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Toyota hält am Verbrenner fest - mit Wasserstoff

Toyota steht massiv unter Druck wegen verzögerter Elektrifizierung. Jetzt geht man mit dem in Fachkreisen ob mäßiger Effizienz angezweifelten H2-Verbrennungsmotor in die Offensive. Zugleich wiederholen sich Vorwürfe des Lobbyismus gegen strengere CO2-Vorschriften weltweit.

Kleiner H2-Verbrenner: Keine Brennstoffzelle wie im Mirai, sondern ein Wasserstoffverbrennungsmotor verrichet in einem Yaris-Versuchtträger sportive Dienste. Ob sie so umweltfreundlich und effizient sind, ist fraglich. | Foto: Toyota
Kleiner H2-Verbrenner: Keine Brennstoffzelle wie im Mirai, sondern ein Wasserstoffverbrennungsmotor verrichet in einem Yaris-Versuchtträger sportive Dienste. Ob sie so umweltfreundlich und effizient sind, ist fraglich. | Foto: Toyota
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Johannes Reichel

Wohin beim Hybrid-Pionier Toyota mittelfristig die Reise gehen könnte, zeigen die Japaner jetzt mit einem alternativen Antriebskonzept auf Basis des Toyota GR Yaris. Die Sportversion des Kleinwagens fährt als Studie mit einem experimentellen, wasserstoffbetriebenen Verbrennungsmotor vor. Dadurch sei das Konzeptfahrzeug nahezu emissionsfrei unterwegs, wirbt der Hersteller, der aktuell wegen der verzögerten Elektrifizierung der Antriebe massiv unter Druck steht.

Zudem wiederholten sich Vorwürfe, dass das Unternehmen weltweit die Einführung strengerer Abgas- und CO2-Standards hintertreibe, jüngst stufte der britische Think Tank InfluenceMap Toyota sogar unter die Top-3-Unternehmen weltweit, die am stärksten gegen eine Pariser-Abkommen-konforme Klimapolitik lobbyiieren würden. Unterfüttert wird die Studien mit detaillierten Daten über Geldflüsse und Positionen, die in politischen Gremien bezogen werden. Von den deutschen Unternehmen kommt vor allem BMW (18.) schlecht weg, aber auch Daimler (24.) und Hyundai (25.) aus der Automobilbranche, die als Gruppe strengen Klimaregelungen für den Automobilsektor sehr negativ gegenübersteht", urteilte die Organisation. Allenfalls den globen Toyota-Rivalen Volkswagen sieht der Think Tank in der separaten Analyse der deutschen Autohersteller auf dem Weg von einer gemischten, zu einer immer engagierteren Klimapolitik.

"Toyota Motor hat sich weltweit gegen vorgeschlagene Vorschriften zur Abschaffung von Verbrennungsmotoren zugunsten von Elektrofahrzeugen in den Jahren 2020-21 eingesetzt", so das harsche Urteil über den einstigen Umwelt-Primus. 

Vor diesem Hintergrund vollziehen sich auch die Entwicklungen rund um den Wasserstoffverbrennungsmotor. Während die Brennstoffzellenlimousine Mirai Wasserstoff in elektrische Energie umwandle, diene der Energieträger im GR Yaris als alternativer Kraftstoff für den Verbrenner. Der Wasserstoff selbst, die Hochdrucktanks und der Betankungsprozess seien dabei identisch mit denen der Familienlimousine. Unter der Motorhaube des nun vorgestellten GR Yaris Concept arbeitet der 1,6 Liter große Reihen-Dreizylinder G16E-GTS mit Turboaufladung, der auch im Serienmodell des kleinen Sportwagens zum Einsatz kommt, wo er einen Kraftstoffverbrauch nach WLTP von 8,2 l/100 km oder CO2-Emissionen von 186 g/km aufweist.

Toyota glaubt an den Wasserstoff-Verbrenner

Den Betrieb mit Wasserstoff ermögliche ein modifiziertes Kraftstoff- und Einspritzsystem, erläutert der Anbieter den bisher bei Pkw solitären Ansatz. Wasserstoffbetriebene Verbrennungsmotoren befinden sich bei den Japanern noch in einer frühen, erst 2017 gestarteten Entwicklungs- und Erprobungsphase. Auf dem Weg zur Marktreife testet das Unternehmen die Technologie unter anderem im Motorsport. Ein wasserstoffbetriebener Corolla Sport beispielsweise habe in japanischen Rennserien bereits eine ansprechende Leistung gezeigt – bei nahezu null Auspuffemissionen, zumindest lokal. Im Rahmen der Super Taikyu Serie absolvierte der Rennwagen sogar das anspruchsvolle 24-Stunden-Rennen in Fuji.

„Wir haben den ersten Schritt getan, um unseren wasserstoffbetriebenen Motor konkurrenzfähig zu machen und stetig weiterzuentwickeln. Ich denke, dass die Dinge in zehn Jahren ein wenig anders aussehen werden. Die Menschen blicken zurück und sehen, wie wir diese große Herausforderung angenommen und jeden Moment genossen haben", befindet Akio Toyoda, Präsident der Toyota Motor Corporation.

Neben den positiven Umweltauswirkungen sieht der Hersteller für Wasserstoff gerade auch im Rennsport viele Vorteile. Da er schneller verbrenne als Benzin, führe dies zu einem ausgezeichneten Ansprechverhalten. Gleichzeitig böten die Wasserstoffmotoren – auch durch die entsprechende akustische und sensorische Begleitung – jenen Fahrspaß, der für Verbrenner typisch ist.

