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T&E-Studie: Deutsche Firmen fliegen ohne jedes Klimalimit

Auch international schließen deutsche Firmen schlecht ab: Unter den 25 weltweiten “Vielfliegern” ohne Ziele zur Reduzierung von Reise-Emissionen sind Volkswagen, SAP, Siemens, Thyssenkrupp, Bosch und Bayer. Die NGOs T&E, VDC und Germanwatch fordern rasches Handeln, ambitionierte Ziele und Reisen per Bahn.

Zug statt Flug: Die große Mehrheit deutscher Topunternehmen, darunter auch Volkswagen, haben für Dienstreisen keine CO2-Limits und Ziele. Ein Bündnis an NGOs fordert jetzt rasches Handeln und Schiene vor Luft für Geschäftstrips. | Foto: DB/Volker Emersleben
Zug statt Flug: Die große Mehrheit deutscher Topunternehmen, darunter auch Volkswagen, haben für Dienstreisen keine CO2-Limits und Ziele. Ein Bündnis an NGOs fordert jetzt rasches Handeln und Schiene vor Luft für Geschäftstrips. | Foto: DB/Volker Emersleben
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Johannes Reichel

85 Prozent der weltweit führenden Unternehmen setzen sich keine ausreichenden Ziele, um Emissionen durch Geschäftsreisen zu reduzieren, darunter alle untersuchten deutschen Top-Firmen, wie etwa der Autokonzern Volkswagen. Zu diesem Ergebnis kommt das aktuelle Geschäftsreisen-Ranking der Travel-Smart-Kampagne von Transport & Environment (T&E) mit den deutschen Mitgliedsverbänden Germanwatch und dem ökologischen Verkehrsclub VCD. Volkswagen, KPMG und Johnson & Johnson sind die weltweiten “Vielflieger” des Travel-Smart-Rankings, die keine Zielvorgabe für die Verringerung ihrer Reise-Emissionen verfolgen. Weitere deutsche Firmen, die ebenfalls keine Ziele verfolgen und zu den größten Verursachern von Emissionen durch Geschäftsreisen gehören, sind Siemens, SAP, Thyssenkrupp, Bosch und Bayer.

Ziele wären realistisch

Dabei zeigt die Studie, dass solche Ziele durchaus realistisch sind. Unternehmen ähnlicher Größe und ähnlicher Branchen haben sich bereits ehrgeizigen Zielen verpflichtet. Darunter sind beispielsweise Deloitte und AstraZeneca. Die Studie zeigt auch: wenn die größten Geschäftsreise-Emittenten 50 Prozent ihrer Emissionen reduzieren würden, dann wäre damit bereits die Hälfte der Ziels der Travel-Smart-Forderung erreicht, Emissionen im Business-Flugverkehr bis 2025 zu halbieren. Wir müssen alle Anstrengungen unternehmen, um die weltweite Erderwärmung auf 1,5°C zu begrenzen. Dafür ist eine deutliche Reduzierung von Emissionen im Flugverkehr wichtiger denn je.

Nur 50 von 322 Unternehmen mit Pläne zur Emissionsreduktion

Aktuell haben sich lediglich 50 der 322 untersuchten Unternehmen Ziele zur Reduzierung von Geschäftsreisen gesetzt. Von den Unternehmen, die Zielvorgaben haben, erhalten nur vier Unternehmen den "Goldstandard", d. h. sie berichten über ihre Flugverkehrsemissionen und verpflichten sich, diese bis 2025 oder früher um 50 Prozent oder mehr zu reduzieren. Dabei handelt es sich um Novo Nordisk (Pharmazeutika, Dänemark), Swiss Re (Finanzen, Schweiz), Fidelity International (Finanzen, Großbritannien) und ABN Amro (Finanzen, Niederlande). Von den 322 Firmen kann lediglich Roland Berger als einziges deutsches Unternehmen entsprechende Ziele aufweisen. Das Unternehmen plant, bis 2028 Reise-Emissionen um 40 Prozent zu reduzieren.

