Sono Motors: Finanzierung wackelt - Community soll entscheiden
Das Münchner Solarmobilitäts-Start-up Sono Motors kämpft um die Serienfertigung des Sion und hat sich jetzt in einem dramatischen Appell an die Community der Unterstützer*innen und Besteller*innen gewandt. Man habe zwar im Laufe des Jahres wichtige operative und kommerzielle Meilensteine erreicht, wie etwa vielversprechende Partnerschaften im Solargeschäft und auch die Vorstellung der Sion Serien-Validierungsfahrzeuge realisiert. Zugleich aber erlebten die Finanzmärkte einen Abschwung und viele Technologieunternehmen hätten bis zu 90 Prozent ihrer Marktkapitalisierung verloren, skizzieren die beiden Gründer Laurin Hahn und Jona Christians. Vor allem Aktienkurse von Mobilitätsanbietern habe es hart getroffen. Das erschwere die Finanzierung des Sion-Programms durch die Aufnahme von Eigenkapital zunehmend, das benötigte Geld einzusammeln, dauere viel länger als erwartet.
"Wir haben es nicht geschafft, den Investor:innen zu erklären, warum der Sion das Potenzial zum ersten erschwinglichen Solar-Elektroauto der Welt hat, und dass es nach so einer Lösung auch eine große Nachfrage gibt", konzedieren die Gründer selbstkritisch.
Viele Investor:innen hätten geraten, sich auf das weniger kapitalintensives B2B-Solargeschäft zu fokussieren, das bereits Umsätze generiert und das Sion-Programm aufzugeben. Man verstehe die Marktsituation und wäre bereit, das Geschäftsmodell im Interesse des langfristigen Unternehmenserfolgs zu restrukturieren. Sono Motors präsentierte hier zuletzt Lösungen für die drei Schlüsselindustrien Busse, E-Transporter und Kühlfahrzeuge auf der IAA Transportation und stellte vier B2B-Kundenprojekte mit CHEREAU, Kögel, Wingliner und Mitsubishi Europe (MTTE) vor. Das Unternehmen zeigte auch das Solar Bus Kit, eine Nachrüstlösung, die für die gängigsten 12-Meter-Bustypen auf dem europäischen Markt entwickelt wurde – darunter der Mercedes-Benz Citaro und der MAN Lion‘s City.
"Bevor wir es jedoch wagen, die Sion-Entwicklung einzustellen, wollen wir unserer Community von über 21.000 Sion-Reservierer:innen eine letzte Chance geben, das Sion-Programm am Leben zu halten und unsere Finanzierungslücke teilweise zu schließen", appellieren die Jungunternehmer schließlich.
21.000 Reservierungen von Privatpersonen entsprächen einem Umsatzpotenzial von rund 465 Millionen Euro. Kombiniert mit den zusätzlich rund 22.000 Vorbestellungen von Flottenbetreibern mit einem Umsatzwert von knapp 600 Millionen Euro, entspreche das schon heute einem potenziellen Nettoumsatzerlös von über 1 Milliarde Euro – vorausgesetzt, dass alle Reservierungen und Vorbestellungen auch zum Kauf führten, werben die Manager. Dieses Potenzial wolle man nun als Finanzierungsquelle nutzen und startet eine weitere Sion-Reservierungs-Kampagne für 3.500 Exemplare, die sich #saveSion nennt und die 50 Tage dauern soll. Anfangs erhalten Reservierer:innen einen Rabatt von bis zu 3.000 Euro auf den Endpreis ihres Sion. Diese Anzahlungen seien nur im Falle des Erfolgs der Kampagne fällig. Zusätzlich erhalten Unterstützer:innen der Kampagne eine feste Wartelistennummer für ihren Sion.
"Es wäre nicht das erste Mal, dass unsere Community eine wesentliche Rolle einnimmt, um den Sion auf den Weg in die Serie zu bringen", so die Gründer.
Bereits bei der Crowdfunding-Aktion Ende 2019 unterstützte die Community, obwohl die Lage damals ganz anders war: Die Sion-Entwicklung befand sich in einem viel früheren Stadium, die Marke Sono Motors war deutlich weniger bekannt, und wir hatten unser B2B-Geschäftsfeld für Solartechnologie noch nicht aufgebaut. Trotzdem gelang es in nur 50 Tagen, mehr als 50 Millionen Euro an Zahlungszusagen von unserer Community aus aller Welt einsammeln. Heute nutzten bereits 23 Unternehmen weltweit die innovative Solartechnologie in einer Vielzahl von Fahrzeugen wie Bussen, Kühlanhängern und Elektro-Transportern.
Fortschritte bei Fahrzeug und Technologie
Seit der Kampagne 2019 habe es weitere Fortschritte gegeben. Man habe den Sion im Produktionsdesign präsentiert, einen Teil der Serien-Validierungsflotte fertiggestellt, Solar-Ladeleistungen bereits nahe am geplanten Energieertrag erreicht, bidirektionale Funktionen erfolgreich getestet und die Sharing-App live in die App-Stores gestellt. Zudem bleibe es bei einem erschwinglichen Preis von 25.000 Euro netto. Zudem verweist man auf die höhere Markenbekanntheit. Man sei überzeugt, es wieder schaffen zu können.
"Da wir kaum staatliche Fördergelder erhalten haben müssen wir uns weiterhin auf unsere Community und die Kapitalmärkte fokussieren. Seit 2016 haben wir über 400 Millionen Euro netto an finanziertem und “committed” Kapital einsammeln können, eine unglaubliche Summe für deutsche Verhältnisse. Aber nur ernüchternde 0,25% davon kamen vom Staat", kritisieren die Gründer.
Und fügen zur Einordnung an, dass vom vom ersten Konzept bis zur Vorbereitung der Vorserie nur fünf Jahre vergingen, ein branchenüblicher Rahmen bei OEMs. Allerdings koste die Entwicklung eines Autos normalerweise bis zu eine Milliarde Euro, man sei mit weniger als der Hälfte der Summe so weit gekommen. Die neuerliche Kampagne sieht man als Lösung für die Finanzierung eines Großteils des Sion-Programms, ohne die Aktie weiter zu verwässern und als ersten Teil einer weitreichenden Finanzierungsstrategie für die nächsten zwölf Monate, wie das Unternehmen avisierte. Das schließe selbstverständlich auch die Kapitalmärkte mit ein.
"Wir gehen davon aus, dass wir so in der Lage sein werden, weitere Finanzmittel zu beschaffen und die verbleibenden Maschinen, Werkzeuge und Produktionsanlagen zu bezahlen, um die geplante Vorserienproduktion im Jahr 2023 und dann den Produktionsstart im ersten Quartal 2024 zu erreichen", verlautbaren die Gründer weiter.
Sollte die Kampagne nicht erfolgreich laufen, will man sich wirklich auf das attraktive B2B-Solargeschäft konzentrieren, das deutlich weniger kapitalintensiv sei. Mit der derzeitigen und erwarteten Liquidität von rund 55 Millionen Euro sowie weiteren verfügbaren Ressourcen wähnt man sich in der Lage, das Unternehmen erfolgreich rein auf das Solargeschäft neu auszurichten. Es gehe also nicht um die Zukunft von Sono Motors, sondern ‘nur’ um die Zukunft des Sion.
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