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Planungsbeschleunigung: Güterbahnen wollen Vorfahrt für Schiene

Der Verband Die Güterbahnen beklagt den Kapazitätsvorsprung der Straße, verursacht durch Jahrzehnte straßenorientierter Infrastrukturpolitik. Verkehrsminister Wissing hingegen hält Stillstand im Infrastrukturbereich für die schlechteste Antwort zum Zeitpunkt einer Zeitenwende.

Während der Verband die Güterbahnen den Vorrangingen Ausbau der Schieneninfrastruktur fordert, wollen andere ein Planungsbeschleunigungsgesetz für alle Verkehrsträger. (Foto: Pixabay)
Während der Verband die Güterbahnen den Vorrangingen Ausbau der Schieneninfrastruktur fordert, wollen andere ein Planungsbeschleunigungsgesetz für alle Verkehrsträger. (Foto: Pixabay)
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Johannes Reichel
von Christine Harttmann

In dem Koalitionsstreit um das Planungsbeschleunigungsgesetz haben sich zwischenzeitlich verschiedene Branchenverbände zu Wort gemeldet. Alle eint, dass sie die Politik zum Handeln drängen wollen. Doch während unter anderem das Baugewerbe „Deutschlandtempo“ für die Schiene und die Straße, also ausdrücklich auch für den Neubau von Autobahnen, fordert, drängt der Verband Die Güterbahnen darauf, einen deutlichen Fokus auf den Schienengüterverkehr zu legen.

Schienengüterverkehr nicht kleinreden

Unstrittige Maßnahmen zum Ausbau der Schiene würden in der Bundesregierung festhängen, weil nach dem Willen der FDP auch der Neubau von Autobahnen beschleunigt werden soll, klagten Lobbyvertreter der Schienen- und Güterverkehrsbranche bei einem gemeinsamen Pressetermin in Berlin. So kritisierte Dirk Flege, Geschäftsführer der Allianz pro Schiene:

„Mittlerweile sind wir so weit, dass der Bundesverkehrsminister den Schienengüterverkehr kleinredet, um den Neubau von Straßen zu legitimieren. Dabei ist es eigentlich ganz einfach: Bei der Schiene müssen wir alles beschleunigen, bei der Straße nur die Sanierung.“

Peter Westenberger, Geschäftsführer des Verbands Die Güterbahnen, forderte die Ampel auf, die zu einem Problembündel von Forderungen und Gegenforderungen aufgeblähte Debatte wieder zu zerlegen.

„Die Uhr tickt. Um den unstrittigen Schienenausbau zu beschleunigen, reichen der Koalitionsvertrag und das Ergebnis der Beschleunigungskommission Schiene. Die 70 Vorschläge lässt Wissing seit knapp zwei Monaten liegen.“

Der GDL-Vorsitzende Claus Weselsky bekräftigte wie notwendig es sei, das Schienennetz bevorzugt auszubauen und beherzt zu modernisieren. Nur so könne dem Kapazitätsvorsprung der Straße entgegengewirkt werden, der in den Jahrzehnten straßenorientierter Infrastrukturpolitik stetig größer gewordenen sei.

Alle Augen auf die Schiene

„Es gilt jetzt mehr denn je: alle Augen auf die Schiene, um die politischen Ziele zu erreichen. Die Ressourcen – in der Planung, Genehmigung, bei den Gerichten und im Verkehrswegebau – müssen prioritär bei der Schiene eingesetzt werden“, so Weselsky

Für Prof. Dr. Matthias Gather von der FH Erfurt ist der Straßengüterverkehr der „blinde Fleck der deutschen Verkehrspolitik“. Hier sei in den letzten Jahren abgesehen von leichten Modifizierungen der Lkw Maut keine aktiven Versuche unternommen worden, Anreize für eine Verlagerung der Güter auf die Schiene zu schaffen.

Beispiel Österreich

„Das Beispiel Österreich zeigt, dass bei einer aktiven Verkehrspolitik mit einem klaren Fokus auf der Schiene ein Schienenverkehrsanteil von über 30 Prozent am Transportmarkt nicht unrealistisch ist. Ein weiterer Ausbau des Straßennetzes löst aber keines der Probleme im Straßengüterverkehr“, so Gather.

Malte Lawrenz, Vorsitzender des Güterwagenhalterverbandes VPI betonte die Bedeutung von Verlässlichkeit der Politik:

„Die Äußerungen des Bundesverkehrsministers zur künftigen Leistungsfähigkeit der Schiene sind bedauerlich und demotivierend. In zahlreichen Masterplänen und zuletzt durch die vom Verkehrsminister berufene Beschleunigungskommission Schiene wurde aufgezeigt, wie die Schiene ertüchtigt werden kann – das Wissen ist da. Der Schienengüterverkehr hat noch enorme Leistungsreserven, die durch gezielte Modernisierung gehoben werden können.“

Fixierung auf Autobahnen

Flege ergänzte:

„Im Koalitionsvertrag waren sich alle einig, dass die Schiene beschleunigt ausgebaut werden soll, Straßen hingegen wurden nicht genannt. Durch seine Fixierung auf neue Autobahnen verursacht Bundesverkehrsminister Volker Wissing koalitionsinternen Streit. Dadurch wird der beschleunigte Schienenausbau, der längst hätte auf den Weg gebracht werden können, ausgebremst. Diese Blockade verschärft die Probleme bei der Verkehrsinfrastruktur weiter, statt sie zu lösen.“

Die Straße ist entscheidend

Am Rande eines gemeinsamen Termins mit DB Cargo in Brunsbüttel reagierte Bundesminister Dr. Wissing dann noch auf die Kritik der Güterbahnen:

„Die Anforderungen an unsere Verkehrsinfrastruktur werden für alle Verkehrsträger massiv steigen. Die Straße spielt eine ganz entscheidende Rolle beim Gütertransport. Das wird auch in Zukunft so bleiben. Gleichwohl tun wir alles, um eine Verlagerung auf die Schiene voran zu treiben.“

Wissing verwies auf Prognosen, die zeigen, dass der Güterverkehr insgesamt zunehmen wird. Davor dürfe man die Augen nicht verschließen.

„Stillstand im Infrastrukturbereich ist die schlechteste Antwort im Zeitpunkt einer Zeitenwende. Darum kämpfe ich dafür, dass bei Straße und Schiene schneller gebaut werden kann. Wo der Deutsche Bundestag auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse demokratisch entschieden hat, dass gebaut werden soll, muss der Wille des Souveräns schneller umgesetzt werden.“

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