Nach eigener Darstellung ambitionierte Klimaziele

Auf dem Weg zur CO2-Neutralität verfolgt Toyota nach eigener Darstellung ehrgeizige Nachhaltigkeitsziele. „Grün“ produzierter Wasserstoff spielt bei den Japanern dabei eine entscheidende Rolle, um die Emissionen zu senken. Die Brennstoffzellentechnologie lasse sich nicht nur im Pkw- und Lkw-Bereich einsetzen, sondern auch im Schiffs-, Bahn- und Flugverkehr sowie für industrielle Zwecke beispielsweise bei Gabelstaplern. Auch mobile Generatoren mit Wasserstoffantrieb verbessern die Umweltbilanz, glaubt man in Fernost. Durch die kontinuierliche Weiterentwicklung und Verbesserung seiner Wasserstoffmotoren-Technologien im Motorsport wolle man eine weitere Alternative und ebnet so den Weg in eine wasserstoffbasierte Gesellschaft.

Was bedeutet das?

Einen Verbrenner nachhaltig betreiben? Das geht längst, nennt sich Bio-CNG und wurde im Pkw leider sträflich vernachlässigt als Brückentechnologie. Nur bei den Trucks schreiben die Biomethan-Antriebe, auch als langstreckentaugliches LNG, derzeit eine Erfolgsgeschichte. Vor dem Hintergrund fragt man sich umso mehr, warum Toyota jetzt noch ein "Fass" aufmacht und nach der im Pkw eher aussichtslosen Brennstoffzellentechnologie, die man wenigstens für Trucks noch verwenden kann, auch noch den Wasserstoff-Verbrenner forciert und das als Zukunftsantrieb sieht. Der Konzern hat zwar jüngst seinen ersten Vollstromer für 2022 avisiert und bei der Nobel-Tochter Lexus war der Kompakt-SUV UX300e der allererste Stromer im Konzern, den man aber eher sporadisch auf den Straßen sieht. Aber so richtig überzeugt scheint man von den BEVs nicht zu sein, eher getrieben. Woran man offenbar wirklich glaubt, ist Wasserstoff, in der Fuel Cell, aber eben jetzt auch als solitäre Lösung H2-Verbrennungsmotor.

Dabei halten Antriebsexperten nicht allzu viel davon: Erstens ist die Erzeugung von H2 enorm energieintensiv und auch nur dann klimafreundlich, wenn dies aus Grünstrom passiert. Aktuell also so gut wie gar nicht, weil blaues H2 aus Erdgas, grauer Wasserstoff gar aus noch schädlicheren fossilen Quellen wie Kohle oder Erdöl generiert wird. Zweitens bleibt die Inneffizienz des Verbrennungsmotors gegenüber einer E-Maschine bestehen, selbst wenn der H2-Motor auf dem Niveau eines sehr guten konventionellen Otto-Verbrenners arbeiten sollte.

Man hat hier also zwei ineffizienze Technologien gekoppelt, während beim Stromer die Energie von der Quelle abgesehen von etwaigen Leitungsverlusten ziemlich straight in die Akkus fließt und dort höchst effizient in Vortrieb verwandelt wird. Keine Frage, wir werden Wasserstoff im Antriebsmix der Zukunft brauchen. Aber als "Champagner" unter den Kraftstoffen - oder in diesem Fall Energieträgern, sicher nicht in Kleinwagen oder schrägen Sonderfahrzeugen wie Buggys. Sondern in Flugzeugen, vielleicht Loks oder Schiffen. Und ansonsten viel dringlicher in der Industrieproduktion, etwa von Stahl. Alles andere wäre Verschwendung. Auch von Zeit.

Seltsam, dass man beim einst so visionären Hybrid-Pionier Toyota so stur am "Geschäftsmodell" Verbrenner festhält, allenfalls hybridisiert, statt alle Energie darauf zu verwenden, die gewaltige Lücke bei batterielektrischen Antrieben nicht noch größer werden zu lassen. Im Jahr 2021 besteht in fast keiner Fahrzeugklasse mehr die Notwendigkeit, einen Verbrenner zu kaufen, der zehn bis fünfzehn Jahre fossile Emissionen verursacht. Selbst Kleinstwagen gibt es heute vollelektrisch, dank großzügiger Förderung auch für jeden erschwinglich. Zudem wächst das Angebot an gebrauchten BEVs. Das wäre mal eine Ansage aus Fernost gewesen: Statt eines Vollformat-SUV bringt Toyota einen preisgünstigen Elektro-Aygo - und zwar schon im nächsten Jahr. In der üppig bestallten Klasse der Elektro-SUV ist der unaussprechliche Bz4X allenfalls "me too".

Das beratungsresistente Festhalten am Verbrenner, den man auch sonst noch munter und unbeirrt weiterentwickeln will, erinnert an die Lernunfähigkeit der Japaner beim Thema Atomkraft, die trotz Fukushima-Katastrophe bis 2030 auf 20 bis 22 Prozent ausgebaut werden soll und als umweltfreundlich gilt. Der Riesen-Konzern muss aufpassen, dass er nicht "Kodaked" wird, wie der Farbfilmpionier beim Aufkommen der Digitalkameras. Irrwege korrigieren, ist keine Schwäche, sondern eine Stärke.

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