Tata Consultancy Services (TCS): Schneller und sparsamer dank digitalem Zwilling
Zum Formel-E-Rennen in Berlin hatten wir die Gelegenheit, ein Interview mit Dr. Kay Müller-Jones zu führen. Er ist Head of Consulting and Services Integration bei Tata Consultancy Services (TCS) und gab uns spannende virtuelle Einblicke und Hintergründe in die Jaguar-Box und ins Serienprogramm der Briten: Zu den bislang entwickelten Anwendungen von TCS gehören unter anderem eine neue Cloud-basierte Plattform für Datenanalysen und Software des Elektro-Rennwagens Jaguar I-TYPE 6; die neue Cloud-Plattform auf Basis von Amazon Web Service (AWS) bietet Jaguar TCS Racing zeitnahen Zugriff auf Daten, die für die Performance auf der Rennstrecke entscheidend sind.
Digitale Zwillinge auf der digitalen Rennstrecke
Das Jaguar TCS Racing Team setzt mithilfe von TCS’ Cloud-Technologie außerdem auf digitale Zwillinge der Rennwagen – diese ermöglichen Simulationen mit zuverlässigen Tests, Analysen und Validierungen, die von der virtuellen Welt in die reale übertragen werden. Die TCS-Anwendungen rund um die Rennstrecke liefern darüber hinaus wertvolle Erkenntnisse dazu, wie Cloud-Computing die Leistung und Konnektivität von Elektrofahrzeugen verbessern kann.
Diese Daten kann man nun auswerten und auf die Serienmodelle übertragen: daraus entstand dann eine Software mit dynamischer Routenplanung, die in Echtzeit auf Veränderungen reagiert, und dadurch das Erlebnis und die Sicherheit der Fahrer und Fußgänger sowie die Fahrzeugleistung verbessert. Noch konkreter war dabei der Reichweitenzuwachs des Jaguar I-Pace: Denn dank der TCS-Software gelang es Jaguar Land Rover bereits, die Reichweite das Jaguar I-Pace zu erhöhen – womit sich eine direkte Übertragung der Erkenntnisse von der Rennstrecke auf die Leistung von Straßenfahrzeugen ergab.
Wir wollten mehr dazu wissen und besuchten das Jaguar-TCS-Racing-Team in Berlin zum E-Prix. Was Software zu leisten vermag, bewiesen Tata Consultancy Services (TCS) und Jaguar am ersten Renntag des FIA-Formel-E-Grand-Prix in Berlin – wo das Team einen Doppelsieg einfuhr. Kurz zuvor sprachen wir mit Dr. Kay Müller-Jones, Head of Consulting and Services Integration TCS, und blickten mit ihm hinter die Kulissen, respektive in die Box.
Herr Müller-Jones, Hardware ist wichtig, aber die Software dürfte künftig noch wichtiger werden?
Müller-Jones: Fakt ist, die Auswertung von Daten beim Rennbetrieb ist wettbewerbsentscheidend, und sie werden immer umfangreicher – und in der IT werden sie quasi zum Leben erweckt. Und das geschieht an der Rennstrecke praktisch in Echtzeit, lässt sich aber natürlich auch auf die Serienfahrzeuge und die Produktion übertragen. Spannend sind bei den Simulationsprogrammen aber die Möglichkeiten, Extremszenarien zu rechnen oder zu simulieren, was auf der Formel-E-Rennstrecke natürlich extrem hilfreich ist.
Wie muss man sich das vorstellen?
Müller-Jones: Ein Teil des Teams sitzt vor Ort, ein anderer Teil in UK. Sie arbeiten mit den Daten im digitalen Zwilling des Rennwagens und können so für das Team notwendige Berechnungen oder Prognosen anstellen. Dabei werden sie von einer KI unterstützt, die die eingehenden Daten analysiert und so den Ingenieuren bei ihrer Entscheidungsfindung hilft. Die Ergebnisse müssen dann auf dem Racetrack binnen Minuten zur Verfügung stehen.
Und im Alltag?
Müller-Jones (lächelt): hätte man etwas mehr Zeit. Denken sie an Themen wie „Predictive Maintenance“ oder das Ausnutzen verfügbarer Akkukapazität…
….die Jaguar beim I-Pace deshalb ja schon einmal erhöht hat?
Müller-Jones: Korrekt. Über das System Cloud-Mensch-Maschine können wir zum Beispiel diverse Entladungszyklen rechnen – auch unter Extrembedingungen – und gewinnen so neue Erkenntnisse, die dann den Nutzern schnellstmöglich zur Verfügung gestellt werden. Künftig werden wir deshalb von „Software-Defined Cars“ sprechen, die über eine erweiterbare Softwareplattform über den ganzen Produktlebenszyklus vernetzt sind und so fortlaufend aktualisiert werden können. So können beispielsweise neue zusätzliche Services angeboten werden, die den Komfort oder Sicherheit erhöhen oder auch die Bedienung für den Nutzer vereinfachen. Womit wir auch zum Thema „KI as a Service“, denn KI-basierte Services werden sicherlich ein zunehmend wichtiger Teil dieses Service-Portfolios sein.
Braucht man da den Menschen überhaupt noch?
Müller-Jones (lacht): Aber sicher! Denn nur der Mensch kann kreative Fragestellungen und Verknüpfungen erstellen. Zum Beispiel, wie man sie am besten nutzt oder wie man intelligente Algorithmen am zielbringendsten einsetzt. Letztendlich geht es darum, KI zum Wohle und Nutzen des Menschen einzusetzen.
Hätten Sie dafür ein Beispiel?
Müller-Jones: Neben dem Rennen, das hier neben uns stattfindet, wären das zum Beispiel Produktionsstraßen, die schneller und effizienter an neue Produkte angepasst werden können. Da hilft dann auch die Lernerfahrung der KI, um Dinge permanent zu optimieren und oder auch Fehlermuster zu erkennen. Die natürlich auch bei der vorausschauenden Wartung hilft, was vor allem Flottenmanager schätzen dürften. In der Flugzeugindustrie ist das bereits Standard. In den meisten der genannten Fälle garantiert eine Cloud die notwendige Sicherheit und vor allem die Skalierbarkeit bei der Nutzung der in der Regel sehr berechnungsintensiven KI-basieren Dienste.
Dann wird der Mensch also doch überflüssig?
Müller Jones: Achtung: Selbstlernend heißt ja nicht kreativ: Das System kann Daten sammeln, auswerten, verknüpfen und Muster erkennen. Doch wie all das zu geschehen hat und welche Fragestellung bearbeitet werden soll, muss immer der Mensch vorgeben, der deshalb der wichtigste Baustein im Gesamtsystem bleiben wird – diese Prognose traue ich mich Ihnen zu geben, ohne irgendwie orakeln zu müssen!
Zur Person: Dr. Kay Müller-Jones ist Managing Partner und Leiter des Bereichs Consulting & Services Integration bei Tata Consultancy Service (TCS) in Deutschland. Vor seiner Tätigkeit bei TCS hatte er verschiedene Führungspositionen in Unternehmen der Technologie- und IT-Beratungsbranche inne. Er promovierte in Informatik an der Universität Hamburg. Sein besonderes fachliches Interesse gilt den Möglichkeiten der Digitalisierung und deren Nutzen für Unternehmen und Gesellschaft.
Das Interview führte Gregor Soller
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