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UBA-Plan: Verkehrswende nur mit höherem Spritpreis, Subventionsabbau und Tempolimit etc.

Mit Fokus auf Umweltverbund, Elektrifizierung, Abbau fossiler Subventionen, Tempolimit, Pkw-Maut und verursacher-gerechten CO2-Preis könnten die Klimaziele noch erreichbar sein, glaubt die Behörde. Sie legt ein Kurzpapier für die Reform der Straßenverkehrsordnung vor, ebenso acht Bausteine für die Verkehrswende. Wobei die Politik so stark im Verzug ist, dass eigentlich alles gleichzeitig passieren muss.

Runter von den Emissionen: Auf dem Klimagipfel in Glasgow wird um die letzte Chance zur Klimawende gerungen. Eines der großen Problemfelder ist der Verkehr. Das UBA hat jetzt einen Gesamtplan zur Verkehrswende vorgelegt. | Foto: UBA/Frank Wolke
Runter von den Emissionen: Auf dem Klimagipfel in Glasgow wird um die letzte Chance zur Klimawende gerungen. Eines der großen Problemfelder ist der Verkehr. Das UBA hat jetzt einen Gesamtplan zur Verkehrswende vorgelegt. | Foto: UBA/Frank Wolke
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Nachdem das Umweltbundesamt bereits vor kurzem mit einem Plan zum Abbau von umweltschädlichen Subventionen in die Debatte eingegriffen hatte, legt die oberste Umweltbehörde jetzt auch einen ausführlichen Gesamtplan für die Verkehrswende in Deutschland vor. Dieser sieht unter anderem höhere Spritpreise über einen höheren CO2-Preis, die Abschaffung von Steuererleichterungen wie der Pendlerpauschale, den massiven Ausbau des ÖPNV und der Schiene, ein Tempolimit von 120 km/h auf Autobahnen sowie mittelfristig auch eine Pkw-Maut zur Finanzierung vor. Vor allem das Instrument des CO2-Preises spielt für die Behörde eine zentrale Rolle. Dieser solle ab 2022 mindestens doppelt so hoch liegen wie bisher geplant, wobei das Amt einmal mehr einen sozialen Ausgleich vorschlägt. 

"Der Verkehr steuert beim Klimaschutz in die falsche Richtung. Ohne massive Anstrengungen auch dort wird es insgesamt nichts mit dem Klimaschutz", konstatierte UBA-Chef Dirk Messner gegenüber Spiegel Online.

Er hält deutlich wirksamere Maßnahmen für notwendig. Die Spritpreise lägen zwar derzeit hoch, erzählten aber nicht die ökologische Wahrheit. Er sieht es aus Klima- und Umweltsicht als sinnvoll an, den CO2-Preis zu steigern. Das sei auch sozialverträglich möglich, sofern der Staat die Mehreinnahmen für die Senkung der EEG-Umlage einsetze und zugleich in umweltfreundlichere Antriebe investiere. Er sei sich bewusst, dass sich die Politik scheue, diese Debatte zu führen, es müsste aber ehrlich alle Optionen eruiert werden. Für ihn gehören steigende CO2-Preise und Rückzahlungen zusammen.

Riesige Emissionslücke nach bisherigem Plan

Der Verkehrssektor sei der einzige Bereich in Deutschland, in dem die Emissionen seit 1990 nicht gesunken seien. Nach Messners Prognose werde der Sektor auch die 2030er-Ziele ohne ein Nachsteuern weit verfehlen. Die derzeit vorgelegten Maßnahmen liefen auf eine Emissionslücke von 28 Millionen Tonnen bis 2025 und 41 Millionen Tonnen CO2 bis 2030 hinaus, so Messners Prognose.

Lücke nur mit Ausbau des Umweltverbunds zu schließen

Diese könne nur geschlossen werden, wenn die Alternativen zum Pkw- und Lkw-Verkehr, die Elektrifizierung und eine "verursachergerechte" CO2-Bepreisung mit sozialem Ausgleich forciert würden. So müsse etwa auch das Dieselprivileg ab 2023 schrittweise wegfallen, außerdem die steuerliche "Subventionierung" von Dienstwagen ab 2022 zurückgefahren werden. Auch die Pendlerpauschale solle ab 2027 wegfallen, sie setzt falsche Anreize und treibe den Trend zu langen Arbeitswegen, die häufig nur mit Einzelbesetzung im Fahrzeug zurückgelegt würden. Soziale Härten sollten über die Einkommenssteuer berücksichtigt werden.

"Natürlich wird man uns wieder vorwerfen, den üblichen ,Giftschrank' aufzumachen. Es ist aber die bittere Wahrheit, dass wir im Verkehrssektor viel Zeit verloren haben und daher nun viele Stellschrauben gleichzeitig bewegen müssen, damit die Klimawende noch gelingt", stellte Messner fest.

Als Sofortmaßnahme schlug das Amt einmal mehr ein Tempolimit von 120 km/h auf Autobahnen, Tempo 80 außerorts und Regeltempo 30 innerorts vor, das schnell und ohne Mehrkosten dem Klimaschutz und zudem der Verkehrssicherheit diene. Darüber hinaus müsse der ÖPNV, der Rad- und Fußverkehr sowie die Schiene massiv ausgebaut und Neuwagen mit einer strengeren CO2-Vorgabe belegt werden, um den Hochlauf der E-Mobilität zu beschleunigen. Alternativ brachte Messner auch eine E-Auto-Quote ins Spiel und plädierte einmal mehr für ein "Bonus-Malus-System" für umweltfreundliche sowie umweltschädlichere Autos.

