Werbung
Werbung

Porsche, Audi & BMW: Warum Autohersteller jetzt Pedelecs bauen

Automobilhersteller von Audi über BMW bis Porsche und Volkswagen haben E-Bikes für sich entdeckt und bieten diese unter eigener Marke an. Warum das weit mehr als ein Marketinggag ist und welche Trends den Markt bestimmen, erklärt Tobias Seige, Partner der internationalen Investmentbanking Beratungsgesellschaft TD Cowen in einem Gastbeitrag für VM. Feststeht: Die Nutzung von E-Bikes statt großer E-Autos im städtischen Raum ist ein wichtiger Schritt Richtung Nachhaltigkeit.

Mehr als ein Marketinggag: Porsche forciert den E-Bike-Bau mit einem eigenen Unternehmen und integriert den Spezialisten Fazua sowie den Bike-Hersteller Greyp. | Foto: Porsche
Mehr als ein Marketinggag: Porsche forciert den E-Bike-Bau mit einem eigenen Unternehmen und integriert den Spezialisten Fazua sowie den Bike-Hersteller Greyp. | Foto: Porsche
Werbung
Werbung
Johannes Reichel

Laut Statista verbrachten Münchner Autofahrer zwischen 2020 und 2022 durchschnittlich 74 Stunden pro Jahr mit Warten im Stau. Damit ist die Isarmetropole Deutschlands Spitzenreiter in Sachen Zeitverlust. Doch in anderen europäischen Großstädten sieht es kaum besser aus. Hinzu kommt, dass einige Ballungsräume, wie etwa Paris oder auch Amsterdam, Autos schon bald komplett aus dem innerstädtischen Bereich verbannen wollen und teure Parkplätze, Citymaut oder Tempolimits das innerstädtische Autofahren zunehmend unattraktiver machen.

Autohersteller wie BMW, Mercedes & Co benötigen deshalb dringend alternative Konzepte. Kein Wunder also, dass mittlerweile nahezu alle OEMs E-Bikes für sich entdeckt haben. Denn die Kunden erwarten Mobilitätsangebote, die es ihnen auch in Zukunft ermöglichen, individuell in die Städte zu gelangen. Und mit den elektrisch angetriebenen Fahrrädern schaffen Automobilhersteller nicht nur ein alternatives Mobilitätsangebot, sondern auch ein erweitertes Markenerlebnis für ihre Kunden.

E-Bikes müssen zum Markenkern des Autoherstellers passen

Bei aller Euphorie müssen Hersteller jedoch darauf achten, dass die angebotenen Bikes dem Markenkern entsprechen, sodass sich die Käufer damit identifizieren können. Bei einem Sportwagenanbieter wie Porsche sind dies Sportlichkeit, hervorragendes Handling, gute Bremsen, hochwertige Materialien und ein attraktives Design. All das sollte sich auch in den Bikes widerspiegeln. Eine Marke wie Jeep steht dagegen eher für Robustheit und den Einsatz neben der Straße.

E-Bikes spielen wichtige Rolle für nachhaltiges Gesamtkonzept der Autobauer

Der Verkauf von Automobilen bleibt natürlich das Kerngeschäft von Automobilherstellern, doch die Nutzung von E-Bikes, anstelle von großen batterieelektrischen Automobilen im innerstädtischen Raum, ist ein wichtiger Schritt in Richtung Nachhaltigkeit. Deshalb spielen E-Bikes eine bedeutsame Rolle für ein nachhaltiges Gesamtkonzept der Automobilhersteller. Denn mit den angebotenen E-Bikes können die Kunden der Autohersteller nachhaltig am individuellen Verkehr in Städten teilnehmen, ohne die Lebensqualität der Bewohner durch Emissionen zu schmälern.

CSRD-Initiative der EU gibt E-Bikes weiteren Rückenwind

Im April 2021 hat die Europäische Kommission ihren Vorschlag für eine Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) veröffentlicht, das im November 2022 vom EU-Parlament angenommen wurde. Wird das Gesetz verabschiedet, muss das neue Europäische Nachhaltigkeitsreporting ab dem 1. Januar 2024 für das Geschäftsjahr 2023 angewendet werden. Unter anderem verlangt die neue Richtlinie, dass  sich Unternehmen Nachhaltigkeitsziele setzen, Maßnahmen definieren und Fortschritte bei der Zielerreichung offenlegen. Im Zuge dessen könnte der Einsatz von E-Bikes, etwa auf einem größeren Betriebsgelände oder von Lastenfahrrädern bei der Auslieferung in der letzten Meile, der Branche weiteren Schub verleihen.

