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Umweltbundesamt: Fossile Subventionen abbauen, E-Mobilität per Quote fördern

Oberste Umweltbehörde fordert Abbau von Subventionen für fossile Energieträger im Verkehr. Dienstwagenprivileg sowie Pendlerpauschale sollen wegfallen, der Dieselpreis und die Lkw-Maut stark steigen. Obligatorisch sei auch ein Tempolimit von 120 km/h. 

Fördern und Fordern: Das UBA schlägt einen drastischen Abbau von Subventionen für fossile Antriebe vor, die zur Förderung der E-Mobilität kommen müssten. | Foto: Pixabay
Fördern und Fordern: Das UBA schlägt einen drastischen Abbau von Subventionen für fossile Antriebe vor, die zur Förderung der E-Mobilität kommen müssten. | Foto: Pixabay
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Johannes Reichel

Das Umweltbundesamt hält in einem internen Papier drastische Einschnitte für nötig, um die deutschen Klimaziele im Verkehr zu erreichen. Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, fordert die oberste Umweltbehörde des Landes den Abbau aller Privilegien, etwa für Dienstwagen oder Dieselkraftstoffe sowie den Wegfall der Pendlerpauschale. Die Steuer auf Diesel würde damit bis 2030 um 70 Cent auf 1,19 Euro je Liter steigen, Benzin um 47 Cent. Auch die Lkw-Maut müsse deutlich angehoben werden. Zudem empfiehlt das Amt die Einführung eines Tempolimits von 120 km/h auf Autobahnen. Nur dann seien die Klimaziele im Verkehr machbar, die das Amt für sehr ambitioniert hält. Aber, so argumentieren die UBA-Autoren:

"Ambitionierte Instrumente für den Klimaschutz im Verkehr können einen wichtigen Beitrag leisten, um Wohlstand und Arbeitsplätze in Deutschland langfristig zu sichern".

Der Wandel in der Autoindustrie sei umumgänglich. "Daher ist es klug, ihn frühzeitig durch eine ambitionierte Klimaschutzpolitik zu unterstützen". Als ganz entscheidend sieht man auch den Ausgleich für soziale Härten an. Die Frage ist nun, ob das UBA die Empfehlungen auch offiziell publik machen darf, worüber das übergeordnete Bundesumweltministerium befinden muss. Man wolle die Ausarbeitung von Vorschlägen dem Verkehrsministerium überlassen, halte die UBA-Maßnahmen aber grundsätzlich für geeignet, die Klimaziele im Verkehr zu erreichen, hieß es aus dem UBA.

Derzeit bleibt eine riesige Klimaschutzlücke im Verkehr

Gleichzeitig hält man dort die bisher gemachten Vorschläge mit starkem Akzent auf Förderung von Elektromobilität, alternativen Kraftstoffen, Abgabe auf Flugtickets oder Verbilligung von Bahntickets für bei weitem unzureichend. Es bleibe eine "Klimaschutzlücke" von 20 bis 30 Millionen Tonnen an Treibhausgasen, schätzt das UBA. Die Amtschefin Maria Krautzberger kritisierte, das Verkehrsministerium tue häufig so, als sei es rückwärtsgewandt, ökologische Folgen in Preisen auszudrücken. "In Wirklichkeit scheut es sich, diese unpopulären Maßnahmen einzuführen", äußerte Krautzberger.

Wohnort- und Arbeitsplatzwahl: Pendeln wird unattraktiver

In der Konsequenz könnte der CO2-Preis pro Tonne in der Tat sukzessive auf 205 Euro statt der jetzt vorgeschlagenen 10 Euro Einstiegspreis steigen und als Energiesteuer fossile Kraftstoffe massiv verteuern. Allerdings ließen sich die Einnahmen daraus an die Bundesbürger in gleichen Teilen ausschütten, ebenso könne man den Wegfall der Pendlerpauschale kompensieren. Wenn das Langstreckenpendeln nicht mehr subventioniert würde, werde das unattraktiver und habe unmittelbaren Einfluss auf die Wohnort- und Arbeitsplatzwahl und fördere die Anschaffung von verbrauchsärmeren Fahrzeugen, glaubt die Behörde. Bereits kurzfristig sei mit Änderungen im Verkehrsverhalten zu rechnen, etwa durch die Bildung von Fahrgemeinschaften oder Umstieg auf umweltfreundlichere Verkehrsmittel.