“Die meisten großen Unternehmen Deutschlands werden bisher ihrer Verantwortung nicht gerecht, sondern richten mit Flugreisen schwere Klimaschäden an. Und sie nutzen nicht die Chancen durch fortschrittlichere Dienstreisen: In der Bahn lässt sich deutlich besser und angenehmer arbeiten als im Flugzeug. Die Mobilitätswende muss auch bei den Geschäftsreisen ankommen", erklärte Jacob Rohm, Referent Klimafreundliche Mobilität von Germanwatch.

Das Ranking untersucht auch die Berichterstattung der Firmen über Nicht-CO2-Effekte bei Business-Flügen. 40 Unternehmen nehmen dabei eine Vorreiterrolle ein. Die Pharmariesen AstraZeneca und Pfizer sowie die Beratungsunternehmen BCG und Deloitte gehen mit gutem Beispiel voran und berücksichtigen in ihrer Berichterstattung die gesamten Auswirkungen des Fliegens, ebenso die deutsche Firma Siemens Healthineers AG.

Fliegen ist dreimal klimaschädlicher als angenommen

Fliegen ist etwa dreimal so klimaschädlich wie oft angenommen, erklären die NGOs weiter. Denn die Klimaschäden hängen nicht nur von den CO2-Emissionen ab, rund zwei Drittel werden von Nicht-CO2-Effekten verursacht. Neben CO2 stoßen die Flugzeugtriebwerke Feinstaub (Ruß) und andere Gase aus. Dazu gehören Stickoxide, Schwefeldioxid und Wasser. Diese werden als Nicht-CO2-Effekte bezeichnet. Schätzungen zufolge sind sie für zwei Drittel der gesamten Klimaerwärmung durch den Flugverkehr verantwortlich sind. Doch nur sehr wenige Unternehmen berücksichtigten die gesamten Auswirkungen ihrer Flugreisen, indem sie diese Nicht-CO2-Effekte mit einbeziehen, kritisieren die NGOs.

Rasche Lösungen angemahnt

Um die Emissionen des Flugverkehrs zu senken, braucht es rasche Lösungen. Da nachhaltige Kraftstoffe und emissionsfreie Flugzeuge nach aktuellem Zeitplan erst nach 2030 verfügbar sein werden und Kompensationsmaßnahmen die Reduzierung von Emissionen nicht ersetzen, ist der beste Weg zur Reduzierung von Luftverkehrsemissionen, weniger zu fliegen. Die Travel-Smart-Kampagne ruft Unternehmen dazu auf, sich ehrgeizige Ziele zu setzen, um die Emissionen von Geschäftsreisen zu reduzieren.

“Unternehmen können mit gutem Beispiel voran gehen und klare Vorgaben setzen. Sie sollten sich fragen, ob statt Langstreckenflug nicht auch eine Videokonferenz möglich ist. Für Dienstreisen innerhalb Deutschlands sowie ins benachbarte Ausland sollte gelten: Zug vor Flug. Wenn sich gerade die deutschen Top-Unternehmen diese Fragen konsequent stellen würden, dann könnten sie in der Summe viel zur Reduzierung von CO2-Emissionen beitragen", appelliert Michael Müller-Görnert, verkehrspolitischer Sprecher des VCD.

Hinweis für die Redaktion: Transport & Environment hat 2022 gemeinsam mit Partnern die Travel-Smart-Kampagne ins Leben gerufen. Jedes Jahr wird im Rahmen der Kampagne ein Ranking von Unternehmen anhand ihrer nachhaltigen Geschäftsreisepraktiken veröffentlicht. Die Kampagne richtet sich an Unternehmen mit dem Ziel, ihre Geschäftsreise-Emissionen bis 2025 oder früher um 50 Prozent oder mehr gegenüber dem Niveau vor der Covid-Pandemie zu reduzieren.

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