modifikationen am Fahrzeug vorgenommen. Die größte Veränderung betrifft den gesamten hinteren Teil des Fahrgestells. Hier ersetzt ein neuer Träger die traditionelle Hinterachse, der den Motor und die Antriebswelle sowie eine neue Einzelradaufhängung enthält. Dieser zusätzliche Rahmen macht das Auto ein paar Zentimeter höher, sorgt aber dafür, dass der Laderaum identisch mit dem der Versionen ohne Elektromotor ist.
Der E-Transit wird in drei Gesamtgewichten angeboten: 3,5, 3,9 und 4,25 Tonnen. Die beiden schwersten Versionen haben eine Höchstgeschwindigkeit von 90 km/h. Darüber hinaus kommt das Fahrzeug mit zwei verschiedenen Motoren mit 135 kW (184 PS) und 198 kW (269 PS). Beide verfügen über das gleiche maximale Drehmoment von 430 Nm. Der E-Van ist standesgemäß zum modernen Antrieb mit der neuesten Generation SYNC ausgestattet und verfügt über einen großen, mittig platzierten Touchscreen mit Schnellwahltasten für die am häufigsten verwendeten Funktionen.
Reichweite soll neue Maßstäbe setzen
Die Batterien haben eine Kapazität von 68 kWh, die für eine Reichweite von bis zu 317 km genügen sollen. Das enspräche einem für die Klasse sehr guten Verbrauch von 21,5 kWh/100 km im Betrieb. Um dem Fahrer die bestmögliche Information über die verbleibende Reichweite zu geben, wurde das Auto mit einer intelligenten Reichweitenvorhersage ausgestattet. Diese nutzt unter anderem Wetterdaten und Routeninformationen anderer Verkehrsteilnehmer zur Berechnung der realen Reichweite. Diese Funktion hängt von den angeschlossenen Fahrzeugen ab, ist aber in der Türkei noch nicht verfügbar, so dass wir nicht sehen konnten, wie sie funktioniert.
Mit 11 kW Laden ist Standard, Schnelllader mit bis zu 115 kW
Ladeseitig ist das Auto mit einem On-Board-Ladegerät von 11,3 kW Leistung ausgestattet, womit der E-Van in etwas mehr als acht Stunden von 0-100 Prozent aufladen soll. Die Schnellladung erfolgt mit bis zu 115 kW, was bedeutet, dass der Transit unter optimalen Bedingungen in 34 Minuten von 15-80 Prozent aufgeladen ist. Das Batteriepaket befindet sich zwischen dem Fahrzeugrahmen und ist besonders gegen seitliche Kollisionen geschützt.
Fahreindruck: Moderne Zeiten im Klassiker
Das erste, was auffällt, ist ein neuer Startknopf an der Stelle, wo man normalerweise den Schlüssel steckt. Außerdem verfügt das Auto über eine neue elektrische Parkbremse, die sich unter dem Lichtschalter auf der linken Seite des Armaturenbretts befindet. Zudem gibt es eine neue Fahrererkennungsfunktion, die die Bremse arretiert, sobald der Fahrer vom Fahrersitz aufsteht. Das verhindert ein Wegrollen des Fahrzeugs. Das Auto ist so eingestellt, dass es langsam kriecht, wenn man das Gaspedal löst, was das Manövrieren bei niedrigen Geschwindigkeiten erleichtert. Die Fahrzeuge verfügen über eine regenerative Bremse, die je nach Gesamtgewicht und Geschwindigkeit unterschiedlich viel Energie zurückgewinnt. Die Rekuperation lässt sich entweder per L-Stellung in der Mitte des Drehreglers aktivieren, die naheliegendste Möglichkeit, mit der wir uns am wohlsten fühlten.
Viele Wege zur Rekuperation
Die zweite Möglichkeit ist eine Premiere in einem Nutzfahrzeug: Über die Pedale können drei Stufen der Regeneration aktiviert werden. Die erste Stufe, wenn man das Gaspedal loslässt, die zweite durch leichten Druck auf das Bremspedal und die letzte durch einen doppelten Druck auf das Bremspedal. Die letzte Stufe erscheint unintuitiv, aber es ist möglich, dass ich meine Meinung ändere, wenn man mehr fährt als die halbe Stunde. Persönlich bevorzugen wir die Möglichkeit, das Auto rollen zu lassen, ohne dass es rekuperiert und sofort zu bremsen beginnt, wenn man vom Gaspedal geht. So lässt sich die kinetische Energie des Fahrzeugs besser nutzen, vor allem auf bekannten Strecken. Beim E-Transit erfolgt sofort eine Energierückgewinnung, die es allerdings notwendig macht, das Gaspedal bei sanften Abfahrten zu halten, wo sonst ein Ausrollen selbstverständlich wäre.
Neue Hinterachse sorgt für guten Komfort
Die neue unabhängige Hinterachse mit Schraubenfedern sorgt für eine sehr komfortable Federung des Fahrzeugs, auch wenn der Testvan nicht beladen war. Das Auto lenkt präzise und ist an sich sehr leicht zu fahren. Allerdings empfinden wir die elektromechanische Lenkung selbst als etwas schwerfällig beim Manövrieren und Fahren auf der Straße. Außerdem ist das Auto mit einer neuen 360-Grad-Kamera ausgestattet. Diese kann mit einer Taste unterhalb des Bildschirms aktiviert und bei niedrigen Geschwindigkeiten verwendet werden.
Der Antrieb selbst verfügt über drei Fahrmodi. Eco reduziert die Motorleistung des größten Motors auf 135 kW und eine Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h, zudem "Normal" und einen für rutschige Fahrbedingungen. Dem allerersten Eindruck nach sorgt der Heckmotor für flotten Vortrieb, der dem ähnlich drehmomentstarken 2,0-Liter-EcoBlue-Diesel in keiner Weise nachsteht, zumal das Drehmoment vom Start weg zur Verfügung steht. Dafür ist er natürlich bei weitem leiser als der knurrige Selbstzünder.
Eigene Elektrifizierungslinie im Werk
Das Ford-Otosan-Werk Kocaeli in der Türkei wurde jüngst stark umgebaut, um die Produktion zu steigern. Die Nachfrage nach Ford-Transportern ist derzeit sehr groß, und in naher Zukunft wird auch der nächste Transporter von Volkswagen im Werk gebaut. Um den Transit zu elektrifizieren, wurde eine neue Halle für den E-Transit gebaut. Hier werden sowohl der Einbau der Batterie als auch der neuen Hinterachse vorgenommen. Außerdem gibt es eine separate Linie für den Bau der Batterien. Stromer soll im Frühjahr 2022 auf den Markt kommen. Die Preise für Deutschland stehen noch nicht fest, aber der Startpreis für Großbritannien soll 42.000 Pfund betragen, sodass auch hierzulande ein für die Klasse ziemlich attraktiver Preis unter 50.000 Euro herauskommen dürfte. Torbjørn Eriksen/jr
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