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TÜV Rheinland und Twaice entwickeln Akku-Check für E-Autos

Gebrauchte Elektroautos per Battery Quick Check prüfen: Mit dem Akku-Analyse-Spezialisten Twaice entwickelt TÜV Rheinland ein Angebot zur unabhängigen Bewertung von Traktionsbatterien, inklusive Zertifikat. Der Dienst soll ab Herbst bereit stehen.

Wie geht's den Zellen? Der TÜV Rheinland und Analyse-Spezialist Twaice entwickeln einen Service zur Bewertung gebrauchter E-Auto-Akkus. | Foto: Twaice
Wie geht's den Zellen? Der TÜV Rheinland und Analyse-Spezialist Twaice entwickeln einen Service zur Bewertung gebrauchter E-Auto-Akkus. | Foto: Twaice
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Redaktion (allg.)
von Johannes Reichel

Auch der TÜV Rheinland treibt die Transformation seines Prüfgeschäfts voran und hat jetzt mit dem Akku-Analyse-Spezialisten Twaice die Entwicklung für einen neuen Service zur Bewertung von Traktionsbatterien gestartet. Die Tochter Battery Quick Check GmbH soll eine gleichnamige Dienstleistung realisieren, mit der sich Traktionsbatterien zuverlässig bewerten lassen. „Derzeit gibt es keine marktreife Dienstleistung für Geschäftskunden, um gebrauchte Traktionsbatterien – die teuerste Einzelkomponente des Elektrofahrzeugs – herstellerübergreifend und unabhängig zu bewerten“, meint Matthias Schubert, als Executive Vice President Mobility weltweit für das Mobilitätsgeschäft von TÜV Rheinland verantwortlich. Vor kurzem hatte allerdings der Wettbewerber GTÜ gemeinsam mit dem österreichischen Batteriediagnosespezialisten Aviloo einen ähnlichen Dienst gestartet, bei dem allerdings eine Prüfung während der Fahrt mittels eines vom Nutzer an der OBD zu installierenden Dongle vorgenommen wird.

Im Stand und während des Ladens

Das soll bei dem neuen Angebot anders sein. Geprüft wird im Stand, während des Ladeprozesses, weitgehend automatisiert und mit externer Hardware, sodass am Fahrzeug etwa auch andere Serviceleistungen vorgenommen werden können. Gemeinsam mit dem Technologiepartner Twaice wolle man in den kommenden Monaten das führende Unternehmen zur unabhängigen Bewertung gebrauchter Traktionsbatterien aufbauen. Das Münchener Unternehmen bietet spezielle Analytiksoftware, die sowohl die Entwicklung als auch den Betrieb von Lithium-Ionen-Batterien optimiert. Die neue Dienstleistung des Battery Quick Check ist ab Herbst 2022 verfügbar beispielsweise für Autohäuser, Werkstattketten, Logistiker, Versicherungen, Leasinggesellschaften oder das Fuhrparkmanagement von Unternehmen. Privatkunden können über ihre Autohäuser oder Werkstatt die Dienstleistung in Anspruch nehmen. Die Leistung umfasst einen detaillierten Report über den Zustand der Batterie (State of Health, SoH), der von TÜV Rheinland zertifiziert ist. Der Sitz der Battery Quick Check GmbH ist Köln.

„Wir sind der festen Überzeugung, dass alle Marktteilnehmer davon profitieren, wenn es mehr Transparenz über die Batterielebensdauer von Elektrofahrzeugen gibt. Denn das sorgt für mehr Vertrauen“, glaubt Stephan Rohr, Gründungspartner und einer der Geschäftsführer von Twaice.

Man habe in den vergangenen Jahren umfassendes Wissen und das technische Know-how dazu aufgebaut, wie sich der tatsächliche Zustand von Traktionsbatterien schnell und zuverlässig ermitteln lässt, wirbt Rohr. Nun bringe man die nach seinem Dafürhalten dringend notwendige Transparenz in den Markt für gebrauchte Elektrofahrzeuge. Er verweist auf eine Marktumfrage vom September 2020, nach der mehr als 90 Prozent der Nutzerinnen und Nutzer von Elektrofahrzeugen eine unabhängige Batteriebewertung fordern, bevor sie sich für den Kauf eines gebrauchten Elektrofahrzeugs entscheiden.

