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Vergleich Seat-CNG-Modelle: Die Leichtigkeit des Mii-Seins

Seat forciert den CNG-Antrieb. Beim Vergleich der TGI-Kleinwagen Mii und Ibiza imponierte uns ausgerechnet der Kleinste am meisten. Der monovalente Mikro hat alles, was man im Alltag braucht. Ein Auto für Minimalisten, aber ohne Verzichtfaktor.

Noch immer ein geniales Konzept: Der Seat Mii CNG bietet kaum weniger Alltagsnutzen als der Ibiza. | Foto: J. Reichel
Noch immer ein geniales Konzept: Der Seat Mii CNG bietet kaum weniger Alltagsnutzen als der Ibiza. | Foto: J. Reichel
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Johannes Reichel

Es ist schon erstaunlich, wie wenig Auto man eigentlich braucht: 3,55x1,64x1,48 Meter, das sind die Länge-Breite-Höhe-Garde-Maße des Seat Mii. Und man bekommt in das kleine Raumwunder tatsächlich vier Personen würdig unter samt kleinem Marschgepäck im Kofferraum. Der schrumpft zwar bei der "Ecofuel" genannten CNG-Variante ein bisschen wegen der unterflur verlegten 11-kg-Gasflasche, trotzdem hält die Ladehöhle dank ordentlich Höhe noch ausreichend Volumen bereit. Sechs Jahre ist das kleine Auto jetzt alt, aber eigentlich kaum gealtert. Das Box-Design ist ehrlich und fast schon zeitlos gut, die Raumausnutzung genial - eigentlich sind der Mii - und seine Geschwister Skoda Citigo und VW Up - die legitimen Erben des Original-Mini, der von seinen Nachfahren so schmählich verballhornt wurde.

Seinen CNG-Geschwistern hat er eines voraus: Er ist von Anfang an ein auf monovalenten Betrieb ausgelegtes Fahrzeug gewesen. Damit schafft er eine Reichweite von knapp 400 km im Normverbrauch, wo er mit 2,9 kg/100 km CNG angegeben ist. Bei unserer kurzen Tour waren es 3,6 kg/100 km. Die kleine 10-Liter-Reserve wird man da selten anzapfen müssen, will man ja auch nicht, Benzinbetrieb trübt die Umweltbilanz. Und in einem Punkt hinkt der Mii hinterher: Der unaufgeladene MPI-Motor mit 68 PS und mauen 90 Nm ist schon etwas flügellahm, muss aber immerhin nur 1031 kg Gewicht bewegen. Zudem ist der Dreizylinder recht laufruhig und diskret, weist nur beim Ausdrehen auf seine ungerade Zylinderzahl hin. Und mit einer gewissen Gelassenheit am Lenkrad kommt man auch am Ziel an ... In Zeiten, bevor die Durchschnittleistung eines Pkw auf horrende 150 PS anstieg, waren 70 PS gar nicht mal so wenig, ein Seat Ibiza mit 1,2-Liter-System-Porsche-Aggregat wurde mit dieser Power zum kleinen Renner.

Leistung: Ausreichend!

Trotzdem: Man wünscht dem Mii einen quirligen Antrieb wie den neuen 1,0-Liter-TGI-Turbo aus dem größeren Bruder Ibiza TGI (Test folgt in der nächsten Ausgabe der VISION mobility), wo der Dreizylinder zwar kernigere, aber auch nachdrücklichere Dienste versieht und immerhin mit 160 Nm Drehmoment aufwartet. Für deren Entfaltung braucht das downgesitzte Aggregat aber etwas Anlauf: Bei 1.800 Touren sollte man den Motor halten, will man dann ganz brauchbare Beschleunigung ernten. Er ist klar flotter zu bewegen als der Mii. Aber hey, mal ehrlich, für Tempoorgien ist ein Fahrzeug wie der Mii ohnehin nicht geschaffen, auch wenn er sich mit dem knackigen Fahrwerk, dem ultrakompakten Wendekreis (9,8 Meter) und der tollen Übersicht äußerst behende durch Stadt und, ja, problemlos auch überland oder auf der Autobahn bewegen lässt. Klar, der neue Ibiza auf der Polo-Plattform fährt erwachsener, federt souveräner, rollt leiser ab, bietet im Fall der Fälle mehr Sicherheit und die neuesten Connectivity-Gadgets. Aber auch für den Mii gibt es ein zeitgemäßes und ausreichendes Multimediasystem, sogar mit 300-Watt-Beats-Soundbox, die gute Laune macht. Noch mehr Laune macht übrigens das Glas-Schiebedach, mit dem man dann vollends die Langsamkeit entdeckt, alle Hektik fahren lässt und den Mii zum Semi-Cabrio verwandelt.

Und sonst im direkten Vergleich: Mehr Platz auf den Vordersitzen und auch hinten hat der 50 Zentimeter längere und 14 Zentimeter breitere Ibiza nicht unbedingt, vor allem am Scheitel zwickt es mehr als im kleineren Hochbauwagen Mii, während der Beinraum zum Vorgänger etwas zugelegt hat. Beim Kofferraum bietet der leider noch bivalente Ibiza TGI gerade mal 50 Liter mehr, das ist keine Welt und teils der Tatsache geschuldet, dass noch der volle 40-Liter-Benzintank an Bord ist - ökologisch ein Widerspruch, man will ja eben nicht konventionell fossil fahren. Mit der einen CNG-Flasche (13 kg), die hier weiter in den Kofferraum ragt als beim kleinen Bruder Mii kommt man auch bestenfalls 200 Kilometer weit mit dem doch 1,24 Tonnen schweren Kleinwagen. Von den 3,3 kg/100 km Normverbrauch nach ECE waren wir nach einer 100-Kilometer-Testfahrt mit hohem, sehr moderat gefahrenen Landstraßenanteil mit 4,2 kg/100 km doch eine Ecke entfernt.

Preisfrage: Beim Mii hilft keine Umweltprämie - nur Überzeugung

Bleibt die Gretchenfrage nach dem Preis: Fast 5.000 Euro brutto liegen zwischen den beiden umweltfreundlichen CNG-Modellen, je in der Reference-Ausstattung. Wer den sehr lebensfrohen und schicken, 2016 aufgelegten Mii als Cosmopolitan-Modell mit viel Luxus-Gadgets und Sonderlackierung will, der muss 15.440 Euro investieren. Für den ebenfalls aufgepeppten Ibiza Style (für Auto-Freaks: Es gibt den TGI auch als scharfen FR!) werden 19.000 Euro fällig, die Preisdifferenz bleibt. Die fällt übrigens auch zu den Benzinern üppig aus: 2.500 Euro muss einem beim Mii der Ökofaktor wert sein, fast identisch ist der Aufpreis des Ibziza TGI zum 95-PS-TGI. Bleibt zumindest für den Ibiza die Frage nach der Umweltprämie, die der Hersteller ja weiter verlängert hat. Da sollte man sich aber sputen, will man die Preisschere noch schneller schließen, respektive komplett beseitigen - sofern man einen alten Diesel für einen neuen Ibiza TGI ausmustert. Das wäre doch mal eine Idee. Oder man bescheidet sich und nimmt den Mii: Das ultimative All-You-Need-Alltags-Auto mit hohem Öko-Faktor. Mini-Schöpfer Sir Alec Issigonis würde Mii fahren, jede Wette!

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