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T&E-Analyse: Lkw-Ladenetz bis 2030 ausreichend

Anders als die Industrie prognostiziert die NGO ein mehr als ausreichendes Ladenetz für Lkw bis 2030 und warnt vor Überversorgung, mit den vier mal höheren Forderungen. Ladepunkte wären dann nur eine halbe Stunde pro Tag ausgelastet. Lkw meist privat geladen. Auch der BDEW warnt vor Überkapazitäten. Steigende Ladeleistungen würden zu wenig berücksichtigt.

Vor einer Überdimensionierung der Ladeinfrastruktur warnt jetzt eine Analyse der NGO T&E. Bei der Miles-Challenge mit Volvo zeigten sich noch die aktuellen Defizite, die bis 2030 aber längst behoben sein dürften. | Foto: R. Domina
Vor einer Überdimensionierung der Ladeinfrastruktur warnt jetzt eine Analyse der NGO T&E. Bei der Miles-Challenge mit Volvo zeigten sich noch die aktuellen Defizite, die bis 2030 aber längst behoben sein dürften. | Foto: R. Domina
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Redaktion (allg.)
von Johannes Reichel

Die europäische Umweltdachorganisation Transport & Environment (T&E) hat eine Prognose zur Entwicklung der Lkw-Ladeinfrastruktur bis 2030 vorgelegt und hält diese für mehr als ausreichend, um auch deutlich ambitioniertere Elektrifizierungsziele im Transportsektor zu erreichen. Fehlende Ladeinfrastruktur werde oft als Hauptbarriere für eine schnellere Einführung von emissionsfreien LKW angesehen, monierte der Verband. Die öffentliche Ladeinfrastruktur in Deutschland werde aber ausreichend sein, um die CO2-Flottengrenzwerte für LKW in der EU erheblich zu erhöhen, legt die Analyse der NGO dar. Sie fordert die Gesetzgeber:innen auf, eine 65-prozentige Reduzierung der LKW-CO2-Emissionen bis 2030 vorzuschreiben. Diese Forderung geht über die von der EU-Kommission vorgeschlagenen Grenzwerte hinaus und steht im Einklang mit den EU-Klimaverpflichtungen.

Spielraum für höhere CO2-Ziele

Bis 2030 werde Deutschland nach T&E-Analysen der nationalen Ausbaupläne über 3,87 TWh Ladenergie pro Jahr für schwere Nutzfahrzeuge verfügen. Das würde doppelt so viel Energie bedeuten, wie Elektro-LKW und -Reisebusse in Deutschland von öffentlichen Ladestationen unter dem vorgeschlagenen Grenzwert für 2030 benötigten. Das zeigt aus Sicht der Analysten auch klar, dass es Spielraum gebe, um diesen 2030-Grenzwert auf 65 Prozent zu erhöhen. Ein kürzlich vereinbartes EU-Gesetz verpflichtet Mitgliedsstaaten, mindestens einen LKW-Ladepark alle 60-100 km entlang der großen Autobahnen zu installieren.

"LKW-Hersteller betreiben eindeutig Panikmache, wenn sie behaupten, dass es nicht genügend öffentliche Ladestationen geben wird. Laden ist kein Hindernis für ehrgeizigere Klimaziele im LKW-Sektor. Die vorgesehenen Ausbauziele werden bis 2030 genügend Ladestationen für die vorgeschlagenen CO2-Flottengrenzwerte schaffen und machen es möglich, die Ziele noch weiter nach oben zu setzen", kritisiert Sebastian Bock, Geschäftsführer von T&E Deutschland.

Overkill: Der ACEA fordert vier mal mehr Ladesäulen

Der europäische Lobbyverband der LKW- und PKW-Hersteller ACEA fordert viermal mehr an öffentlicher Ladekapazität, als für die Erfüllung der CO2-Grenzwerte der EU-Kommission im Jahr 2030 benötigt wird. Dies würde in der Praxis dazu führen, dass Ladepunkte im Durchschnitt nur etwas mehr als 30 Minuten pro Tag genutzt würden, präzisiert die NGO und warnte vor einer "massiven Überdimensionierung des Lade-Netzes", das nur mti staatlichen Subventionen am Laufen zu halten sei. Im Gegensatz dazu würde eine Erhöhung der CO2-Flottengrenzwerte für LKW auf -65 Prozent im Jahr 2030 laut Analyse dazu führen, dass öffentliche Ladestationen vier Stunden pro Tag genutzt würden.

"Die Behauptungen über mangelnde öffentliche Ladeinfrastruktur in der EU ignorieren die Tatsache, dass Elektro-LKW hauptsächlich an privaten Ladestationen geladen werden. Eine Überdimensionierung des Netzes würde öffentliche Ladestationen kaum auslasten und massive Subventionen erfordern, um es am Laufen zu halten. Wir brauchen höhere CO2-Grenzwerte, die die Zahl emissionsfreier LKW im Einklang mit den EU-Klimazielen bringt und gleichzeitig sicherstellen, dass öffentliche Ladestationen optimal genutzt werden", appellierte Bock.

Es wird erwartet, dass die Mitglieder des Europäischen Parlaments und die Regierungen der EU bis zum Ende der Legislaturperiode im Jahr 2024 neue CO2-Flottengrenzwerte für LKW vereinbaren. LKW machen zwar nur 2 Prozent der Fahrzeuge auf der Straße aus, sind jedoch für mehr als ein Viertel der CO2-Emissionen im Straßenverkehr der EU verantwortlich.

BDEW warnt vor Überversorgung: Immer höhere Ladeleistungen

Auch der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft BDEW hatte für den Pkw-Bereich immer wieder vor einer Überversorgung mit Ladeinfrastruktur gewarnt. Nach aktuellem Ansatz der EU-Kommission ließen sich mit dem vorhandenen Ladeangebot heute schon rund 2,5 Millionen vollelektrische Pkw versorgen. Aktuell sind rund 1 Million E-Pkw zugelassen. „Die Zahlen zeigen deutlich, dass es einen enormen technologischen Sprung bei der Ladeleistung gegeben hat“, erklärte  jüngst Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung.

Lag die durchschnittliche Ladeleistung vor fünf Jahren noch bei rund 20 kW pro Ladepunkt, so liegt sie heute bei rund 30 kW. Die Fahrzeuge können immer schneller laden, die Ladesäulenbetreiber stellen ihre Technik darauf ab und bieten die höhere Ladeleistung an. So können deutlich mehr Fahrzeuge in gleicher Zeit versorgt werden. Damit wird deutlich, dass das reine Zählen von Ladepunkten nicht der Technologieentwicklung gerecht wird, sondern dass die installierte Ladeleistung eine zentrale Bezugsgröße für die Bewertung des Ladeangebots ist, skizzierte Andreae weiter.

„Wir können davon ausgehen, dass sich die Technologie in den kommenden Jahren noch weiterentwickeln wird,“ sagt Andreae, „auch durch die steigenden Reichweiten der Elektrofahrzeuge. Wichtig ist, dass diese Entwicklungen auch bei den Ausbauzielen berücksichtigt werden. Das Ladeangebot wird häufig zu Unrecht kritisiert, da sich viele an den im Koalitionsvertrag vermerkten eine Million Ladepunkten bis 2030 orientieren. Um es klar zu sagen: Dieses Ziel ist technisch überholt, da es die Ladeleistung nicht berücksichtigt", kritisierte Andreae die Forderungen der Autoindustrie.

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