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Toyota Mirai: Toyotas zweiter Pionier

Auf der „Zero Emission Tour“ lud Toyota in den Energiepark Mainz, eine der größten Wasserstofferzeugungsanlagen in Europa und verriet einige Hintergründe zum Thema Brennstoffzelle.

Im Energiepark Mainz gab Toyota einen Einblick in die Erzeugung des Wasserstoffes. | Foto: G. Soller
Im Energiepark Mainz gab Toyota einen Einblick in die Erzeugung des Wasserstoffes. | Foto: G. Soller
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Gregor Soller

Mittlerweile ist der Mirai gut 10.000 Mal produziert worden und als hätte Toyota Deutschland es vorausgesehen, wurde ein Workshop zum Thema Brennstoffzelle aufgesetzt, der es inhaltlich in sich hatte: Denn so einfach sich der Mirai fährt, so komplex ist das Gesamtsystem mit der Brennstoffzellentechnik und der Wasserstofferzeugung.

Erstere ist extrem aufwändig und erfolgt immer noch weitestgehend in Handarbeit und letztere lässt sich nicht so ganz ohne Wirkungsgradverluste und wirklich grün darstellen. Trotzdem hat das Thema Zukunft, wenn auch primär bei schweren Fahrzeugen, wo es um Nutzlast und Leergewichte geht. Auch hier hat schon der Mirai Vorteile: Sein kompletter Antriebsstrang mit Tanks wiegt laut Produktmanager Widger Falk rund 250 Kilogramm und damit weniger als ein Verbrennerantriebsstrang. Explodieren oder Abbrennen kann das Auto auch nicht, da es an den neuralgischen Stellen tatsächlich entsprechende Sensoren verfügt, die den Mirai ab einer Wasserstoffkonzentration von 1,6 Prozent abschalten (explosiv wären vier Prozent), außerdem hat Toyota Zerstörungsversuche mittels anzünden gefahren: Der Verbrenner fing irgendwann Feuer und brannte lichterloh aus, beim Brennstoffzellentestwagen schoss eine Wasserstoffflamme aus dem Tank und es war still. Außerdem wurden die Tanks, die Toyota übrigens mit einer eigenen Webstuhl-Wickeltechnik (Webstühle waren der Ursprung des Unternehmens) aus Kohle- und Glasfaser selbst herstellt mit Kaliber 50 beschossen – der Tank hielt! Immerhin muss er beim Tanken bis zu 100 Grad Temperartunterschied abkönnen! Getankt wird mit minus 40 Grad, die Endtemperatur beträgt dagegen bis zu plus 60 Grad. Auch einen schweren Auffahrunfall am Heck hat ein Mirai in Deutschland mittlerweile überstanden: Das Heck hat laut Falk zwar dann nicht mehr existiert, doch die Tanks blieben intakt.

 Also Haken dran – der Mirai fährt sich je nach Fahrweise mit 0,9 bis 1,1 Kilogramm Verbrauch auf 100 Kilometern und das so unauffällig wie die Optik ungewöhnlich ist. Und: Toyota plant schon den Nachfolger, der ab 2021 nach Deutschland kommen soll – wieder als Limousine unter dem Namen Mirai, dann aber in höherer Stückzahl: Statt 3.000 sollen dann 30.000 Einheiten pro Jahr gebaut werden! Womit über die Laufzeit dann sechsstellige Stückzahlen zu erwarten sind.

Schwieriger ist nach wie vor die Erzeugung von Wasserstoff, wie man an einer „großen“ Pilotanalage in Mainz sieht, welche die dortigen Stadtwerke mit Linde zusammen betreiben. Hier hat man per se schon mal einen Wirkungsgradverlust von rund 30 Prozent, um das aufwändig gereinigte Wasser aufzuspalten. Wird der Wasserstoff dann noch in Sattelauflieger gefüllt und mit Diesel zur Tankstelle gefahren, sackt die Effizienz des Brennstoffes noch weiter ab. Zumal der schwere Tanksattelzug zwar sehr viel Volumen, aber nur rund 350 Kilogramm Nutzlast transportieren muss! Das könnte man notfalls per Lastenrad erledigen. Auch mit dem Grünstrom zur Erzeugung des Wasserstoffes ist es so eine Sache: Zwar stehen hinter der Mainzer Anlage vier Windräder, doch deren Strom wird dank (Noch-)EEG-Umlage erstmal direkt ins Netz eingespeist. Für die drei „Silyzer“ genannten Elektrolyseanlagen von Siemens und den ionischen Verdichter von Linde wird stattdessen Strom zugekauft, am besten, wenn der extrem billig ist oder die Stadtwerke Mainz-Wiesbaden, die den Stromeinkauf managen, für die Abnahme sogar Geld erhalten. So kann man pro Jahr rund 200 Tonnen Wasserstoff erzeugen und speist einen Teil auch ins Erdgasnetz mit ein, wodurch 3.000 Haushalte mit einem Erdgas-Wasserstoffgemisch versorgt werden. Trotzdem ist die Anlage nach wie vor eher ein Riesenpilot denn eine echte „Großraffinerie“. Trotzdem gehört sie zu den größten Elektrolysezentren weltweit!

Um das Ganz wirklich „grün“ zu bekommen, müsste laut Linde-Betriebsingenieur Martin Neuberger ausschließlich (teurer) grüner Strom verwendet werden, und der Transport wegfallen, heißt im Idealfall: Die Wasserstofftankstelle steht idealerweise direkt neben der Erzeugungsanlage, die ihren Strom wiederum direkt aus alternativen Energien erhält. Außerdem fallen „Nebenprodukte“ wie reiner Sauerstoff und eben viel Abwärme an, die es noch wiederzuverwerten gilt. Zum Beispiel über ein Fernwärmenetz. Insofern sollte Wasserstoff eher dezentral bedarfsgerecht und vor allem grün erzeugt werden, denn erst dann wird seine energetische Gesamtbilanz besser.  

Doch genau hier steigt das Interesse: Denn Bahnstrecken und Busdepots kämen für eine solche Erzeugung in Frage und Kommunen seien aktuell auch die Treiber der Nachfrage, die auch hier steige. Dabei beobachtet Mirai-Key-Accounter Frank Still immer das gleiche Phänomen: Eröffnet eine Wasserstofftankstelle, führt das neuerdings in der Regel zu einer Bestellung – zumal Toyota den Mirai binnen fünf bis sechs Monaten liefern kann. Und ja, die Nachfrage zieht an – wenn auch auf extrem niedrigem Niveau: 230 Einheiten wurden in Deutschland bisher verkauft, womit die Bundesrepublik nach Japan und Kalifornien drittgrößter Mirai-Markt ist. Und wie sieht es mit der Zuverlässigkeit aus? Still lächelt nur. Die ersten Fahrzeuge haben bei Clever-Shuttle mittlerweile 160.000 bis 170.000 Kilometer gelaufen – problemlos, tendenziell auch mit verglasten statt verschlissenen Bremsbelägen. Wie gesagt, das Auto läuft - mittlerweile 10.000-fach. Doch die Erzeugung des Wasserstoffes erweist sich im Detail dann doch schwieriger als gedacht!

Was bedeutet das?

Für die Autoindustrie dürfte das Problem, Brennstoffzellenfahrzeuge zu produzieren geringer ausfallen als für die Energie- respektive Wasserstofferzeuger. Doch wenn das Thema sich erstmal beim Nutzfahrzeug und auf der Schiene ausbreitet, steigt auch die Nachfrage nach dem Stoff, der aus Wasser gewonnen wird.

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