Auf Basis der On-Board-Diagnose will man ein System entwickeln

Für den Battery Quick Check nutzen die Kooperationspartner das On-Bord-Diagnose-System (OBD) mit der OBD2-Schnittstelle eines Fahrzeugs. Werkstattpersonal liest über die Schnittstelle in ungefähr 60 Minuten alle relevanten Daten aus. Diese werden dann mithilfe der Batterieanalytik verarbeitet, die die Münchner entwickeln. Anschließend entsteht daraus ein von TÜV Rheinland zertifizierter, unabhängiger Zustandsreport zur Traktionsbatterie. Dieser soll die individuelle Alterung berücksichtigen, unabhängig von Algorithmen des Fahrzeugherstellers, die Nennkapazitäten oder das kalendarische Alter hinaus.

Die Alterung hat man im eigenen "Gasfuß"

Die Alterung der Batterie hänge von vielen Faktoren ab, etwa wie häufig Schnellladen genutzt wird, wie der Fahrstil ist oder wie häufig auf 100 Prozent geladen werde, erklärt ein Twaice-Experte dazu. Beim Fahrverhalten führe ein sportlich-aggressiver Fahrstil mit starker Beschleunigung beim Anfahren und seltenem regenerativen Bremsen zu einer höheren Belastung für die Batterie. Beim Ladevorgang werde durch häufige Nutzung von Schnelllade­möglichkeiten die Batterie ebenfalls stärker beansprucht. Hingegen sei ein vorausschauender Fahrstil schonend für die Batteriealterung – etwa, indem die spätere optimale Ladeart bereits mit eingeplant wird. 

Auch kalendarisch altern Akkus unterschiedlich

In der kalendarischen Alterung beeinflussen verschiedene Faktoren wie Temperatur und Ladezustand den Alterungsprozess, wie die Spezialisten beschreiben. So liege die „Wohlfühltemperatur“ einer Lithiumzelle bei etwa 20 Grad Celsius. Werde die Zelle dauerhaft bei beispielsweise 30 Grad Celsius gelagert, altere sie rund doppelt so schnell wie bei 20 Grad Celsius. Ebenfalls Einfluss auf die kalendarische Alterung hat der Ladezustand: Ideal sind hier rund 50 Prozent der Maximalkapazität. Sowohl eine dauerhafte Lagerung im maximalen Ladezustand als auch eine Lagerung bei 0 Prozent Ladezustand führen zu einer verkürzten Lebensdauer. Auf Basis all der Daten ist auch eine Lebensdauerprognose über die zu erwartende Laufleistung des Akkus mittelfristig angepeilt.

"Zwar liefern Elektrofahrzeuge selbst Informationen zum Batteriezustand. Jedoch zeigt die Praxis, dass der vom Managementsystem der Batterie gelieferte „State of Health“ häufig stark von der Wirklichkeit abweicht. Entsprechend sind Prognosen über die weitere Lebensdauer und Leistungsfähigkeit einer Traktionsbatterie auf dieser Grundlage oft ungenau", begründen die Anbieter den Schritt. 

Wie hoch die jeweilige Restkapazität tatsächlich sei, lasse sich nach Überzeugung der Partner ohne eine herstellerunabhängige Diagnose der Traktionsbatterien von Elektrofahrzeugen nicht zuverlässig bestimmen.

Erwartetes Marktvolumen steigt sehr dynamisch an

Der zertifizierte Battery Quick Check könne damit in die Gesamtbewertung eines gebrauchten Elektrofahrzeugs einfließen, wie sie die Fachleute von TÜV Rheinland im Geschäftsfeld Autoservices & Gutachten vornehmen. Eine unabhängige Bewertung des ‚State of Health‘ der Traktionsbatterie sei zentral, um den Marktpreis für ein gebrauchtes Elektrofahrzeug zu ermitteln, meint Matthias Schubert. Geplant ist, die neue Leistung ab Herbst 2022 im deutschen Markt einzuführen, schon zum Beginn mit einer zweistelligen Anzahl an Fahrzeugmodellen, die kontinuierlich wachsen soll. Auch Tesla-Modelle, die ohne OBD-Schnittstelle auskommen, sollen für den Service in Frage kommen. Hier nutze man andere Wege der Analyse, heißt es von Seiten Twaice. Der Rollout in weiteren europäischen Märkten ist dann für 2023 avisiert. Der Preis für den Service steht noch nicht fest. Allein für Deutschland rechnen die Partner damit, dass es bereits im Jahr 2023 einen Bedarf für rund 150.000 Bewertungen von Traktionsbatterien für Elektrofahrzeuge gibt.

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