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Strategie: VW-Chef Diess fordert Vorfahrt für Elektromobilität

VW-Chef will Elektro als Leittechnologie, während die deutschen Wettbewerber eine Fächerstrategie mit drei Antrieben auf einer Plattform favorisieren. Das birgt Konfliktpotenzial, im Verband VDA und bei den Zulieferern.

Schluss mit "technologieoffen": Kaum nimmt die MEB-Plattform konturen an, forciert VW-Chef Diess die Wende zur E-Mobilität und sieht sie als pure Notwendigkeit, um die Klimakrise in den Griff zu bekommen. | Foto: VW
Schluss mit "technologieoffen": Kaum nimmt die MEB-Plattform konturen an, forciert VW-Chef Diess die Wende zur E-Mobilität und sieht sie als pure Notwendigkeit, um die Klimakrise in den Griff zu bekommen. | Foto: VW
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Johannes Reichel

VW-Chef Herbert Diess hat in Äußerungen vom Wochenende eine klare Priorisierung der Elektromobilität als Leittechnologie gefordert. Es gelte, alle Kräfte auf ein Ziel auszurichten, gab der VW-Vorstandsvorsitzende die Richtung vor. VW hat als einziger Hersteller neben Tesla bisher eine dedizierte Elektroplattform (MEB) entwickelt, die beginnend noch in diesem Jahr mit dem Modell I.D. NEO über alle Konzernmarken und auch externe Drittanbieter ausgerollt werden soll. Diess sprach sich laut einem Bericht der Süddeutschen Zeitung gegen den sogenannten technologieoffenen Ansatz aus, wie in etwa die Wettbewerber BMW und Daimler derzeit propagieren. Bei der Fächerstrategie können auf einer Plattform sowohl Verbrennen wie Hybride und reine Elektrofahrzeuge umgesetzt werden.

Diess: Nur mit E-Antrieb ist Erderwärmung zu stoppen

Der VW-Chef argumentiert dagegen, nur mit der Elektroantriebstechnologie lasse sich die Erderwärmung noch stoppen. Die Brennstoffzellentechnik sei höchstens halb so effizient und würde gesellschaftliche Kosten von 60 Mrd Euro verursachen. Er forderte einen Masterplan Elektromobilität von der Politik, der auch die Energiewende einschliesst. "Kohle- und CO-freier Strom ist ein Muss für E-Autos", befand Diess auf der Social Media Plattform LinkedIn. Man habe auch bei VW die Festlegung auf eine Leittechnologie bisher abgelehnt, diese Haltung sei, "von gestern“, befand Diess jetzt. Er forderte auch den Branchenverband VDA dazu auf, die Elektromobität stärker zu forcieren, etwa indem man bei der Politik auf eine Erhöhung der Spritsteuern dränge, habe VW laut Süddeutscher Zeitung in einem Schreiben verlangt.

Dem entgegnete VDA Chef Bernhard Mattes, man lege den Fokus bereits auf die E-Mobilität, die Mitgliedsunternehmen investierten hierfür in den nächsten Jahren 40 Mrd. Euro. Daneben blieben aber andere Antriebs- und M Kraftstoffalternativen im Blickfeld. Mattes kann sich bis 2030 unter "optimalen Bedingungen" einen E-Fahrzeugbestand von sieben Millionen PKW vorstellen.

BMW-Chef: Es gilt, Maß zu halten

Auch BMW-Chef Harald Krüger bremst und meinte gegenüber der SZ, er glaube nicht daran, dass es überall mit der Elektromobilität gleich schnell funktionieren würde. Man sei deshalb weiter technologieoffen. Krüger verwies auf den BMW X3, der als erstes Modell in drei Antriebsvarianten verfügbar sein soll. Nachhaltige Mobilität verquickt mit nachhaltiger Stromerzeugung sei aus seiner persönlichen Sicht freilich die Zukunft. Er sieht Plug-In-Hybride als Teil der Lösung, "mit Blick auf die Profitabilität wie auf die Arbeitsplätze". Es gelte Maß zu halten, "damit wir alle diesen Umbau bewältigen können", forderte er in der Zeitung.

Ähnlich sieht er das auch beim Thema automatisiertes Fahren, wo man sich mit Daimler auf Level 4 konzentriert. Das könne man noch als Ausstattungspaket für hochwertige Automobile verkaufen. Level 5 sei dagegen kein Individualverkehr mehr, sondern Mehrpersonentransport, gab Krüger sich überzeugt. Das sei ein anderes Geschäftsmodell, das noch bewertet werden müsse.

Zulieferer in Krisenstimmung

ZF-Chef Wolf-Henning Scheider meinte, man dürfe nicht die Strategie eines einzelnen Unternehmens mit der gesamten Branche gleichsetzen. Der Umstieg auf E-Mobilität werde nicht in 20 Jahren zu machen sein. Dennoch macht man sich in der Zulieferbranche keine Illusionen:

"Wir werden aus heutiger Sicht nie mehr ein Erzeugnis haben, das die gleiche Fertigungstiefe hat wie ein Diesel-Motor", prophezeit Bosch-Betriebs- und Aufsichtsrat Mario Gutmann gegenüber der SZ vor dem Hintergrund eines massiven Sparprogramms am drittgrößten Bosch-Standort in Bamberg.

Nach seiner Schätzung könnten die Hälfte der 800.000 Jobs in der deutschen Autoindustrie und den nächsten zehn Jahren wegfallen, wenn die E-Mobität explosionsartig komme.

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