Werbung
Werbung

Skoda Vision 7S: Das Strom-Trumm aus Tschechien

Mit einem wuchtigen 5x2-Meter-Konzept, das der Serie eines siebensitzigen MEB-Flaggschiffs nahe kommen dürfte, stellen die Böhmen die Weichen der Marke neu und geben Strom: Bereits bis 2026 sollen drei E-Modelle kommen. Eindrücke mit dem Trumm aus Mlada Boleslav führen zur Frage: Wo bleibt der E-Octavia?

Heiligs Dächle: Das schwebende Dach soll dem wuchtigen Wagen Leichtigkeit verleihen. | Foto: Skoda
Heiligs Dächle: Das schwebende Dach soll dem wuchtigen Wagen Leichtigkeit verleihen. | Foto: Skoda
Werbung
Werbung
Johannes Reichel

Die tschechische VW-Tochter Skoda hat bei einem Event in Prag ihre elektrische Zukunft konkretisiert und mit dem Vision 7S ein seriennahes Modell präsentiert, das zeitnah auf den Markt kommen soll. Die ursprünglichen Elektrifizierungspläne wurden dabei von 2030 auf 2026 vorgezogen. Bis 2030 sollen bereits 70 Prozent der Verkäufe reine Stromer sein, daher wollen die Böhmen bereits bis 2026 drei weitere reine Stromer vorgestellt haben. Bis dahin sollen auch die Flottenemissionen um 50 Prozent gegenüber 2020 sinken, getrieben von einem neu gegründeten fünfköpfigen Nachhaltigkeitsbeirat. Nichtsdestotrotz soll in der Übergangsphase zur E-Mobilität das Portfolio hocheffizienter Verbrennungsmotoren weiter gestärkt werden, wie es heißt: Im zweiten Halbjahr 2023 kommt die Generation des Superb sowie der große SUV Kodiaq. 2024 erhält dann der Octavia nochmal eine Modellpflege.

Fließender Übergang vom Verbrenner zum Stromer

Paralell zieht man das E-Line-up auf, allem voran mit dem elektrischen Flaggschiff Vision 7S, einem Kompakt-SUV unterhalb des Enyaq sowie einen elektrischen Kleinwagen, zu dem allerdings noch wenig bekannt ist. Sehr konkrete Formen auch auf das künftige und kantigere Markendesign, das mit dem sogenannten "Tech-Deck" an der Front und klaren Linien Solidität und "Simplicity" ausstrahlen soll, gibt dagegen der sogenannte Vision 7S, der mit 5,01 Meter Länge, 1,94 Meter Breite bei 1,88 Meter Höhe weit oberhalb des Enyaq positioniert ist und das größte Fahrzeug darstellt, das die Marke in der neueren Zeit gebaut hat.

Ob die Welt wirklich noch mehr Riesen-SUV braucht?

Entsprechend wuchtig wirkt der E-SUV bei näherer Betrachtung: Die Fensterlinie reicht fast bis zu Brust eines 1,82-Meter-Menschen, das "Tech-Deck" mit dem martialisch anmutenden Unterfahrschutz scheint eine ganze Kleinkindergruppe im toten Winkel zu verschlucken, was aber die zahlreich in der Front verbaute Sensorik verhindern soll. Anders als bei Mono-Box-Van-Konzepten ist die "Schanuze" auch ganz schön lang gestreckt, um die kantigen Proportionen zu wahren. Offiziell ist der zwecks Wahrung der Proportionen mit gewaltigen 22-Zoll-Rädern ausgestattete Oberklasse-SUV als 6+1-Sitzer deklariert, wobei sich das Innenraumlayout im Gegensatz zur Äußeren Hülle noch stark ändern dürfte. So sitzen etwa die hinteren beiden Insassen tief in einer Mulde und der "siebte" an Bord ist ein Säugling in einer zwischen den Fondsitzen verbauten "Baby-Schale". Eine Dreierbank in Reihe 2 dürfte die realistischere und raumeffizientere Lösung sein, gepaart möglichst mit hoher Variabilität dank klappbarem, versenkbarem oder entnehmbarem Gestühl. Idealerweise bekommt man die "Notsitze" im Heck dann als Faltlösung hin.

