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Plug-in-Hybride: CO2-Vorteil erst ab 50 Prozent E-Anteil

Mindestens die Hälfte der Wege muss man mit einem Plug-in-Hybrid elektrisch zurücklegen, damit die Fahrzeuggattung wirklich zur CO2-Reduktion beiträgt, hat ein NPM-Gremium errechnet.

Nur grün mit viel Strom: Mindestens die Hälfte der Wege müsse elektrisch zurückgelegt werden, damit Plug-in-Hybride zur CO2-Einsparung beitragen können. | Foto: Opel
Nur grün mit viel Strom: Mindestens die Hälfte der Wege müsse elektrisch zurückgelegt werden, damit Plug-in-Hybride zur CO2-Einsparung beitragen können. | Foto: Opel
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Johannes Reichel

Noch mehr Daten für die Debatte um Sinn und Unsinn der Plug-in-Hybrid-Technologie in Pkw: Auf Bitte der Bundesregierung hat ein Expertengremium der Nationalen Plattform Zukunft der Mobilität (NPM) ausführliche Handlungsempfehlungen zum optimierten Nutzungsgrad von Plug-in-Hybridfahrzeugen (PHEV) erarbeitet. Ein wichtiges Ergebnis des Gremiums: Plug-in-Hybrid-Fahrzeuge können ab 50 Prozent elektrischem Fahranteil zur Senkung von CO2-Emissionen beitragen und Wegbereiter für die Elektromobilität sein. Insbesondere bei Dienstfahrzeugen gebe es aber noch Nachholbedarf. Die Ergebnisse decken sich damit zum Großteil mit einer weiteren Studie aus der jüngsten Zeit: Fraunhofer ISI und das ICCT werteten global Daten von rund 100.000 PHEVs aus. Ihre Bilanz: Mindestens doppelt so hoch sind die Emissionen, bei Flotten sogar vierfach. Viel zu selten wird der E-Modus genutzt.

"Optimal genutzt können Plug-in-Hybridfahrzeugen (PHEV) ihre technologischen Stärken ausspielen und zur Senkung von CO2-Emissionen beitragen. Um einen möglichst hohen elektrischen Fahranteil zu erreichen, ist ein Zusammenspiel von mehreren Faktoren ausschlaggebend", bilanzieren jetzt auch die NPM-Autoren.

Wenn der elektrische Fahranteil bis zum Jahr 2030 auf 55 Prozent bei Dienstwagen und 65 Prozent bei Privatfahrzeugen gesteigert werden könne, ergebe sich eine signifikante Minderung von Treibhausgas-Emissionen gegenüber einem Szenario mit den heutigen geringeren elektrischen Fahranteilen. Nach den Berechnungen der wissenschaftlichen Berater (M-Five, Fraunhofer ISI) ergäbe sich durch die Erhöhung des elektrischen Fahranteils von heute 43 Prozent auf 65 Prozent für private PHEV im Jahr 2030 und von heute 18 Prozent auf 55 Prozent für Dienstwagen bei ungefähr gleichbleibend hohen Jahresfahrleistungen eine Verringerung der direkten CO2-Emissionen (ohne Energiebereitstellung oder Fahrzeugproduktion) auf der Straße von ca. 2,5 – 2,9 Mio. Tonnen CO2-Äquivalenten 2030. 

Aktuell deutlich höhere Verbräuche als im Testzyklus

Die Daten aus bisherigen Studien zeigten, dass die realen Kraftstoffverbräuche und CO2-Emissionen von PHEV im Mittel deutlich höher als in Testzyklen sind. Der mittlere reale elektrische Fahranteil von PHEV in Deutschland liege bei 43 Prozent bei Privatfahrzeugen und bei 18 Prozent für Dienstwagen (Plötz et al. 2020). Zum 1. April 2020 waren laut Kraftfahrtbundesamt 58 Prozent des PHEV-Bestandes in Deutschland gewerblich gehalten, vermutlich vor allem Dienstwagen und 42 Prozent privat. Allerdings zeigten die Studienergebnisse auch, dass PHEV mit Testzyklus-Reichweiten von über 75 km heute schon elektrische Fahranteile von über 50 Prozent erreichen. Die weitere Erfassung und Auswertung von Daten zu PHEV der aktuellen Generation sei daher dringend erforderlich, um ein realistisches Bild des Nutzungsverhaltens zu erhalten, so das Plädoyer. Daten zu PHEV der ersten Generation seien nur bedingt aussagekräftig, da sie nicht den aktuellen Stand der Technik widerspiegelten.