Pkw-Maut, aber richtig: Mit Klimafokus

In der laufenden Dekade müssten auch langfristige Weichen gestellt werden, mit Maßnahmen, die erst nach 2030 griffen. Dazu zählt das Amt auch eine Pkw-Maut, die Anreize setzen müsse, Autofahrten zu verkürzen, einzusparen oder durch umweltfreundlichere Verkehrsmittel zu ersetzen. Die Maut solle demnach künftig auch den größten Teil zur Straßenbaufinanzierung beitragen, weil die Elektrifizierung hier für sinkende Steuereinnahmen sorgen werde.

Richtiger Rahmen: Verkehrsrecht und Verkehrsplanung

"Das Straßenverkehrsrecht steht in seiner gegenwärtigen Form einer klimagerechten Mobilität im Weg. Es schränkt die Gestaltungsspielräume der Kommunen stark ein und folgt im Wesentlichen der Prämisse von Ordnung und Flüssigkeit des Verkehrs mit einer starken Priorisierung des motorisierten Individualverkehrs", konstatiert das UBA.

Andere Ziele und Anforderungen, wie der ⁠Klimaschutz⁠, seien nicht eingeplant. Im Straßenverkehrsgesetz und in der Straßenverkehrsordnung (StVO) müsse daher der Klimaschutz als Zielsetzung fest verankert werden. Auch verkehrliche Anordnungen, die Umwelt-, Ressourcen- und Gesundheitsschutz voranbringen und städtebauliche Belange berücksichtigen, müssten möglich werden, fordert das Amt. Kommunen sollten selbst entscheiden können, wie sie die Verkehrssituation vor Ort gestalten und wie sie eine Verkehrswende umsetzen, etwa bei Fahrradstraßen und Parkraumbewirtschaftung.

"Vor allem: Der Flüssigkeit und Leichtigkeit des (Auto-)Verkehrs darf künftig kein höherer Stellenwert mehr zukommen als anderen Zielen, vor allem der Sicherheit von Rad- und Fußverkehr", appelliert das UBA.

Für die Konkretisierung haben die Fachleute ein Kurzpapier "Vorschläge zur Beseitigung von Hemmnissen im Straßenverkehrsrecht" vorgelegt. Auf Bundesebene bedürfe es einer integrierten Planung der Verkehrsinfrastruktur über alle Verkehrsträger hinweg. Die Planung müsse antizipieren, welche Infrastrukturen für mehr Klimaschutz im Verkehr erforderlich seien. Diese würden sich gesichert "erheblich von den bestehenden unterscheiden". Auch zentrale Aspekte wie soziale Verträglichkeit, Umweltschutz und Öffentlichkeitsbeteiligung müssten in die Planung einfließen, fordert die Umweltbehörde. Hierfür sei eine gesetzliche Grundlage erforderlich, die Vorgaben dafür enthalte, wie sich Personen- und Güterverkehr entwickeln sollen. Nicht zuletzt plädiert das UBA für die personelle Unterfüttertung:

"Eine Verkehrswende benötigt ausreichend viele und ausreichend qualifizierte Fachkräfte. Auch hier herrscht derzeit großer Handlungsbedarf", befindet das Amt.

Was bedeutet das?

Ein entschiedenes "sowohl als auch" schallt da aus Dessau nach Berlin und adressiert deutlich auf die Ampel-Verhandler, die in Teilen der SPD und vor allem bei der FDP offenbar noch der Ansicht sind, sie hätten in Sachen Verkehrs- und Klimawende die Wahl, welche Maßnahmen sie ergreifen wollen.  Klar wird aus dem detaillierten UBA-Gesamtplan zur Verkehrswende: Es braucht nicht "entweder oder", sondern ein ganzes Bündel aus Maßnahmen auf allen Feldern, um die Klimaziele im Sektor noch zu erreichen. Allem voran einen entschlossenen CO2-Preis, der die wahren Kosten abbildet. Tempolimit sowieso, schärfere Grenzwerte, Bonus-Malus, Abbau der fossilfördernden Subventionen, Pkw-Maut auch langfristig undsoweiterundsofort.

Das Papier des UBA liest sich wie eine gespiegelte Aufzählung der Versäumnisse der vergangenen Jahrzehnte: Das ist alles NICHT passiert. Oder frei nach Rudi Carell: Das wäre Ihr Job gewesen! Eine schallende Ohrfeige für die kommissarisch amtierende Regierung.

Zu lange haben die auto- und straßenfixierten CSU-Verkehrsminister - Ramsauer, Dobrindt, Scheuer - die Zügel schleifen lassen, jetzt muss die nächste Regierung undankbarerweise die Scherben einer heillos zukunftsvergessenen Politik zusammenkehren - und die Weichen komplett neu stellen. Mehr als medienwirksame kosmetische Maßnahmen oder noch solitär dastehende einzelne Ansätze sind bisher nicht passiert. Jetzt pressiert es dafür umso mehr. Zu beneiden sind die Ampel-Koalitionäre für diese Erbschaft nicht. Antreten müssen sie sie trotzdem. Denn es bleibt keine andere Wahl.

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