Platzverschwendung: In der Serie sollten fünf normale Sitze gesetzt sein

Klar, dass im Interieur bei diesen Maßen viel Luft und Licht über dem Scheitel bleibt - und auch der Beinraum üppig ist. Platzverschwendung ist dagegen die auch antriebstechnisch völlig sinnfreie Aufmauerung zwischen den Sitzen links und rechts, die den Innenraum zerteilt und unnötig verengt, zudem den Durchstieg verunmöglicht. Hier darf man von einer Marke, die einst das geniale Raumwunder Roomster erfand und sich mit dem VISION 7S ein Familien-Fahrzeug auf die Fahnen geschrieben hat, mehr erwarten als einen Fünf-Meter-Luxusliner mit vier Chefsesseln. Man kann nur hoffen, dass sich die Praktiker in Mlada Boleslav durchsetzen - und sie die Mauer wieder einreißen.

Apropos familienfreundlich: Es drängt sich nach der ersten Begegnung neben der generellen Skepsis, ob die kriselnde Welt noch mehr XL-SUV braucht, die Frage auf, wann denn endlich ein "normaler" Familien-Kombi aus dem VW-Konzern an den Start geht. Ohne Schnickschnack, dafür mit viel Platz für fünf Personen und Gepäck, zu erschwinglichem Preis, mit hoher Raum- und Energieeffizienz. Globaler (und darum nicht weniger irriger) Trend zu SUV hin oder her, aber so einen dem Markenkern durchaus entsprechenden Gegenakzent hätten wir uns jedenfalls mal erwartet, einen elektrischen Octavia halt.

Denn das dürfte das "Trumm aus Tschechien" als neues Flaggschiff der Marke bei dem zur Schau getragenen, aber nie offiziell deklarierten Premium-Anspruch nicht sein: Ein Mobil für den "Otto-Normal-Verbraucher", so wie es etwa MG mit dem 5 vormacht, der "erste Elektro-Kombi der Welt". Auch die weiteren avisiserten Modelle, ein "small BEV" sowie ein Kompakt-SUV dürften diese Lücke nur schwerlich füllen. Dennoch deutet der neue Skoda-Vorstandsvorsitzende Klaus Zellmer den Abend als Wendemarke, nur in welche Richtung, ist die Frage.

„Heute ist ein besonderer Tag in der Geschichte von Škoda Auto: Wir stellen unseren neuen Markenauftritt inklusive neuem Logo und Update der Corporate Identity vor. Wir geben mit der Konzeptstudie VISION 7S einen konkreten Ausblick auf ein völlig neues ŠKODA-Modell, mit dem wir unser Produktportfolio und unsere Kundenbasis nach oben hin abrunden werden. Und wir beschleunigen unsere E-Offensive", erklärte der Markenchef selbstbewusst.

Man forciere damit den Kurs und will in den nächsten fünf Jahren insgesamt 5,6 Milliarden Euro in E-Mobilität und weitere 700 Millionen Euro in die Digitalisierung investieren.

Angepeilt sind für den großen, auf der MEB-Plattform basierenden Elektrogroßraumwagen, dessen Silhouette mit dem schwebenden Dach an Range Rover, Volvos Concept Recharge oder den jüngst vorgestellten Kia EV9 oder auch den ähnlich wuchtigen, aber etwas flacher bauenden BMW iX erinnert, eine Reichweite von 600 Kilometern aus einem 89 kWh-Akku und Ladetechnik mit bis zu 200 kW Leistung.

Gleichzeitig mit der seriennahen Studie ließ die Marke ein neues Corporate Design vom Stapel, das künftig und startend bei den E-Modellen die Wortmarke vor der Bildmarke priorisiert. Herausfordernd war es dabei vor allem, den tschechischen Akzent in das "S" zu integrieren, wie das Skoda-Design schildert. Weniger stark wurde die Bildmarke mit dem geflügelten Pfeil verändert, die künftig vor allem in der digitalen Kommunikation eine Rolle spielen soll. Daher geht man hier auch von Print auf Online zurück von 3D auf 2D-Grafik, ein Rückschritt zu mehr Einfachheit als Fortschritt sozusagen. Das wäre doch auch für die ganze Marke eine "echte" Vision: "Weniger ist mehr". Ob der VISION 7S so visionär ist, bleibt nach dem ersten Eindruck fraglich.

Werbung
Werbung