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UBA: Bonus-Malus und Abbau fossiler Subventionen besser als E-Auto-Prämie

Die E-Auto-Prämie ist abrupt Geschichte. Und auch wenn das Ende chaotisch lief und ein sanfterer Übergang wünschenswert gewesen wäre, es gäbe längst bessere Alternativen: Wie etwa das Bonus-Malus-System auf den Neukauf, eine E-Auto-Quote oder den Abbau fossiler Subventionen wie Diesel- und Dienstwagen, Kerosinprivileg. Das hatte das UBA längst aufgelistet. Man müsste es nur lesen ...

Kleiner ist feiner: Ein Bonus-Malus-System könnte fürs Klima schneller wirken als jede E-Auto-Prämie. | Foto: SFS
Kleiner ist feiner: Ein Bonus-Malus-System könnte fürs Klima schneller wirken als jede E-Auto-Prämie. | Foto: SFS
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Johannes Reichel

Das Ende der seit 2016 bestehenden Förderung für den Kauf von Elektroautos verlief zwar äußerst abrupt und jenseits aller Plan- und Verlässlichkeit. Dennoch ist die Streichung der sozial ziemlich unausgewogenen Regelung, wie ihn auch der gewerkschaftsnahe Autoclub ACE kritisierte ("Bonus für Besserverdiener"), nur eine Frage der Zeit gewesen. Denn die Technologie ist ausgereift und die Hersteller keine Start-ups, sondern überaus solvente Konzerne, wie man an der spontanen Übernahme der Prämie durch zahlreiche Marktteilnehmer sieht. Wenn schon, dann hätte man über eine Förderung speziell preiswerterer E-Autos und von Elektro-Dienstwagen statt der allgemeinen Dienstwagenregelung nachdenken können.

Doch nach Lage der Dinge, traut sich die Ampel-Regierung nicht an die heißen Eisen heran: Sogar die sinnvolle Kerosinsteuer auf innerdeutsche Flüge wurde wieder kassiert zugunsten einer weniger zielgerichteten Luftverkehrsabgabe. Statt die Dieselsubvention generell zu streichen, plant man, nur den Agrardieselzuschuss zu tilgen, der die im Vergleich zu Dienstwagen- und Dieselfahrern vermeintlich schwächere Gruppe der Bauern trifft, denen zudem künftig die Kfz-Steuer aufgebrummt werden soll. Dienstwagenprivileg oder Pendlerpauschale bleiben unangetastet. Ingesamt fehlt, das zeigt die aktuelle und kleinteilige Debatte, nach wie das "big picture" in der Förder- und Steuerpolitik, eine stringente Strategie der Regierung für die klimagerechte Ausrichtung des Verkehrssektors.

Lösungen liegen längst vor

Eine solche hatte das Umweltbundesamt längst vorgelegt, nebst besseren Vorschlägen als die solitäre und unpräzise E-Auto-Prämie, die die Bundesregierung vielleicht auch einmal lesen sollte. Das Amt konstatierte bereits im März 2023, dass es, um den Verkehr in Deutschland auf Klimakurs zu bringen und die Ziele für die Emissionen des Sektors einzuhalten, verschiedener Hebel gleichzeitig bedürfe. Die notwendigen Maßnahmen sortierte das Amt akribisch in acht zentrale Bausteine, die ordnungsrechtliche, ökonomische sowie infrastrukturelle Instrumente enthalten. Jeder einzelne Baustein ist für einen klimaverträglichen Verkehr unverzichtbar, dessen konkrete Ausgestaltung aber ist flexibel, verwies das Amt im März.