Feste Quote für E-Autos, Oberleitungsnetz für Schwer-Lkw

Das UBA rechnet auch damit, dass sich bis 2030 der Verbrauch der Fahrzeuge um 15 Prozent reduziert mit entsprechendem Entlastungseffekt beim Tanken. Außerdem schlug man eine Quote für Elektroautos vor, die bis 2030 auf 70 Prozent steigen müsse. Zwölf Millionen E-Fahrzeuge sollten bis dahin auf der Straße sein, deren Energieversorgung man mit 25 bis 30 Terrawattstunden pro Jahr veranschlagt, nicht einmal fünf Prozent der heutigen Stromerzeugung, etwa 14 Prozent des Ökostroms. Insofern sieht das UBA hier auch kein Problem auf der Stromerzeugungsseite. Bei Nichterfüllung der Quote schlägt man "erhebliche Strafzahlungen" vor. Für Schwer-Lkw will man ein Oberleitungsnetz an Autobahnen von 4.000 Kilometern schaffen. All das sei nur darstellbar, wenn die Weichen noch in dieser Legislaturperiode gestellt würde, mahnte das UBA zur Eile.

Was bedeutet das?

Gut, dass das nochmal gesagt wurde, wenn auch nicht offiziell: Echter Klimaschutz im Verkehr ist nicht zum Nulltarif zu haben, fordert Umdenken und Verzicht von allen Beteiligten und geht schlicht ans Eingemachte lieb gewordener Mobilitätsgewohnheiten. Das ist die Wahrheit, die offen auszusprechen sich kein Politiker trauen würde, nicht einmal von den Grünen. Die Kernaussagen des UBA sind jetzt in der Welt, von wem auch immer "durchgestochen", jedenfalls mit bemerkenswert gutem Timing vor dem SPD-Parteitag. Wenn das Verkehrsministerium dachte, man könnte das Problem aussitzen, dann geht das jetzt nicht mehr. Wobei auch der vom Minister Scheuer so gerne beim Thema Tempolimit bemühte "gesunde Menschenverstand" einem sagt: Es hat keinen Sinn, E-Mobilität zu fördern, wenn man gleichzeitig weiter Verbrenner fördert. Im Gegenteil: Die Aufrechterhaltung von Pendlerpauschale, Diesel- und Dienstwagenprivileg konterkariert alle anderen Bemühungen.

Mit der Förderung einhergehen muss der Abbau der "alten", irregeleiteten Subventionen, die aus einer anderen Zeit der umweltvergessenen automobilen Euphorie stammen. Das positive an den Aussagen des UBA ist: Der Verkehrssektor kann seine Klimaziele schaffen. Aber dann muss man jetzt auch mal "machen", mit allen vielleicht unpopulären Konsequenzen. Die bisherige Therapie des Verkehrs- und Wirtschaftsministeriums mit Klimahomöopathie nach der Devise "Wasch mir den Pelz, aber mach' mich nicht nass" wird nicht funktionieren. Doch Poltik ist eben nicht nur die Kunst des Möglichen, wie Bundeskanzlerin Merkel sich bei der Vorstellung des unzulänglichen Klimapakets herauswand, sondern eben auch die Kunst, für das planetar dringend Nötige die Zustimmung zu organisieren und es damit möglich zu machen. Damit hat das Verkehrsministerium noch nicht einmal angefangen.

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