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Umweltbilanz von E-Autos: Ein Tesla Model Y taugt schwer zum Weltretter

Nach dem Start der Tesla-Produktion in Grünheide ist die Euphorie groß. Dass aber E-Autos mit zwei Tonnen Gewicht und 560 PS umweltfreundlich sein sollen, bezweifeln Fachleute. Ex-Greenpeace-Mann Wolfgang Lohbeck fordert gar eine Fahrzeugwende, hin zum Kleinwagen. Er sieht Tesla als Initiator einer Fehlentwicklung.

Bis ein Tesla Model Y vom Band surrt, sind bis zu 21 Tonnen an CO2 eingesetzt worden, vor allem für Batterie und Rohbau. | Foto: Tesla
Bis ein Tesla Model Y vom Band surrt, sind bis zu 21 Tonnen an CO2 eingesetzt worden, vor allem für Batterie und Rohbau. | Foto: Tesla
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Johannes Reichel

Nach dem Start der Tesla-Model-Y-Produktion im brandenburgischen Grünheide ist die Euphorie bei Hersteller, Kunden und Politik groß. Allerdings mehren sich neben den umwelttechnischen Bedenken gegen eine Fabrik im Wasserschutz- gebiet auch die Stimmen, die generell anzweifeln, ob Fahrzeuge vom Kaliber eines Model Y wirklich nachhaltig sein können. Spiegel Online hat die Gesamtklimabilanz des Model Y "made in Brandenburg" näher untersucht und kommt aus heutiger Sicht unter Einbeziehung zahlreicher Faktoren zu einer zwiespältigen Bilanz, die freilich grundsätzlich auch für andere High-End-Elektro-SUV der Zwei-Tonnen-Klasse gilt.

Angefangen beim Strommix in Brandenburg, der traditionell noch von Braunkohle bestimmt wird, die aber laut Staatskanzlei bei der Tesla-Fabrik nicht relevant sein darf. Den Energiebedarf wolle man "so weit wie möglich aus lokal und regional gewonnener, erneuerbarer Energie" decken. Man verweist auf die Photovoltaikanlage auf dem Dach. Erdgas soll nur für Lackiererei und Gießerei eingesetzt werden, wegen der hohen Energieintensität.

Batterie als großer CO2-Block

Für den großen "Block" der Batterie rechnet der E-Mobiltätsexperte Auke Hoekstra von der TU Eindhoven für das leer offiziell 1.995 Kilo schwere Model Y Performance mit 82 kWh-Lithium-Ionen-Speicher mit im Wettbewerbsvergleich noch guten 65 Kilo CO2 pro kWh Batterie, was sich auf 5,3 Tonnen beliefe. Der Akku wiegt insgesamt übrigens alleine 530 Kilo, immerhin leichter als bei manchen Wettbewerber und dem Model S oder X. Bis die neue, energie- und wassersparende 4860er-Zelltechnologie zum Einsatz kommt, wird es in Grünheide noch dauern.

Hier hat das Werk in Austin Vorfahrt. Bis dahin kommen die 2170er-Zellen wohl von LG Energy Solutions zum Einsatz, deren Produktion in Südkorea mit einem fast doppelt so hohen CO2-Aufschlag zu veranschlagen wären, aus chinesischer LG-Fertigung noch höher. Ob jetzt die Reduktion des kritischen Rohstoffs Cobalt durch den mittlerweile ebenso kritischen Rohstoff Nickel umwelttechnisch so einen großen Unterschied macht, lassen die Spiegel-Autoren dahingestellt.

Rohbau: Alu als energieintensive Wahl

Konkreter lässt sich neben der Batterie der restliche Rohbau der Karosse einschätzen, wo nun Tesla auf leichtes, aber energieintensives Aluminium setzt. Auf 12,8 Tonnen CO2 kommt etwa das österreichische Bundesamt. Das trübt die Bilanz in jedem Fall und wäre nur vertretbar, wenn tatsächlich Ökostrom eingesetzt wird. Außerdem will Tesla Energie sparen durch die reduzierten Schweißprozesse, die die Hülle aus nur vier Rohbauteilen ermöglichen soll, künftig vielleicht sogar "aus einem Guss".

Nicht wenig Energie fällt schließlich für die gewaltigen Elektromotoren an, deren zwei in dem performanten Modell Y verbaut sind. Hier setzen die Österreicher 4,5 Kilo je Kilowatt Leistung an, was 1,86 Tonnen für den E-SUV ergäbe, eher deutlich mehr aufgrund des Allrads mit zwei E-Motoren, die viel an Seltenerdemetall Neodym benötigen. Oben drauf kommt noch eine gute Tonne für Komponenten wie Konverter, Stromverteiler, Ladegeräte. Woraus in Summe 21 Tonnen an Klimagasen resultieren.

