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TUM-Studie: Auto verursacht 80 Prozent der externen Kosten

Mit dem Mythos der "Mobilität ohne Kosten" aufräumen, das will eine neue Studie der TU München. Das Auto kommt dabei ganz schlecht weg: Beim Beispiel München verursacht es 80 Prozent der externen Kosten. Auch elektrisch wird's kaum besser. Wirklich wirksam wäre der Umstieg auf ÖPNV und aktive Mobilität.

Externe Kosten werden vernachlässigt: Abgase, Lärm und CO2 - das Auto hat eine verheerende Umweltbilanz und verursacht mit Abstand die höchsten Kosten für die Gemeinschaft. Im Bild: Stau auf dem Mittleren Ring in München, die Landshuter Allee ist eine der abgasträchtigsten Trassen in Deutschland. Auch E-Autos bringen hier kaum Vorteile. | Foto: J. Reichel
Externe Kosten werden vernachlässigt: Abgase, Lärm und CO2 - das Auto hat eine verheerende Umweltbilanz und verursacht mit Abstand die höchsten Kosten für die Gemeinschaft. Im Bild: Stau auf dem Mittleren Ring in München, die Landshuter Allee ist eine der abgasträchtigsten Trassen in Deutschland. Auch E-Autos bringen hier kaum Vorteile. | Foto: J. Reichel
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Johannes Reichel

Eine neue Studie des Zukunftsclusters MCube an der Technischen Universität München hat die externen Kosten im Verkehr am Beispiel der Landeshauptstadt München berechnet und kommt zum Schluss, dass der Autoverkehr in Summe für 80 Prozent dieser Kosten verantwortlich ist. Der Titel ist dabei Programm und zugleich eine Ansage an die Politik: „Ending the myth of mobility at zero costs: An external cost analysis“. Man wolle mit den Mythen aufräumen, Mobilität im aktuellen Stil und Umfang sei ohne größere Kosten zu haben.

"Jeder gefahrene Kilometer mit dem Auto kostet die Gesellschaft mehr als doppelt so viel wie ein gefahrener Kilometer mit dem ÖPNV. Das bedeutet, der Ausbau aktiver Mobilität sowie des ÖPNV in Deutschland schont nicht nur das Klima, es entlastet unser aller Portemonnaie", appellierte TU Mobilitätsexperte und Autor Daniel Schröder.

Obwohl bekannt sei, dass die externen Kosten des Verkehrs beträchtlich sind, seien ihre Schätzungen unsicher, insbesondere wenn man die Verkehrsträger vergleicht. In diesem Papier werde ein umfassender Ansatz zur Bewertung der externen Kosten verschiedener Verkehrsträger vorgestellt, einschließlich des öffentlichen Verkehrs, des motorisierten Individualverkehrs, der Sharing-Dienste und der aktiven Mobilität. Die Methodik decke auch mehrere externe Kostenkategorien ab, nämlich Luftverschmutzung, Klima, Lärm, Flächennutzung, Staus, Unfälle und Barrierekosten sowie den gesundheitlichen Nutzen der aktiven Mobilität, skizzieren die Autoren. Die Stadt München, Deutschland, dient als Fallstudie zur Berechnung der gesamten externen Kosten des Verkehrs pro Jahr. Darüber hinaus ermöglicht der entwickelte Ansatz die Bewertung von verkehrspolitischen Szenarien, um die Auswirkungen von Veränderungen im Mobilitätssystem, wie z.B. Verkehrsverlagerungen oder Elektrifizierung, zu untersuchen.

"In München verursachen Diesel- und Benzinfahrzeuge fast 80 Prozent aller externen Kosten. Eine Erhöhung des aktiven Mobilitätsanteils ist im Hinblick auf die Senkung der externen Kosten vorteilhafter als eine Erhöhung des Anteils des öffentlichen Verkehrs oder der Elektrifizierungsrate", fordert Schröder.

Die Debatte zur Zukunft der Mobilität sei immer auch eine Frage der Kosten, meint Schröder in einem Beitrag für den Tagesspiegel im Hinblick auf die Debatten um Neun-Euro- oder 49-Euro-Ticket, Spritbreisbremse oder nun der Koalitionsstreit um Autobahn- und Schienenausbau. Die eigentlichen Gesamtkosten für Mobilität – nicht nur die individuellen Kaufpreise für Bürger oder die Investitionshöhe für Infrastruktur für den Staat – seien dabei bislang kaum bekannt. Dabei verglich man alle Verkehrsmittel im urbanen München hinsichtlich ihrer sogenannten internen und externen Kosten.

Externe Kosten: Irgendwer wird schon zahlen. Wir alle!

