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polisMOBILITY 2022: Erste Sitzprobe Toyota bz4x - das E-Rad nicht neu erfunden

Als Kölner Unternehmen war die Marke breit präsent - und stellte neben Kinto-Cargobikes und dem visionären iRoad auch den ersten Vollstromer der Marke, den Kompakt-SUV bz4x aus. Der erfindet zwar das "Rad" nicht neu, bietet aber ein solides Strompackage. Erste Eindrücke.

Vollformat: Der erste Vollstromer von Toyota misst 1,60 Meter in der Höhe und 4,70 in er Länge, verlässt damit deutlich die Kompaktklasse. | Foto: Michael Frey/HUSS-VERLAG
Vollformat: Der erste Vollstromer von Toyota misst 1,60 Meter in der Höhe und 4,70 in er Länge, verlässt damit deutlich die Kompaktklasse. | Foto: Michael Frey/HUSS-VERLAG
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Johannes Reichel

Elektromobilität? Machen wir seit einem Vierteljahrhundert! Stolz und etwas störrisch verweist man bei Toyota am Stand, der im Rahmen der polisMOBILITY 2022 prominent und zentral platziert war, auf die Hybrid-Tradition, die mit dem Prius vor gefühlten Urzeiten und in einem noch ganz anderen automotilen Zeitalter 1997 begann. Klar muss man diese Pioniertat anerkennen. Es verwundert aber gerade deswegen, dass bei all dieser Erfahrung mit der Elektrifizierung von Antrieben der erste Schritt mit einem vollelektrischen Fahrzeug (mal abgesehen vom UX300e der Schwestermarke Lexus) erst jetzt erfolgt. Was Toyota da auf die Räder gestellt hat, kann sich zwar durchaus sehen lassen, wirkt aber im mittlerweile fülligen Reigen an Elektro-SUV der Kompaktklasse eher ein wenig "me too".

Wobei: Was heißt hier kompakt: Mit 4,70 Meter Länge streckt sich der Strom-Toyo auf obere Mittelklasse-Format, mit 1,60 Meter ist er ordentlich hoch und mit 1,86 Meter auch nicht gerade stadttauglich schmal. Für die Länge erwartet man, wenn schon keinen Frunk, denn doch einen großen Kofferraum. Aber auch hier bleibt der bz4x mit 452 Litern eher durchschnittlich begabt und mehr in der Golf-Klasse verharrend. Das ultrafache Unterflurfach packt gerade mal das Ladekabel, wenn man es akurat zusammenrollt. Und die steil abfallende Heckklappe erschwert den Transport von höherer Fracht, wie etwa einem Fahrrad mit eingebautem Vorderreifen. Mit der Flexibilität sieht es auch eher mau aus, asymmetrisch klappbare Rückenlehnen, das war's. Dabei bleibt eine Stufe im Fahrgastraum. Verschiebbare Lounge-Rückbänke mit verstellbarer Neigung zur adaptiven Erweiterung des Gepäckabteils wie bei den Koreanern sucht man vergebens. Auch die Ladebreite ist nicht überragend.

Futuristisches Design, konservatives Package

Das Design will sehr futuristisch sein, wirkt aber etwas überbemüht mit den vielen Sicken und konkav-konvex zulaufenden Falzen, den ausgestellten und üppig kunststoffverschalten Radläufen, die man so eher von Transportern gewohnt ist. Auch das ausladende, etwas grobschlächtig anmutende Heck wird nicht jedem oder jeder gefallen. Vom Fahrersitz aus nach Vorn ist die Übersicht eher mäßig, was der Toyo aber mit vielen Fahrzeugen dieser Gattung teilt. Hilfreich sind immerhin die Dreiecksfensterchen. Das Layout des Cockpits simuliert ebenfalls Captain Future und erinnert mehr an ein Raumschiff. Auch hier gibt es so viele Falze und Spalte, dass man an Staubwischen nicht denken mag. An der Bedienung gibt es ansonsten auf den ersten Blick nicht viel zu kritisieren, der Hersteller fährt hier eine wohltuend konservative Linie aus ausreichend formatiertem Infotainment und Direktbedienung der wichtigsten Funktionen per Taste. Die Verarbeitung ist tadellos, zudem bemüht sich der Hersteller mit textil strukturierten Oberflächen mehr als früher um Wohnlichkeit und Raffinesse. 

Kein Raum- und Flexibilitätswunder

Vorne sitzt man auf recht bequemem, gut konturierten Gestühl mit etwas kurzen Sitzflächen und hat ausreichend, aber nicht üppig Platz. Die wuchtige Mittelkonsole engt das Raumgefühl ein, die Fächer darunter sind so schwer zugänglich, einseh- und nutzbar. Im Fond, der über die weit öffenenden Türen gut zugänglich ist, hätte man bei 4,70 Meter Länge doch mehr Raum erwartet, man kommt klar. Ein Raum- und Flexibilitätswunder wie der Hyundai Ioniq 5 ist der Toyo aber definitiv nicht. Auch hinter einem Kia EV6 bleibt das Platzangebot zurück. Störend ist insbesondere, dass man die Füße nicht unter den Vordersitz schieben kann. Die Sitzflächen sind für Menschen über 1,80 eher etwas kurz geraten. Immerhin gibt es einen flachen Boden, große Türfächer und die obligaten USB-Anschlüsse.

Ist das Design eher Geschmackssache und betont futuristischer Toyo-Style, bleibt das Layout mit Frontmotor und Frontantrieb in der Basisversion (Allrad optional) eher auf der elektrisch-konservativen Seite. Einen Frunk sucht man unter der gar nicht mal so kurzen Haube vergebens, hier ist der E-Synchron-Motor mit 150 kW (265 Nm) untergebracht, der beim Allrad 160 kW leistet und zu dem sich beim 4x4 ein 80-kW-Heckantrieb (gesamt 336 Nm) gesellt. Immerhin: Sollte sich die vom Hersteller meist ehrliche Verbrauchsangabe von 14,4 bis 16,7 kWh/100 km bewahrheiten, könnte der Fernost-Stromer hier eine Bestmarke setzen und zumindest auf dem hohen Effizienzniveau von Hyundai oder Tesla fahren. Mit dem ordentlich dimensionierten 71,4 kWh-Akku unterflur würde das für eine Reichweite zwischen 442 und sogar 513 Kilometer beim Fronttriebler genügen, der sowieso den meisten Ansprüchen genügen dürfte, wenn man kein Förster oder Almbesitzer ist. Zur guten Reichweite speziell im Winter soll auch die serienmäßige Wärmepumpe beitragen. Man wird sehen - oder besser fahren. Auch der 150 kW-CCS-Lader kann sich sehen lassen, weniger dagegen der nicht mehr zeitgemäße 6,6-kW-AC-Anschluss, der einem lange Ladezeiten an der Normalstation beschert. Die Ladeklappe ist fahrerseitig am Radlauf platziert, nicht zwingend die "zugänglichste" Position.

So bleibt unterm Strich ein wenig ein "hybrides" Gefühl bei der ersten Begegnung mit dem ersten Stromer aus dem Hause Toyota. Fast wirkt das Paket etwas "lustlos" und hastig geschnürt. Und ob der Toyo wirklich neue Maßstäbe setzt und der Hersteller die stets betonten langen Jahrzehnte der Erfahrung in der Entwicklung elektrischer Antriebe wirklich auch auf die Straße bringt, muss sich beim ersten Test erweisen.

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