Man erhofft sich allerdings eine Verbesserung der Datenlage aufgrund der Verordnung (EU) 2018/1832, die die Fahrzeughersteller verpflichtet, im Fahrzeug eine Einrichtung zur Erfassung des realen Kraftstoff- bzw. Energieverbrauchs zu installieren. Mit diesen On-board fuel consumption monitoring (OBFCM)-Werten stehe eine zuverlässige Möglichkeit zur Datenerfassung der Verbrauchsdaten von PHEV zur Verfügung

Türöffner für die Elektromobilität ohne Reichweitenangst

Man wolle festhalten, dass Plug-in-Hybridfahrzeuge (PHEV=Plug-in hybrid electric vehicle) als Wegbereiter für die Elektromobilität dienen und in Verbindung mit der Nutzung von alternativen Kraftstoffen integraler Bestandteil des Antriebsportfolios der Zukunft sein können. Mit dieser Technologie sei es möglich, Kundinnen und Kunden schrittweise und ohne Reichweitenangst an die Elektromobilität heranzuführen, ohne auf Vorteile des Verbrenners, beispielsweise bei langen Fahrten, zu verzichten. Sie böten die Möglichkeit, neben den Alltagsstrecken wie dem Pendeln zur Arbeit im elektrischen Betrieb, auch Wochenend- und Urlaubsreisen wie gewohnt durchzuführen. 

Bei Pendler/innen, die täglich kurze bis mittlere Strecken zurücklegen, sei ein elektrischer Fahranteil von ≥50 Prozent mit den kommenden PHEV-Modellen gut erreichbar, da sie die elektrische Reichweite des PHEV optimal nutzen könnten. Vielfahrer/innen mit langen Strecken bildeten für die PHEV-gerechte Nutzung hingegen eine Herausforderung, sodass Beratungs- und Verkaufsgespräche vor der Kaufentscheidung einem möglichen Fehlkauf vorbeugen können, votieren die Autoren.

Als weitere Argumente führen die Autoren an:

  • Wertschöpfung und Beschäftigung: Durch die Hybridtechnologie kann nach Einschätzung der Taskforce eine sozialverträglichere Transformation der bestehenden Wertschöpfungsnetzwerke erreicht werden. Ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen bestehenden und neuen Technologienpfaden ist dabei entscheidend (vgl. u.a. e-mobil BW 2019, Fraunhofer IAO 2018, IAB 2018)
  • Durch die Kombination von BEV und PHEV ergeben sich für die Automobilindustrie größere Stückzahlen in der Elektromobilität. Durch daraus entstehende Skaleneffekte können die Kosten der elektrischen Kom-ponenten in der Entwicklung und Produktion rasch gesenkt werden. Die Integration des PHEV in modulare Elektro-Baukastensysteme der Fahrzeughersteller wird die Kosten zusätzlich sinken lassen.
  • Modell-Berechnungen des Fraunhofer IAO zeigen, dass vom PHEV positive Beschäftigungseffekte ausgehen und eine höhere PHEV-Anzahl den Personalrückgang in der Automobilindustrie im Zeitverlauf streckenkann. Vor dem Hintergrund zurückgehender Anteile von Verbrennungsfahrzeugen können Arbeitsplätze gehalten werden.
  • Entwicklung der elektrischen Reichweite bis 2030: Heute neu zertifizierte PHEV-Fahrzeugmodelle schaffen eine elektrische Reichweite von rund 50 bis 70 km. Erste Modelle mit einer elektrischen Reichweite von 80 bis 100 km sind bereits im Markt verfügbar oder angekündigt. Laut MiD (Mobilität in Deutschland) 2017 lassen sich damit knapp 99 % der täglichen Fahrten mit dem elektrischen Antrieb umsetzen, was 75 % der jährlichen Fahrleistung entspricht.

 

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