Interne Kosten sind vom Nutzer direkt oder indirekt bezahlt, etwa für den öffentlichen Nahverkehr oder Sharing-Dienste oder Kosten für die Nutzung eines privaten Autos oder Fahrrads. Prinzip hierbei: „Caused by user, payed by user“.  Externe Kosten entstünden durch Konsum eines Produkts, hier Mobilität, die Kosten bei anderen Personen verursacht, die der Preis nicht abdeckt. Prinzip: „Caused by user, payed by others“. Dazu zählen etwa die die Bereitstellung. Die umfassende Methodik sei im Prinzip auf jeden urbanen Raum der Welt anwendbar. Man habe erste Ergebnisse auf einer umfangreichen Datenbasis aus dem Cluster für den urbanen Raum München dargestellt. Die externen Kosten setzen sich dabei aus verschiedenen Bestandteilen zusammen, die Kosten in der Gesellschaft verursachen:

  • Luftschadstoffe durch lokale Emissionen wie NOx oder Kohlenstoffpartikel verursachen sowohl Kosten durch gesundheitlichen Schaden in der Bevölkerung, als auch nicht-gesundheitliche Schäden wie Ernteverluste, Sachschaden oder Biodiversitätsverlust. 
  • Klimakosten, hervorgerufen durch Treibhausgase wie CO2, entstehen durch den Schaden ausgelöst durch den Klimawandel. Lärmkosten berücksichtigen zum einen gesundheitliche Beeinträchtigungen durch mentalen Stress für Anwohner, aber auch Verluste durch reduzierte Produktivität in anliegenden Bürogebäuden. 
  • Flächennutzungskosten beinhalten die Kosten für Infrastruktur des fließenden (Schiene und Straße) und stehenden Verkehrs (Parkplätze) sowie Opportunitätskosten der verbrauchten Flächen.
  • Staukosten entstehen durch den Wert der verlorenen Zeit im Stau oder beim ÖPNV durch Verspätungen. 
  • Unfallkosten setzen sich wiederum aus verschiedenen Bestandteilen zusammen. Dazu gehören die direkten Kosten wie der medizinischen Behandlung der Verletzten und dem Krankentransport, als auch die indirekten Kosten zur generellen Bereitstellung der Notdienste. Sie sind vor allem bei Rad und E-Scootern auffallend hoch wegen vieler schwerer Verletzungen.

Autos verursachen 80 Prozent der Kosten

Auf Autos entfallen 80 Prozent aller externen Kosten, so die klare Bilanz. Die Bestandteile seien unterschiedlich stark für die einzelnen Verkehrsmittel ausgeprägt. So dominierten beim Pkw die Klimakosten, Staukosten und Flächennutzungskosten, bei den aktiven Verkehrsmitteln (Fahrrad, Fußgänger) die hohen Unfallkosten als Hauptkostentreiber, beim ÖPNV - wenig verwunderlich - Verspätungen und Kosten für die Infrastruktur. Ausgehend von dieser Erkenntnis stellen die Forscher Leitfragen: Wo liegen nun aber für die Gesellschaft die größten Einsparpotenziale? Ist der ÖPNV tatsächlich chronisch defizitär und der Individualverkehr Ausdruck des freien Marktes? In München verursachten Benzin- und Diesel-Autos fast 80 Prozent aller externen Mobilitäts-Kosten, die nicht die Besitzer, sondern die gesamte Gesellschaft tragen. Die restlichen 20 Prozent der Kosten entstehen durch Fahrräder, Busse, Fußgänger, Elektroroller und weitere gemeinsam. Klarer Schluss:

"Durch die einfache Umstellung auf Elektroautos spart die Gesellschaft beim aktuellen Strommix lediglich elf Prozent an externen Kosten pro Personenkilometer ein. Ein Wechsel zum Fahrrad schafft hingegen 58 Prozent Einsparungen und beim Wechsel auf die U-Bahn sind es sogar 75 Prozent", so die Bilanz. 

E-Autos machen die Sache kaum besser ...

Ein Benziner-Auto koste die Gesellschaft 100 Euro für die Fahrt einer bestimmte, ein E-Auto ist mit 89 Euro kaum besser, ein Fahrrad schlägt mit 42 Euro und eine U-Bahn mit nur 25 Euro zu Buche. Der Umstieg vom Auto aufs Fahrrad oder auf den ÖPNV spare damit nicht nur direkt im eigenen Geldbeutel, sondern reduziere auch den CO2-Ausstoß, vermeidet Flächenverbrauch, und senke die Gesundheitskosten."All das sind nicht nur abstrakte gesamtgesellschaftliche Faktoren, sondern real entstehende Kosten für jeden von uns", appelliert Schröder weiter. Die Daten sollen der Politik helfen, Entscheidungen zu treffen.

"Schaut man sich den aktuellen Koalitionsstreit zum Ausbau der Schiene und von Autobahnen an, bringt hier ein Blick auf die tatsächlichen Kosten mehr Objektivität in die Diskussion", emphielt der TU-Forscher.

Im Summe zeige sich, dass jedes Mobilitätsverhalten viel höhere Kosten verursacht, als bislang bekannt, Kosten, die dem Steuerzahler und der Steuerzahlerin völlig unbewusst auferlegt werden, moniert der Mobilitätsexpert. Zweitens zeigten sich große Unterschiede der tatsächlichen Kosten zwischen den einzelnen Mobilitätsoptionen. 

"Oberstes Ziel einer zukunftsorientierten, nachhaltigen, umweltfreundlichen, ressourceneffizienten und sozialeren Verkehrspolitik sollte eine nutzungsabhängige Anlastung der Kosten nach dem Verursacherprinzip sein. Ein wesentliches Element ist die Internalisierung der externen Kosten, da externe Kosten von den Verbrauchern bei wirtschaftlichen Entscheidungen typischerweise nicht berücksichtigt werden. Auf der anderen Seite muss die Subventionierung von Verkehrsträgern mit hohen externen Kosten beseitigt werden", heißt es in den Schlussfolgerungen des Papiers.

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