Bonus-Malus-System ist zielgerichteter

Zu den wichtigsten Instrumenten, die wohl deutlich direktere und gezielter wirken würden, zählt auch ein Bonus-Malus-System, wie es andere Länder wie die Niederlande, skandinavische Länder oder Frankreich seit Jahren praktizieren. Die Luxus-Steuer wird auf große und schwere Wagen fällig, in Frankreich zahlt man für Fahrzeuge mit einem CO2-Ausstoß über 200 g/km etwa in Frankreich einmalig 14.500 Euro beim Kauf. Zugleich entlastet die Macron-Regierung ab nächstem Jahr die Käufer von E-Autos, wobei die Prämie dort auch den CO2-Ausstoß in der Produktion berücksichtigt. Dadurch fallen chinesische Anbieter wegen des hohen Kohlestrom-Anteils zurück, die deutschen Anbieter haben sich dagegen bereits qualifiziert. Zudem startete jüngst ein Sozial-Leasing für E-Autos ab 54 Euro pro Monat, das auch weniger betuchten Menschen den Zugang zu E-Mobilität ermöglichen soll, sofern sie sich überhaupt den Unterhalt eines Autos leisten können.

Das UBA schlug ein Bonus-Malus-System für neuzugelassene Pkw vor, das den Kauf klimaschonender Pkw mit geringen CO2-Emissionen durch einen Bonus fördert und zugleich den Kauf besonders hoch emittierender Pkw durch einen Malus sanktioniert.

"Bei richtiger Ausgestaltung entsteht ein System, bei dem Käufer von klimaschädlicheren Pkw den Kauf klimafreundlicher Modelle finanzieren, ohne dass Steuergelder dafür ausgegeben werden müssen", zeigt sich das Amt überzeugt.

 

Die Alternative zu deutlich nachgeschärften CO2-Flottenzielwerten brachte das UBA zudem eine nationale E-Quote ins Spiel. Diese Quote von Elektrofahrzeugen an neuzugelassenen Pkw und LNF müsste bei 40 Prozent im Jahr 2025 und bei 85 Prozent im Jahr 2030 liegen. Die Quote müsse zudem in den Zwischenjahren Schritt für Schritt ansteigen, um ähnlich hohe Emissionseinsparungen wie ambitionierte Flottenzielwerte zu bewirken. Im EU-Recht sollte eine Möglichkeit zur Einführung nationaler E-Quoten verankert werden, forderte das Amt weiter.

"Der Abbau klimaschädlicher Subventionen ist zentral für das Erreichen von Klimaschutzzielen. Dieselprivileg, Dienstwagenbesteuerung, Entfernungspauschale und Subventionen für den Luftverkehr sind nicht nur umwelt- und klimaschädlich, sondern kosten den Staat viel Geld und haben häufig negative soziale Verteilungswirkungen. Ohne klimaschädliche Subventionen erhöht sich die Wettbewerbsfähigkeit umweltfreundlicher Verkehrsträger, so dass deren Anteil am gesamten ⁠Verkehrsaufkommen⁠ wächst", mahnte das Amt im März.

    Als plakatives Beispiel führte man das Dieselprivileg an. Werde die Subvention von Dieselkraftstoff abgeschafft, rechnee sich der Kauf und die Nutzung eines E-Auto schneller im Vergleich zu einem Diesel-Pkw. Darüber hinaus setzt die Abschaffung von Subventionen Anreize zu Verkehrsvermeidung.

    "Der dadurch erhöhte finanzielle Spielraum für den Staat sollte für den Ausbau von Bus und Bahn und zur Abfederung sozialer Härten (v. a. bei der Entfernungspauschale) genutzt werden", appellierte das UBA.

