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Statistik 2020: Autos werden immer stärker, schneller und größer

Der Boom der PHEVs treibt bei Neuwagen die Leistung, die im Schnitt 165 PS beträgt. Die durchschnittliche Höchstgeschwindigkeit liegt bei 202 km/h. SUV weiter meistverkauft. E-Autos legen generell zu.

Leistungs-Gesellschaft: Die Plug-in-Hybride mit ihrem Doppelantrieb boosten die Durchschnittleistungen. Die PHEV-Version der Mercedes S-Klasse 580e, die 2021 kommt, trägt mit 510 PS Systemleistung ihr Scherflein dazu bei, dass es wahrscheinlich weiter aufwärts geht. | Foto: Daimler
Leistungs-Gesellschaft: Die Plug-in-Hybride mit ihrem Doppelantrieb boosten die Durchschnittleistungen. Die PHEV-Version der Mercedes S-Klasse 580e, die 2021 kommt, trägt mit 510 PS Systemleistung ihr Scherflein dazu bei, dass es wahrscheinlich weiter aufwärts geht. | Foto: Daimler
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Johannes Reichel

Der Boom bei den Plug-in-Hybrid-Fahrzeugen schlägt auch auf die Motorleistung durch: Diese ist nach einer Auswertung des CAR-Instituts in Duisburg im Jahr 2020 um sieben auf 165 PS im Schnitt gestiegen, was einer überdurchschnittlichen Steigerung von vier Prozent entspricht. Damit hält der Trend zu immer stärkeren Fahrzeugen weiter an. Getrieben wird er vor allem auch durch die zahlreichen, vom Staat massiv bezuschussten Plug-in-Hybrid-Modelle, die mit Doppelantrieben aus E-Maschine und Verbrenner meist auf üppige Systemleistungen kommen im Schnitt 190 PS leisten. Aber auch die reinen E-Autos trügen mit 169 PS im Mittel zu dem Leistungszuwachs bei, so CAR-Institutsleiter Ferdinand Dudenhöffer. Er prognostiziert selbst bei einer Einführung eines Tempolimits mit weiteren Steigerungen der Motorleistung.

Markt brach 2020 um 19 Prozent ein - SUV und Wohnmobile boomen

Wie die generelle Statistik des Kraftfahrbundesamts (KBA) für 2020 ausweist, schrumpfte der deutsche Automarkt im vergangenen Jahr um 19 Prozent, was wiederum den prozentual starken Anstieg bei den E-Fahrzeugen um gut zehn Prozent erklärt, die als PHEV und BEV stark zulegten und 13,5 Prozent des Marktes ausmachen, mit absolut 394.940 verkauften EInheiten. Einen stärkeren Einbruch hatte die Industrie nur 2010 in Folge der Abwrackprämie zu verzeichnen. Wobei die Klasse der SUV zulegte und jeder fünfte Neuwagen dieser Gattung zuzuordnen ist. Sie sind auch weiterhin vor den Kompaktwagen das beliebteste Segment mit 21,3 vor 20,5 Prozent. Hersteller Volkswagen gab für die Kernmarke jüngst bekannt, dass sogar 35 Prozent aller verkauften Neufahrzeuge SUV waren. Außerdem erfreuten sich Wohnmobile in der Pandemie größter Beliebtheit: Sie legten um satte 41,4 Prozent zu, auf jetzt 2,6 Prozent.

Trotz Rückgang: Benziner weiter weit vorn

Bei den Antriebsarten blieben trotz eines Einbruchs um 36 Prozent Minus die Benziner mit absolut 46,7 Prozent die meistverkaufte Spezies, vor den reinen Diesel mit 28,1 Prozent, die um 28,9 Prozent absackten. Für die alternativen Antriebsarten sieht das KBA das Jahr 2020 positive Vorzeichen. Fahrzeuge mit Hybridantrieb (527.864/+120,6 %) erreichten einen Anteil von 18,1 Prozent, darunter die Plug-in-Hybride (200.469/+342,1 %) mit einem Anteil von 6,9 Prozent. Elektro-Pkw (194.163/+206,8 %) konnten einen fast gleich hohen Anteil von 6,7 Prozent ausweisen.

"Die E-Mobilität ist in der Mitte der mobilen Gesellschaft angekommen. Positive Nutzererfahrungen verlässliche Technologien und ein wachsendes Angebot erleichtern den Umstieg in die E-Mobilität. Bei einem anhaltenden Zulassungstrend der Fahrzeuge mit elektrischen Antrieben von rund 22 Prozent wie im letzten Quartal 2020, kann das von der Bundesregierung formulierte Ziel von 7 bis 10 Millionen zugelassenen Elektrofahrzeugen in Deutschland bis zum Jahr 2030 erreicht werden“, meint zumindest KBA-Präsident Richard Damm.

