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Solmove-Projekt im Ruhrgebiet: Der Strom liegt auf der Straße

Die Inbetriebnahme einer Solarstraße auf dem Gelände der Neuen Zeche Westerholt in Herten Gelsenkirchen hat eine besondere Symbolik: Sonne statt Kohle. Das Potenzial der Technologie wäre gewaltig.

"Strada del Sole": Die Energie der 40 Quadratmeter Solarbelag genügt für die Versorgung der Büros und der eigenen E-Bike-Flotte. | Foto: Solmove
"Strada del Sole": Die Energie der 40 Quadratmeter Solarbelag genügt für die Versorgung der Büros und der eigenen E-Bike-Flotte. | Foto: Solmove
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Johannes Reichel

Ein innovativer Straßenbelag mit Solarzellen soll künftig die Arbeitsplätze sowie die E-Autos im Projektteam des Spezialanbieters Solmove mit umweltfreundlichem Solarstrom versorgen. Die sogenannte Smart Solar Street wurde auf dem Gelände der ehemaligen Zeche Westerholt auf der Stadtgrenze von Gelsenkirchen und Hertenzlich fertiggestellt und als Pilotanlage in Betrieb genommen. Um die Produktentwicklung voranzutreiben und den Aufbau der Produktion in Deutschland zu finanzieren, startet das Berliner Jungunternehmen Ende Juni eine Crowdinvesting-Kampagne.

Mit den "intelligenten" Solarmodulen des Startups, die auf horizontalen Verkehrsflächen aufgebracht werden, lasse sich nicht nur auf bestehenden Flächen wie Straßen, Parkplätzen und anderen versiegelten Flächen Solarstrom erzeugen, sondern man könne auch weitere intelligente Funktionen für die Verkehrsinfrastruktur umsetzen. Die auf dem Parkplatz angelegte Smart Solar Street liefert nun laufend Solarstrom für das angrenzende Bürogebäude sowie eine Ladestation für E-Bikes und Elektroautos. Dabei könne die Oberfläche der 40 Quadratmeter messenden Solarstraße selbstverständlich von Fahrzeugen befahren werden, wie der Hersteller verweist. Die mit Fördermitteln des Bundesprogramms „Nationale Projekte des Städtebaus“ geförderte Strecke ist eine der ersten Strom produzierenden Solarstraßen bundesweit. Sie besteht aus Photovoltaik-Zellen, die in eine harte Glasschicht integriert werden, skizziert der Anbieter.

 
Aussagen in diesem Video müssen nicht mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen.

Der Straßenstrom wird zwischengespeichert

Die Anlage wurde im Mai 2019 erstinstalliert, die Anschlussdosen im Herbst teilweise überarbeitet und seit dieser Testphase ist sie nun vollständig funktionsfähig. Bis Mitte April 2020 habe der Stromertrag in der Testphase sowie nach ordentlicher Inbetriebnahme täglich bei 8 bis 18 KWh (je nach Sonnenstunden) betragen. Der Solarstrom wird in einem Stromspeicher (10 kWh) zwischengespeichert und versorgt ein heute als Bürogebäude genutztes Torhaus der ehemaligen Schachtanlage sowie eine Ladestation für E-Bikes auf dem Gelände. Mit dem Strom könnten natürlich auch Elektroautos aufgeladen werden, merkt der Anbieter an.

„Heute löst unsere innovative Zukunftstechnologie auf Basis erneuerbarer Solarenergie die Steinkohle ab und vielleicht beginnt damit ein neues Energie-Zeitalter auf der Neuen Zeche Westerholt", freut sich  Donald Müller-Judex, Gründer und CEO von Solmove und Erfinder des Smart Solar Street-Konzepts.

Bernd Lohse, Geschäftsführer der Entwicklungsgesellschaft Neue Zeche Westerholt zeigte sich überzeugt von der Leistung des mit 15 Meter Länge eher kurze Stücks Solarstraße überzeugt.

"Wir können hier täglich „erfahren“, wie innovativ man mit Straßenflächen umgehen kann. Wenn dieses Modellprojekt einen Impuls für die Umsetzung im großen Maßstab liefert, hätten wir riesiges Potenzial, um den CO2-Ausstoss weiter zu reduzieren und wortwörtlich umweltfreundliche Energieerzeugung „erfahrbar“ zu machen", meint Lohse weiter.

20 Millionen Fahrzeuge mit Solarstreet-Strom versorgen

Wie groß das sein könnte, hat der Anbieter ebenfalls hochgerechnet. Alleine in Deutschland eigneten sich laut Solmove etwa 1.400 Quadratkilometer horizontale Flächen für Solarstraßen, mit deren Strom sich etwa 20 Millionen Fahrzeuge mit Energie versorgen ließen. Vorhandene Verkehrsflächen können so doppelt genutzt werden – nicht nur als Verkehrsweg, sondern auch für die Energiegewinnung. Dadurch lasse sich der Flächenverbrauch zur Erzeugung erneuerbarer Energie verringern, wirbt der Hersteller weiter.

Die Straße als Geldquelle für Kommunen

Durch die Kombination mit induktiver Ladetechnik könnten E-Autos perspektivisch auch während der Fahrt geladen werden. Solarstraßen aus den Photovoltaik-Modulen wären quasi großflächige Kraftwerke. Zudem ließen sich neue Geschäftsmodelle erschließen. Denn mit dem von den Solarstraßen produzierten Strom könnten Kommunen Geld verdienen. So ließe sich langfristig der Bau oder der Unterhalt von Straßen teilweise refinanzieren, wirbt der Anbieter weiter.

Kommunikativ: Der Belag könnte Infos mit Autos korrespondieren
 
Vorgesehen ist darüber hinaus die Kopplung mit Informations-, Daten- und Ladetechnik. Der Fahrbahnbelag
könne beispielsweise durch integrierte LEDs mehrfarbig leuchten und biete so auch die Möglichkeit,
Informationen mit (autonomen) Fahrzeugen und anderen Verkehrsteilnehmern auszutauschen, skizziert der Hersteller. Die Module lassen sich zudem beheizen und könnten sich so im Winter selbst von Schnee und Eis befreien.

Was bedeutet das?

Die Idee ist genial, wenngleich natürlich nicht ganz neu: Den Straßenbelag mittels Solarzellen zur Stromerzeugung zu nutzen. Bisher ist das nach Pilotversuchen in den USA sowie schon 2016 in der Normandie in Frankreich ein ziemlicher Flop. Die Beläge sind kaputt, es gibt Probleme mit Laub und die Energieausbeute war auch nie so gut wie erhofft. Nur in den Niederlanden funktioniert ein Konzept offenbar gut, allerdings nicht auf einer Auto-Straße, sondern eben einem weniger belasteten Radweg. Mittlerweile haben die Holländer auch zwei Busspuren in Amsterdam-Schiphol und Rotterdam mit Solarbelag ausstaffiert.

Das macht Mut und die erfolglosen Versuche in Frankreich und USA müssen natürlich nicht bedeuten, das es auf einer normal befahrenen Straße nicht möglich wäre, das verlockende Konzept doch noch zum Erfolg zu führen. Wenn Solmove im Crowdfunding genügend Investoren davon überzeugt, hätte es die Chance, den Beweis anzutreten. Es wäre eine schöne Story, erst recht, wenn die ersten Schritte auf der neuen "Strada del Sole" auf einem ehemaligen Kohlezechenrevier gemacht wurden.

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