Im Fahrbetrieb sparsam - für seine Gewichtsklasse

Immerhin soll das Model Y im Fahrbetrieb für seine Gewichts- und Größenklasse sehr sparsam sein, laut ADAC Ecotest sind es bei einem chinesischen Model Y real mit 22,6 kWh/100 km zu 17,1 kWh/100 km, die der Hersteller angibt. Das entspricht 113 g CO2/km im deutschen Strommix und Well-to-Whel gerechnet. Hier kann der Selbstversorger mit Photovoltaikeigenversorgung natürlich eine bessere Bilanz hinlegen. Vom Strommix generell ist dann auch die Klimaamortisation abhängig, die im Vergleich zu einem ähnlich formatigen Verbrenner nach 40.000 Kilometern passiert sein könnte.

Mit mehr Ökostrom im System würde das Fahrzeug auch immer "grüner", meint auch Experte Hoekstra. Der auf lange Sicht auch eine wie von vielen Herstellern angestrebte "klimaneutrale" Produktion als realistisch erachtet, in der die gesamte Lieferkette aus regenerativem Strom betrieben und Stahl und Alu mit Wasserstoff produziert wird. Bis dahin wäre es noch ein weiter Weg, nicht nur aus Grünheide. Auch Hoekstra stellt die Gretchenfrage, selbst wenn es theoretisch emissionsfreie Elektroautos gäbe:

"Das bedeutet noch nicht, dass privater Autobesitz für elf Milliarden Menschen nachhaltig ist".

Auch der Mobilitätsexperte Wolfgang Lohbeck stellte gegenüber Spiegel Online die Umweltbilanz von Boliden wie dem Tesla Model Y in Frage.

"Natürlich sind die effizient, wenn man damit über zwei Tonnen bewegt. Die Frage ist: Muss man so schwere Autos fahren. Das kann doch keine Grundlage sein für die Mobilitätskultur der Zukunft", erklärte der ehemalige Grennpeace-Verkehrscampaigner.

Er befürchtet, bei einem stückzahlenmäßigen Ersatz Stromer gegen Verbrenner einen gewaltig ansteigenden Strombedarf, zumal mit den hohen Ladeleistungen. Das Argument "erneuerbare Energien" hält er für "Mumpitz".

"Gerade wegen der Elektromobilität ist der Ausstieg auf Atom- und Kohleenergie gefährdet", urteilt er.

Der Aufbau einer Flotte von zehn Millionen E-Autos bis 2030 würde sich nach einer Studie von SAC auf einen Mehrausstoß an CO2 von 40 Millionen Tonnen summieren. Die Bundesregierung plant sogar 15 Millionen E-Autos bis zu diesem Zeitpunkt. Er hält es für "Augenwischerei", wenn die Emissionen nicht am Auspuff, sondern woanders entstünden und sieht einen Startbonus für die E-Mobilität darin, dass sie fasziniert.

"Fakt ist aber auch, das bei der irren Beschleunigung, gepaar mit hohem Gewicht, viel mehr Reifenabrieb und Feinstaub entstehen", kritisiert Lohbeck weiter.

Er sieht durch Tesla ein verhängnisvolles Wettrüsten um die höchste Leistung in Gang gesetzt. Tesla sei wesentlich mitverantwortlich für die Fehlentwicklung der Elektromobilität.

"Alle anderen, Mercedes mit dem EQS oder BMW mit diesem kolossal-peinlichen iX M60, folgen dieser Strategie. Diesen Elektrokult um eine in Wahrheit krasse Fehlentwicklung finde ich obszön", erklärte Lohbeck.

Aus seiner Sicht müsse die Politik dafür sorgen, dass Gewicht, Leistung und Verbrauch im Automobilbau verringert werden. Das sei schon das Problem bei der Festlegung der EU-Flottengrenzwerte gewesen, schwere Autos bekämen sogar noch einen Bonus.

"Nur so können wir endlich ein Downsizing in Gang bringen und das Wettrüsten der Hersteller bei Komfort und Performance stoppen", forderte Lohbeck.

Er plädierte dafür, Autos unabhängig vom Antrieb zu "entideologisieren", was auch Tesla letztlich wie alle anderen Hersteller mache. Die Politik dürfe schwere Performanceautos nicht auch noch fördern, sondern wenn, dann Kleinwagen wie den e.GO oder Twizy.

"Auch die Leute auf dem Land müssen ja kein Zwei- bis Dreitonnenauto bewegen. Letztlich ist Verzicht dringend notwendig", forderte der Mobilitätsexperte.

Aus seiner Sicht schürten E-Autos wie von Tesla die "absurde Illusion", man könne so weitermachen wie bisher und es wären alle Probleme gelöst. Dabei würden solche E-Autos eher neue Probleme schaffen, sie nähmen genauso viel Platz weg und seien eine Gefahr für die Verkehrssicherheit aufgrund der hohen Beschleunigung.

"Bei der Gesamtenergiebilanz - also inklusive Batterie- und Fahrzeugherstellung - halte ich den kleinen Verbrenner gegenüber einem Elektroauto immer noch für das kleinere Übel. Die schnellste CO2-Reduktion ist sofort möglich. Wir müssen einfach nur kleine Autos fahren", plädierte Lohbeck für ein Umdenken.

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