Kleinwagen mit batterieelektrischem Antrieb stellten mit 29,9 Prozent das stärkste Segment bei den Neuzulassungen des Jahres 2020 dar. Auf das Segment der SUV mit batterieelektrischem Antrieb entfiel knapp ein Fünftel (19,9 %) des Neuzulassungsvolumens. Die Kompaktklasse erreichte mit 19,6 Prozent bei dieser Antriebsart einen ähnlich hohen Anteil. Insgesamt wurden in 2020 394.940 Neuwagen mit elektrischem Antrieb neu zugelassen. Pkw der Marke VW erreichten davon mit 17,4 Prozent den höchsten Anteil (+608,6 % im Vergleich zum Vorjahr), gefolgt von Mercedes (14,9 % / +499,8 %) und Audi (9,0 % / +607,9 %). Bei den insgesamt 194.163 batterieelektrisch angetriebenen Pkw entfiel der größte Neuzulassungsanteil mit 23,8 Prozent ebenfalls auf die Marke VW, gefolgt von Renault (16,2 % / +233,8 %) und Tesla (8,6 % / +55,9 %).

Boom und Bestand: Noch immer verschwindender Anteil

Die Anteile erdgasbetriebener Pkw (7.159/-6,1 %) und flüssiggasangetriebener Pkw (6.543/-9,8 %) bewegten sich mit je 0,2 Prozent auf dem niedrigen Vorjahresniveau. Die CO2-Emission der Pkw ging 2020 um -11,0 Prozent weiter zurück, im Durchschnitt auf 139,8 g/km (Vorjahr: 157,0 g/km), zumindest nach den für die Zulassung relevanten Papierwerten. Diese weisen insbesondere bei PHEVs nicht selten eine große Diskrepanz auf zwischen Papierwerten und Realverbräuchen und hängen stark von der Nutzung des EV-Modus ab. Zudem bewegen sich die Zahlen der alternativ angetriebenen Fahrzeuge im Bestand trotz des Booms auf niedrigem Niveau: Das KBA schätzt, dass sie 2020 von 2,4 auf 3,6 Prozent zugelegt haben, inklusive Erdgas & Co. Die E-Antriebe inklusive PHEV kommen laut KBA-Statistik auf 1,2 Prozent im Bestand.

"Für 2021 rechnen wir mit einer Erholung des deutschen Pkw-Marktes. Dennoch dürfte das sehr starke Vor-Corona-Niveau vorerst nicht erreicht werden", kommentierte Hildegard Müller, Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie (VDA) die Zahlen. 

Einen Lichtblick aus Herstellersicht brachte der Dezember mit 311.394 Neuzulassungen, ein Plus von etwa zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Viele Privatkunden hätten zum Jahresende noch ein Auto gekauft, um von der Mehrwertsteuersenkung zu profitieren, so die Analyse von Reinhard Zirpel, Präsident des Verbandes der Internationalen Kraftfahrzeughersteller.

Was bedeutet das?

Es ist schizophren: Während die Klimakrise eigentlich längst bescheidenere, kleinere und langsamere Autos erfordert, geht der Trend in die andere Richtung, getrieben von den üppigen Systemleistungen der vom Umweltnutzen höchst fragwürdigen Plug-in-Hybride. Dass es sich hier wie generell bei den Neuzulassungen viel zu oft auch noch um Fahrzeuge der nicht gerade als Eco-Mobile bekannten Gattung SUV handelt, ist doppelt bitter für den Klimaschutz. Denn diese hochbauenden und meist raumgreifenden Fahrzeuge brauchen nach allen bisher vorliegenden Daten und den eigenen Testerfahrungen im Realbetrieb deutlich mehr Sprit als auf dem Papier - und viel mehr Strom als reine E-Fahrzeuge. Dass zudem die Durchschnittsgeschwindigkeiten im Fahrzeugschein auf 202 km/h zulegen, ist das Tüpfelchen auf dem "i", aber auch schon wieder symptomatisch für die gesamte bigotte Debatte: "Grün" reden und "schwarz" fahren. Noch immer erscheint die Schere zwischen verbaler Aufgeschlossenheit und realer Handlungsstarre groß. Zu groß. Und irgendwie fahren wir in großen Teilen immer noch in die falsche Richtung, als wären wir von der Realität entkoppelt und irgendwo in den spritseligen 80er-Jahren stecken geblieben. Bitte wenden!

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