Nio: Riesen-Aufschlag im Berliner Tempodrom
Mit Abomodellen, Akkuwechselstationen und einem „Nio-Home-Konzept“ statt klassischen Autohäusern will Nio jetzt schnell und stark in den Premiummarkt einsteigen. Hier gab es noch im Vorfeld Reibereien mit Audi, wo man mit dem Namen des SUV „ES7“ Probleme hatte – für die Ingolstädter zu nah am „S7“, sodass Nio nachgab und es kurzerhand in EL7 umbenannte – was nicht für „Emsland“, sondern für „Electric Lifestyle" stehen soll.
Nio-Chef William Li, der bei weitem nicht so kantig rüberkommt wie Elon Musk, mit der er gern verglichen wird, sieht seine Marke auch global, designorientiert und auf Nachhaltigkeit ausgerichtet. Obwohl Nio den Hauptsitz in Shanghai hat, sitzt das Designzentrum seit jeher in München und wird dort von Chris Tommersen, einem US-isländischen Designchef geleitet. Das technische Zentrum samt Fahrwerksfeintuning findet man in Oxford und die KI- und IT-Zentren in San Jose – womit Li das Beste, für das alle Welt bekannt ist, verknüpfen will: IT aus den USA, Fahrwerke aus UK und Premium-Design aus Deutschland.
Abopreise: Ab 999 Euro beim ET5
Obwohl der ET7 in der Bafa-Liste mit 69.900 Euro geführt wird, erden Nios nicht billig: Den das All-in-Ab für den kleineren ET5 startet bei 999 Euro in Deutschland, ET7 und EL7 werden eher vierstellig. Akku und Auto trennt Nio dabei: Die Batterien kann man separat mieten und künftig vielleicht gar aufzurüsten – ein Schnellwechselsystem macht es möglich. Die Akkus können DC mit bis zu 130 kW geladen werden. Im Sommer 2022 stellte Nio außerdem sein 500-kW-Gleichstromladegerät und die nächste Generation der Batteriewechselstation vor. Ab 2024 könnten auch die ersten semi-solid-State-Akkus an den Start gehen – mit bis zu 150 kWh Kapazität. Außerdem sollen Akku-Updates over the air erfolgen können.
ET: Nios Model-3-Gegner
Über den ET7, den wir ausgiebig fahren konnten, haben wir schon berichtet, deshalb kurz zu ET5 und EL7: Der ET5 punktet mit knackigeren Proportionen als sein großer Bruder und nutzt deutlich kompaktere Antriebe, die zusammen immer noch 360 kW (489 PS) Leistung bieten und ET5 binnen vier Sekunden auf 100 km/h beschleunigen sollen. Leider hat auch er nur einen kleinen Heckdeckel statt großer Heckklappe, was die Funktionalität unnötig beschneidet. Nio aber bei den Kosten und der Stabilität des Rohbaus hilft. Mit viel Glas und luftigem Innenraum – wenn im Fond auch nicht ganz so verschwenderisch viel Platz ist wie im ET7 – zielt er klar gegen das Tesla Model 3. Und dürfte ähnlich effizient sein – nachdem wir schon mit dem ET7 in der Praxis mit rund 20 kWh/100 km auskamen, erwarten wir hier eher Bruttowerte (mit Ladeverlusten) um die 17 bis 18 kWh/100 km – was gegenüber Audi Q4 oder BMW i4 ein klarer Vorteil wäre.
EL7: Deutlich praktischer als die Limousinen, aber eben SUV
Wer mehr Flexibilität und eine Heckklappe braucht, samt 658 Liter Kofferraumvolumen im Standard, wird also in den EL7 „gezwungen“, als SUV prinzipiell nicht so sparsam wie die Limousinen, dafür mit mehr Platz im Fond als beim ET5 und einem variablen Kofferraum. Mit 4,91 Meter Länge konkurriert er klar Mit Mercedes EQE SUV und Co. Der EL7 bietet bis zu 2.000 kg Anhängelast und soll binnen 3,9 Sekunden auf 100 km/h geschossen werden können. Mit 480 kW nutzt er die Antriebe des ET7, mit dem die Marke in Deutschland startet.
Nio-Haus: Viel Community, wenig Auto – wie bei Lynk&Co
Aber Nio sucht auch engen Kontakt zu seinen Kunden, wofür Nio Seeds vorgestellt wurde – eine digitale Kommunikationsplattform: Nio-Gründer und -CEO William Li erklärte, dass er jeden Tag mindestens 30 Minuten damit verbringt, mit Menschen außerhalb des Unternehmens zu sprechen. Dazu passt das Vertriebskonzept „Nio Home“, dass als Mischung aus Café, Co-Working, Shopping und Lounge eine Art Treffpunkt auch für Nicht-Kunden werden soll. Dabei soll nur rund ein Viertel der Ausstellungsfläche Nio-Fahrzeugen gewidmet sein. Genauso kennt man das allerdings bereits von Lynk&Co. Auch bei Nio sollen Veranstaltungen stattfinden inklusive Filmabenden und Vorträgen, die nicht nur für Nio-Kunden, sondern auch für die breite Öffentlichkeit zugänglich sein sollen. Bislang gibt es weltweit bereits 80 dieser Zentren, die meisten davon natürlich in China.
Was bedeutet das?
Nio zielt bei seinen Kunden nach oben: In Berlin fanden sich gefühlt mehr kosmopolitische, designaffine und nachhaltigkeitsbegeisterte Menschen, als man in München, Hamburg und Düsseldorf zusammen hätte zusammenbringen können. Doch die werden in der Regel gut von ihren Premium-Autohäusern betreut oder verzichten ganz aufs Auto. Trotzdem legte Nio im Tempodrom einen starken Start hin. Denn die Autos sind effizienter und je nach Modell trotzdem günstiger als Audis Stromer, sodass man den Ingolstädtern ihr „S7“ großzügig überlassen konnte – auch wenn niemand einen Nio ES7 mit Audis S7 verwechselt hätte.
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