Meinungsbeitrag

Schluss mit der Planwirtschaft - und Bahn frei für Klimaschutz!

Mit konsequent angewandten marktwirtschaftlichen Instrumenten wie einem ehrlichen CO2-Preis, wären Verbrenner längst Geschichte. Doch der Übergang wird "moderiert" mit vielen Tricks. Die bringen nur dem Klimaschutz nix.

Abrüsten angesagt: VM-Redakteur Johannes Reichel, hier am "Steuer" eines "pedalgetriebenen Transporters", plädiert für kleinere und leichter Fahrzeuge statt SUV, denen man dann trickreich über die CO-Hürde helfen muss. | Foto: HUSS-VERLAG
Abrüsten angesagt: VM-Redakteur Johannes Reichel, hier am "Steuer" eines "pedalgetriebenen Transporters", plädiert für kleinere und leichter Fahrzeuge statt SUV, denen man dann trickreich über die CO-Hürde helfen muss. | Foto: HUSS-VERLAG
Johannes Reichel

Von wegen Marktwirtschaft: Eine regelrechte Planwirtschaft ist es, die derzeit einen größeren und schnelleren Erfolg der Elektromobilität verhindert. Stichwort: Künstliche Verknappung. So kam die EU-Regelung den OEMs soweit entgegengekommen, dass die erreichten CO2-Werte in diesem Jahr als Basis für die Reduktionsschritte bis 2025 genommen werden. Also Gemach, Gemach und bloß nicht verbrauchsmäßig überperformen. Da kommen einem die zahlreichen Software-Probleme bei Einführung der neuen Elektroplattformen fast schon recht, was natürlich eine böswillige Unterstellung ist.

Eine Punktlandung soll es werden auf die 2020er-Flottengrenzwerte hin, aber kein Gramm weniger! Geliefert wird am besten erst im nächsten Jahr. Wenn das keine Planwirtschaft ist.

Denn bei konsequenter Anwendung der marktwirtschaftlichen Instrumente, allem voran einem ehrlichen CO2-Preis, wären die fossilen Antriebe längst aus dem Markt verdrängt und "graue Vorzeit". Da bräuchte es dann auch keine "Innovationsprämie", sondern nur Ehrlichkeit. Hier ist ohnehin zu befürchten, dass nach dem Auslaufen der massiven Incentivierung die Nachfrage wieder einbricht. 

Deja vu: Diskrepanz zwischen Werks- und Realverbrauch

Noch mehr planwirtschaftliche Tricks gefällig? Wie wär's mit der Diskrepanz zwischen Werksverbrauch, der für die Flottengrenzwerte relevant ist und dem Realverbrauch, der auch mit Einführung des eigentlich etwas realistischeren WLTP-Zyklus kleiner geworden sein sollte. Aber verschwunden ist er nicht.

Noch immer liegt der durchschnittliche reale CO2-Ausstoß laut einer Analyse des Umweltdachverbands Transport&Environment bei 155 g/km, nicht bei den offiziellen Werten, die von 2019 auf 2020 angeblich von 122 auf 111 g/km gesunken sind.

Mag sein, dass zu dieser wundersamen "CO-Schmelze" auch die vielen zugelassenen Plug-in-Hybride beigetragen haben, bei denen die Differenz zwischen "Soll" und "Haben" besonders groß ist. Sie hängt einzig und allein am hohen Anteil elektrisch gefahrener Strecken, was sich gemäß mehrerer Studien so in der Praxis nicht beobachten lässt.

Der Anteil an SUV steigt auf 39 Prozent - Kleinwagen sterben aus

So erfüllten dann formal auch BMW, PSA, Volvo oder FCA bereits im ersten Halbjahr 2020 ihre "Hausaufgaben", alle Hersteller mit üppig wachsenden PHEV-Anteilen speziell auch im SUV-Segment. Auf 39 Prozent Marktanteil kommen die "Stadtgeländewagen" mittlerweile in Europa, Stand erstes Halbjahr 2020. Kleinwagen sterben dagegen aus: Jüngst wurde kolportiert, PSA wolle das A-Segment mit ihren formidablen und auch ohne durstigen Doppel-Antrieb sparsamen Trio C1/108/Toyota Aygo aufgeben. Renault, Nissan, Ford und Toyota (!) haben eine kleine Lücke von zwei Gramm zu schließen. Was bei den Japanern besonders erstaunt, denn bei ihren geschlossenen Hybrid-Modellen liegt die Diskrepanz zwischen Werksversprechen und Straßenrealität traditionell sehr niedrig. Der Ehrliche ist also irgendwie der Dumme, wenn man so will.

Aber das Klima lässt sich nicht austricksen. Und es wandelt sich einfach weiter in einer selbst Klimawissenschaftler erschreckenden Rasanz, ohne Rücksicht auf buchalterische Tricks von Politik und Industrie.

Das gilt im Übrigen auch für die Klimabilanz von Elektroautos generell: Wir sollten nicht dem Trugschluss erliegen, mit "Elektro" würde alles gut. Wenn man das Wettrüsten bei den Akkukapazitäten und Motorleistungen betrachtet, denkt man sich ohnehin, hier ersetzt nur der "elektrische Hedonismus" den "fossilen Hedonismus". Oder was soll ein Tesls Model S Plaid mit 1.100 PS, der angeblich auf der US-Rennstrecke dem Lucid Air drei Sekunden abgenommen hat und in absurden 2,1 Sekunden auf 100 km/h schnell?

Schwachsinn, jedenfalls auf einem amerikanischen Highway mit striktem Tempolimit von maximal 120 km/h oder einer deutschen Autobahn, die hoffentlich bald auf 130 km/h limitiert sein wird - in jedem Fall aber schon heute chronisch verstopft ist. Und der CO2- und Rohstoffrucksack, den ein 100-kW-Akku mit sich bringt, ist da noch nicht mal berücksichtigt. Sorry, aber das kann nie nachhaltige Mobilität sein.

Bei der "großen Transformation" sollten wir die motorische Abrüstung mal schön mitdenken. Sonst ist dem Klimaschutz nicht gedient.

Und der müsste eigentlich ja "Menschenschutz" heißen, denn dem planetaren System ist es ziemlich wurscht, wie der Homo sapiens darauf lebt. Aber uns kann da nicht egal sein. Also macht endlich Schluss mit dem Quatsch. Und Ernst mit dem Klimaschutz.

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