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Pkw-Maut: Chance zur Mobilitätswende

Die geplante Pkw-Maut könnte nun doch kommen und verstößt laut einem Gutachten des EU-Generalanwalts nicht gegen europäisches Recht. Damit böte sich eine Chance für die Mobilitätswende, wenn man die Maut entsprechend ausgestaltet.

In anderen Ländern längst Alltag: Eine Pkw-Maut - hier in Frankreich - kann auch als Instrument für den ökologischen Umbau des Verkehrssystems dienen. | Foto: Pixabay
In anderen Ländern längst Alltag: Eine Pkw-Maut - hier in Frankreich - kann auch als Instrument für den ökologischen Umbau des Verkehrssystems dienen. | Foto: Pixabay
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Johannes Reichel

Die Pkw-Maut in Deutschland könnte doch mit EU-Recht konform sein. Das ist zumindest die Einschätzung des Generalanwalts am Europäischen Gerichtshof, Nils Wahl. Damit wird dem EuGH auch empfohlen, eine Klage der Länder Österreich und Niederlande wegen Diskriminierung abzulehnen. Allgemein wird die Einschätzung des Generalanwalts als Vorentscheidung gewertet, weil das Gericht den Empfehlungen häufig folgt. Die CSU hatte das Thema Pkw-Maut 2013 zu ihrem zentralen Wahlkampfthema gemacht, inhaltlich aber nicht mit dem Anspruch eines ökologischen Umbaus des Verkehrssystems, sondern um auch ausländische Autofahrer an den Infrastrukturkosten in Deutschland zu beteiligen. Daher sollen deutsche Autofahrer nach Zahlung der Maut über die Kfz-Steuer entlastet werden. Nach Einschätzung des ADAC würde der Aufwand für die Erhebung der Maut kaum durch die Einnahmen gedeckt. In einem Gutachten kam der Verkehrsclub 2017 zu dem Schluss, dass sich keine relevanten Zusatzeinnahmen zu den geschätzten 276 Millionen Euro erzielen ließen.

Aussage gegen Aussage: Deckt die Maut überhaupt die Ausgaben?

Dem widersprach das Verkehrsministerium, das mit deutlich höheren Netto-Einnahmen nach Abzug der durch Inländer bezahlten Beträge von über 830 Millionen Euro aus der Maut bei Kosten von 210 Millionen Euro rechnet. Der ADAC befürchtet zudem, dass die deutsche Pkw-Maut ein Einstieg in ein europaweites, länderübergreifendes Mautsystem sein könnte. Der Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) sah sich bestätigt: "Die Nutzerfinanzierung durch alle, die unsere Infrastruktur benutzen, ist richtig und schafft Gerechtigkeit", meint er. Man wolle das System schon 2020 "zum Laufen" bringen, konkret vom Minister jetzt genanntes Datum ist Oktober 2020. Zudem versprach er, die Gesamteinnahmen würden "zweckgebunden wieder in die Straßen investiert". Darüber hinaus sieht das Ministerium durchaus eine "ökologische Lenkungswirkung" durch die Maut, hier "Infrastrukturabgabe" genannt. Dies will man durch einen "erhöhten Steuerentlastungsbetrag bei der Kfz-Steuer um jeweils 0,65 Euro pro 100cm³ für Euro 6-Fahrzeuge sowie die Differenzierung der Vignettenpreise nach der Schadstoffintensität und Größe der Fahrzeuge" erreichen. Von der noch weitergehenden Förderung alternativer Antriebe oder Elektrofahrzeugen ist nicht die Rede. 

Was bedeutet das?

Wenn es um Rechthaberei geht, hat der Bundesverkehrsminister derzeit so etwas wie einen Lauf: Die Luft, doch nicht so schlecht wie angenommen. Schlechte Luft doch nicht so ungesund? Fahrverbote: Unverhältnismäßig! Die Pkw-Maut? EU-rechtskonform! Statt sich jetzt aber in üblicher CSU-Manier in die Brust zu werfen, wäre etwas mehr Bescheidenheit und Sachlichkeit statt Triumphgeheul angebracht. Und Scheuer sollte, so er es mit der Mobilitätswende ernst meint, schnell die bisher in dieser Hinsicht sehr lückenhafte Maut-Regelung überarbeiten. Die Entlastung von Euro-6-Fahrzeugen ist da wirklich etwas dünn, zumal man mittlerweile weiß, wie viele Schadstoffe auch neueste insbesondere Diesel-Aggregate trotz formaler Erfüllung der Norm realiter ausstoßen.

Euro 6dTemp wäre eine Mindestbedingung, dringend mit aufgenommen gehören mit noch höheren Entlastungssätzen oder gar kompletter Mautbefreiung Elektro- und Hybrid-Fahrzeuge sowie Erdgasmodelle.

Zudem sollte man das Versprechen, die Einnahmen - so sie denn in der Höhe überhaupt kommen - wieder in "die Straße" zu reinvestieren dahingehend modifizieren, dass eben etwa auch die Ladeinfrastruktur damit ausgebaut werden kann, ein 5-G-Netz entlang der Autobahnen installiert oder alternative Verkehrsträger gefördert werden können. Es braucht eine intelligente Maut: Dafür sollte man erst mal diesen in seinem Kern und Geist populistischen Quatsch mit der Rückerstattung über die Kfz-Steuer aufgeben, am besten die Kfz-Steuer gleich streichen, samt Diesel-Privileg.

Wer nutzt, der zahlt, hat der Minister gesagt. Und wer mehr schmutzt, zahlt eben noch mehr - oder eben weniger, wenn man ein E-Auto steuert. Ob man damit die Hoheit über die Stammtische wahrt, ist allerdings zweifelhaft.     

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