Renault und Geely forcieren Hybrid-Antriebe weltweit

Eine französisch-chinesische Antriebsallianz will global führend bei optimierten Verbrennern werden. 17 Motorenwerke und fünf F&E-Zentren auf drei Kontinenten mit 19.000 Mitarbeitern sind geplant, die 130 Länder beliefern sollen. Vorgesehen sind Verbrenner, Voll-Hybrid und Plug-ins. Ein fragwürdiges Vorhaben.

Voll auf Doppelherz: Renault und Geely glauben an die Berechtigung "hybrider" Antriebe und steigen global in die Entwicklung ein. Aber warum nur? Im Bild: E-Tech-Hybrid-Antrieb im neuen SUV Renault Austral. | Foto: Renault
Voll auf Doppelherz: Renault und Geely glauben an die Berechtigung "hybrider" Antriebe und steigen global in die Entwicklung ein. Aber warum nur? Im Bild: E-Tech-Hybrid-Antrieb im neuen SUV Renault Austral. | Foto: Renault
Johannes Reichel

Die Renault Group und der chinesische Automobilhersteller Geely haben in einem unverbindlichen Rahmenvertrag ein neues Gemeinschaftsunternehmen vereinbart, an dem die Partner jeweils 50 Prozent der Anteile halten werden. Ziel der neuen Partnerschaft sei es, führend bei der nächsten Generation von "Hybrid- und hocheffizienten Verbrenner-Antriebslösungen" zu werden, wie es heißt. Das neue Unternehmen werde zahlreiche Marken weltweit mit einem breiten Portfolio an Antriebssträngen einschließlich elektrifizierter Lösungen beliefern. Insgesamt sind auf drei Kontinenten 17 Motorenwerke sowie fünf Forschungs- und Entwicklungszentren mit rund 19.000 Mitarbeitern geplant, die 130 Länder beliefern sollen. Die Initiative sei Teil des Strategieplans „Renaulution“ der Renault Group und des Umstiegs von Geely auf intelligente E-Mobilitätsdienstleistungen.

Dabei soll es sich um einen eigenständigen globalen Hersteller von Antriebssystemen handeln, der Hybridantriebe der nächsten Generation produzieren wird. Zum Start wird das neue Unternehmen voraussichtlich mehrere Industriekunden beliefern, darunter Renault, Dacia, Geely Auto, deren Töchter Volvo Cars, Lynk & Co, Proton sowie den Renault-Allianz-Partner Nissan und die Mitsubishi Motors Company. In Zukunft könnten die Partner auch Antriebsstrangtechnologien für andere Automarken anbieten, kündigte man weiter an.

Fünf Millionen Motoren, die noch mit Verbrenner laufen

Die Gesamtkapazität wird sich auf über fünf Millionen Verbrennungs-, Hybrid- und Plug-in-Hybridmotoren sowie Getriebe pro Jahr belaufen. Das gemeinsame Produktportfolio und die globale Präsenz des neuen Unternehmens könnte Lösungen für 80 Prozent des weltweiten Verbrenner-Marktes liefern, so die Überzeugung. Die Bekanntgabe der Vereinbarung erfolgte im Rahmen des Capital Market Day der Renault Group in Paris, bei dem der Konzern eine Reihe von Initiativen zur Beschleunigung seiner Transformation vorstellte und seine mittelfristigen finanziellen Aussichten erläuterte.

„Wir freuen uns, dass wir uns mit Geely auf eine ambitionierte Partnerschaft geeinigt haben, um die Entwicklung von Verbrennungs- und Hybridmotorentechnologien fortzusetzen, die in den kommenden Jahrzehnten ein wichtiger Bestandteil der automobilen Wertschöpfungskette bleiben. Wir werden in der Lage sein, mehreren Automobilherstellern weltweit erstklassige Antriebsstrang- und Elektrifizierungslösungen anzubieten und das Marktpotenzial für diese emissionsarme Technologie zu erschließen", erklärte Luca de Meo, CEO der Renault Group.

Eric Li, Vorsitzender der Geely Holding Group sieht die Kooperation aufbauend auf dem bisherigen konzernweiten technologischen Know-how und Markenportfolio. Man wolle den zukunftsweisenden Weg in Sachen Nachhaltigkeit und Wertschöpfung fortsetzen, versprach Li. Das neue Unternehmen werde aber auch Partner und Anteilseigner aufnehmen, die bereit sind, einen Beitrag zu branchenführenden, emissionsarmen und emissionsfreien Ökosystemen weltweit zu leisten, wie man formuliert. Geplant ist, dass die Rahmenvereinbarung im Jahr 2023 zu einem formellen Zusammenschluss führen wird. Weitere Einzelheiten über das neue Unternehmen werden voraussichtlich in den kommenden Monaten bekannt gegeben.

Was bedeutet das?

Puh, wenn sich der Elektro-Pionier Renault da mal nicht hinter einen abgefahrenen Zug wirft. Ganz einleuchtend ist es jedenfalls nicht, dass man ausgerechnet jetzt eine Offensive für "optimierte Verbrenner" startet, da sich die EU endlich zu einem Committment über den Ausstieg aus der Verbrennertechnologie durchgerungen hat, der 2035 vollzogen sein soll. In eine Nische von 13 Jahren zu springen, mit einer Technologie, die sich im Falle des Plug-in-Hybrid wohl bald von selbst erledigt, im Falle des Vollhybriden allenfalls in Kleinwagen Sinn ergibt (und von Toyota vor 25 Jahren mit großem Erfolg marktreif gemacht wurde und durchaus noch immer ihre Berechtigung hat) und im Falle des noch so fein "optimierten Verbrenners" schlicht gar keine Zukunft hat, respektive haben darf, wollen wir die atmophärischen Störungen noch halbwegs im Zaum halten.

Insofern darf man über diese hochfliegenden Pläne ein dickes Fragezeichen setzen. Und die Frage stellen: Sollte man nicht eher alle Energie darauf verwenden, endlich wirklich erschwingliche Elektroautos zu bauen, wie es Renault mit dem Dacia Spring, ein Ableger des in China gebauten Renault E.Z., vorexerziert hat?

Beim Twingo E-Tech funktioniert das leider weniger gut, an den Erfolg eines Fiat 500e reicht er nicht heran und ist auch als "Volksstromer" zu teuer. Die batterieelektrische Mobilität ist die effizienteste und die einzige, die vielleicht mal wirklich klimaneutral organisiert werden kann, wenn man all die Probleme in der Vorkette und im Recycling gelöst haben wird. Die Spritpreise werden zudem weltweit weiter steigen, sodass die Hybridtechnologie ebenfalls immer teurer kommen und immer weniger den Anspruch eines "Antriebs für's Volk" einlösen können wird. So wirkt das gewaltige, vielleicht auch industriepolitisch motivierte Vorhaben mit den Doppelantrieben und "optimierten Verbrennern" ziemlich aus der Zeit gefallen, nicht nur aus europäischer Sicht, sondern auch aus chinesischer: Im Reich der Mitte, das strategisch die Stufe "Verbrenner" sowieso überspringen wollte und dabei sehr weit gekommen ist, dürfte der Verbrenner noch schneller Geschichte sein, wie in Europa.