Speziell das letztgenannte Thema dürfte stark durch Logistikdienstleister wie die Deutsche Post oder Amazon getrieben werden, die die “Letzte Meile” als Geschäftsfeld haben. Wir sehen hier aber auch im kommunalen Bereich einige Initiativen. Denkbar sind auch Modelle, bei denen Unternehmen Mitarbeitende finanziell beim Erwerb eines E-Bikes unterstützen, die im Nahverkehr zur Arbeit kommen, oder bei denen  sich Mitarbeitende aus einem E-Bike Pool bedienen können. Laut CSRD sind übrigens nicht nur die großen Unternehmen ab 250 Mitarbeitern berichtspflichtig, sondern auch alle kapitalmarktorientierten kleinen und mittleren Unternehmen, mit Ausnahme von Kleinstunternehmen. Details zur Berichtspflicht gibt es hier.

Zahl der Player im E-Bike-Markt geht zurück, Autohersteller haben Vorteile

Vor 15 Jahren waren die Eintrittsbarrieren auf dem Bikemarkt deutlich geringer, weshalb der Markt heute auch so fragmentiert ist und es eine sehr große Zahl von Herstellern gibt. Aus meiner Sicht wird sich die Branche aber in den kommenden Jahren durch die wachsende Komplexität der Bikes stark konsolidieren. Denn das Fahrrad wird immer mehr zu einem Fahrzeug.

Durch die Elektrifizierung der Bikes haben Autohersteller deshalb immer mehr Schnittmengen. Das gilt für Motor und Getriebe von E-Bikes ebenso wie für das Batteriesystem und zunehmend auch für die Konnektivität. Auch die Software wird bei den Bikes immer relevanter, zum Beispiel beim Antrieb, beim Batteriemanagement oder der Vernetzung. Viele Features, die es bei Automobilen bereits gibt, lassen sich mit relativ wenig Aufwand auch auf E-Bikes übertragen. Reine Bike-Hersteller können da kaum mithalten und müssen viele dieser Kompetenzen meist erst entwickeln.

Porsche wird bei dieser Entwicklung sicher ganz vorne mit dabei sein. Der Sportwagenbauer aus Zuffenhausen hat über den Bugatti-Deal, mit Rimac zusammen, eine Bikemarke sozusagen geerbt. In einem zweiten Schritt ist Porsche mit dem Kauf des Startups Fazua in die E-Bike-Antriebstechnologie eingestiegen und bietet nun selbst entwickelte E-Bikes unter eigenem Markennamen an.

Der Wandel zu breit aufgestellten Mobilitätsanbietern ist für OEM alternativlos

Wollen die Autohersteller in einer Welt der Verkehrswende, des Mobility-Sharing und der Mikromobilität ihre Umsätze sichern, müssen sie die Transformation zu breit aufgestellten Mobilitätsanbietern schaffen. Deshalb versuchen sie schon jetzt, nicht nur mit dem Fahrzeugverkauf, sondern auch über die Fahrzeugnutzung Geld zu verdienen. Dabei spielen Software und das IoT eine zunehmend wichtige Rolle. Hinzu kommen natürlich weitere Mobilitäts-Erlebnisse einer Marke, die Autohersteller monetarisieren, unter anderem auch E-Bikes.

Zum Autor:

Tobias Seige ist Partner bei der Investmentbanking Beratungsgesellschaft TD Cowen Continental Europe. Er begleitet Firmen bei internationalen M&A-Transaktionen, Carve-Outs und Restrukturierungen. Bevor er 2004 zu TD Cowen kam, war er CEO der von ihm gegründeten Trident Components Group Ltd, einer pan-europäischen Gruppe zur Entwicklung und Produktion von Leichtmetall-Komponenten für die Automobilindustrie. Davor war er 12 Jahre Mitglied der Geschäftsleitung der VDO Adolf Schindling AG, einem der weltweit größten Automobilzulieferer. Tobias Seige ist Diplomingenieur (ETH Zürich) und MBA des INSEAD und sitzt im Aufsichtsrat mehrerer europäischer Firmen.

Werbung
Werbung