    Zum Abbau klimaschädlicher Subventionen schlägt die Behörde vor:

    • Die Energiesteuer für Diesel soll ab 2023 schrittweise auf das Niveau der Energiesteuer von Benzin (bemessen am Energiegehalt) angehoben werden, damit entfällt das Dieselprivileg von heute 18,4 Cent pro Liter Diesel.
    • Die Subventionierung von Dienstwagen soll ab 2022 schrittweise abgebaut werden, um Steuerneutralität herbeizuführen (UBA-Kurzpapier "Dienstwagenbesteuerung"). Kosten für private Fahrten mit dem Dienstwagen trägt der Fahrer/die Fahrerin selbst.
    • Die Entfernungspauschale wird 2027 abgeschafft (UBA-Kurzpapier "Umgestaltung der Entfernungspauschale"). Um soziale Härten abzufedern, sollen Wegekosten in Härtefällen bei der Einkommenssteuer berücksichtigt werden. Je eher die Entfernungspauschale abgeschafft wird und je früher dies gesetzlich beschlossen wird, desto größer ist ihr Beitrag für das Erreichen der Klimaschutzziele, da sich die Wirkung erst mit der Zeit einstellt.
    • Umweltschädliche Subventionen für den Luftverkehr werden parallel zur Weiterentwicklung ökonomischer Instrumente (z. B. Emissionshandel) zeitnah abgebaut. Das betrifft vor allem die Energiesteuerbefreiung von Kerosin, die Mehrwertsteuerbefreiung für internationale Flüge und die Subventionierung von Regionalflughäfen.

    Der Baustein 3 „Ende von klimaschädlichen Subventionen“ habe in Summe ein ⁠Treibhausgas⁠-Minderungspotenzial im Jahr 2030 von 5 bis 6 Mio. Tonnen CO2-Äq, rechnete das UBA vor.

    Verursacherprinzip durchsetzen: Wer schadet, der zahlt

    Zudem brachte man eine strikte Orientierung am Verursacherprinzip in Vorschlag: Wer einen Schaden verursacht, zahlt. Eine verursachergerechte Bepreisung von Klimaschäden ist im Verkehr ein Narrativ mit großem Potenzial für ⁠Klimaschutz⁠. Starke Wirkung entfaltet ein kontinuierlicher und planbar ansteigender CO2-Preis. Kosten von Verkehr seien mit entscheidend für die Verkehrsmittelwahl. Daher enthalten auch andere Bausteine Bepreisungsinstrumente, etwa der Abbau klimaschädlicher Subventionen, das Bonus-Malus-System oder die Lkw-Maut. Konkret schlägt das ⁠UBA⁠ vor:

    • Für den CO2-Preis sollten ab dem Jahr 2023 die aktuellen Fixpreise des BEHG mindestens verdoppelt werden (2023: 70 statt 35 Euro/t CO2, 2024: 90 statt 45 Euro/t CO2, 2025: 110 statt 55 Euro/t CO2). Der Preiskorridor für 2026 würde bei 110 bis 130 Euro/t CO2 liegen, im Jahr 2030 sollte dann ein CO2-Preis von mindestens 200 bis 250 Euro/t erreicht werden (nominal). Die zusätzlichen Einnahmen werden genutzt, um die CO2-Bepreisung sozialverträglich zu flankieren und gleichzeitig klimaverträgliche Antriebstechnologien zu fördern. Sinnvoll wären ergänzend die zusätzliche Förderung von Klimaschutzmaßnahmen im Verkehr und die Einführung einer Pro-Kopf-Klimaprämie an private Haushalte. Kontraproduktiv ist dagegen eine Erhöhung der Entfernungspauschale für Pendler*innen, da sie zu negativen ⁠Klima⁠- und Verteilungswirkungen führt.
    • Im Jahr 2030 sollte auf allen Straßen eine Pkw-Maut eingeführt werden. Ein Vorhaben im Auftrag des UBA schlägt einen Startpreis von 1 Cent/km vor. Dieser Mautsatz steigt bis 2033 auf 4,3 Cent/km, was eine vollständige Nutzerfinanzierung der Straßeninfrastruktur sicherstellt. Bis 2035 werden zudem externe Umweltkosten für Luftschadstoffe, Lärm, sowie Natur und Landschaft vollständig internalisiert. Der Mautsatz liegt dann bei 6,5 Cent/km. CO2 wird weiter über den Emissionshandel eingepreist.
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