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Neues Straßenverkehrs-Recht: Gemischte Resonanz auf Pläne

Der Entwurf zu einer Reform des Straßenverkehrsrechts und für mehr Entscheidungsspielraum für Kommunen zur Gestaltung etwa von Tempolimits erhält gemischte Resonanz von Akteuren und Verbänden. Der Städtetag sieht die "Tür endlich offen" für klimafreundlichere Mobilität. ADFC: Auch StVO anpassen.

Mehr Platz für Rad- und Fußverkehr: Der ADFC sieht den Entwurf des Verkehrsministeriums positiv und mehr Gestaltungsspielraum für Kommunen. | Foto: ADFC/April Agentur
Mehr Platz für Rad- und Fußverkehr: Der ADFC sieht den Entwurf des Verkehrsministeriums positiv und mehr Gestaltungsspielraum für Kommunen. | Foto: ADFC/April Agentur
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Johannes Reichel

Mit überwiegend positiver Resonanz ist der erste Referentenentwurf des Bundesverkehrsministeriums (BMVD) zur Reform des Straßenverkehrsrechts aufgenommen worden. Als eine der ersten Organisationen hatte der Berliner Think Tank Agora Verkehrswende das Vorhaben als "Fundament für eine bessere Mobilität" bezeichnet, gleichwohl die Rückschritte beim Klimaschutzprogramm der Regierung moniert. Es sei zu begrüßen, dass die Ziele des Umwelt- und Klimaschutzes, der Gesundheit und der städtebaulichen Entwicklung nun gleichberechtigt neben der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs aufgenommen worden seien, so die Agora in einer mittlerweile beim Ministerium eingereichten Stellungnahme im Rahmen der Verbändeanhörung.

Um die Potenziale, die in der Reform stecken, auszuschöpfen, müssten aber Schritte folgen. Im Gesetzgebungsverfahren werde es darauf ankommen, die Gleichwertigkeit der Ziele zu erhalten und einzelne Aspekte möglichst noch zu ergänzen, so die Agora-Autoren. In einem zweiten Schritt müsse auch die Straßenverkehrsordnung (StVO) im Sinne des neuen StVG angepasst werden. Der Entwurf soll am Mittwoch vom Kabinett verabschiedet werden.

Städteinitiative: "Die Tür ist endlich auf"

Nun befanden auch die Vertreter der Initiative "Lebenswerte Städte und Gemeinden durch angemessene Geschwindigkeiten", der mittlerweile 800 Kommunen angehören: "Die Tür ist endlich auf. Wenn die Reform des Straßenverkehrsgesetzes wie angekündigt umgesetzt wird, kommen wir einem Hauptziel der Initiative einen gewaltigen Schritt näher", erklärte Frauke Burgdorff, Beigeordnete für Stadtentwicklung, Bau und Mobilität in Aachen gegenüber Spiegel Online. Wobei ein Sprecher des Ministeriums offen ließ, ob durch die Reform tatsächlich mehr Tempo-30-Zonen ausgewiesen werden könnten.

BUND kritisiert: Länder müssen noch immer zustimmen

Kaum Fortschritt sieht dagegen Jürgen Resch, Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe. Der Entwurf zeige erneut, dass Verkehrsminister Volker Wissing nicht an einer wirklichen Verkehrswende interessiert sei. "Er verweigert Städten und Kommunen weiterhin die notwendigen Entscheidungsspielräume zur Einführung von Tempo 30 und zum Schutz von Fußgängern". Für den Bund Naturschutz (BUND) fehlt den Kommunen auch weiter Spielraum, weil künftig die Rücksprache mit den Ländern nötig sei.

ADFC: Möglichkeiten für Kommunen verbessert

Der Fahrradclub ADFC glaubt allerdings, dass der Entwurf die Möglichkeiten der Kommunen deutlich verbessere, Straßen fahrrad- und klimafreundlich umzubauen. Die Vorsitzende Rebecca Peters forderte Wissing auf, zügig auch die nachgeordnete StVO anzupassen.

„Wenn der vorliegende StVG-Gesetzentwurf vom Kabinett bestätigt wird, ist das ein guter Tag für die Verkehrswende vor Ort. Neben Flüssigkeit und Sicherheit des Verkehrs stehen nun auch Ziele des Klima- und Umweltschutzes, der Gesundheit und der städtebaulichen Entwicklung im Entwurf – eine langjährige Forderung des ADFC und seiner Bündnispartner", kommentierte ADFC-Vorsitzende Rebecca Peters.

Wenn Bundestag und Bundesrat zustimmen, könnten nach ihrem Dafürhalten Kommunen in Zukunft viel leichter verkehrsberuhigte Quartiere einrichten, Fahrradstraßen und Zebrastreifen anlegen und Lücken im Radwegenetz schließen. Das bringe mehr Lebensqualität für alle, in der Stadt und auf dem Land. Voraussetzung sei allerdings, dass ein Widerspruch zwischen Gesetzestext und Begründung bereinigt werde – und dass Bundesverkehrsminister Wissing zügig auch die untergeordnete StVO entsprechend anpasse. Denn die Kommunen schauten auf die StVO, merkt der Verband an. Im neuen Absatz 4a des §6 StVG des Gesetzesvorschlags sieht der Radverband allerdings einen Widerspruch. Dort heißt es:

"Anordnungen, wie Radfahrstreifen oder verkehrsberuhigende Maßnahmen, „müssen neben der Verbesserung des Schutzes der Umwelt, des Schutzes der Gesundheit oder der Unterstützung der städtebaulichen Entwicklung die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs berücksichtigen“. Dieser Imperativ weicht nach Auffassung des ADFC die eigentliche Intention auf, die in der Begründung nachgeliefert wird. Dort heißt es unter Punkt II, „dass mit der gesetzlichen Änderung die Regelungsziele Verbesserung des Schutzes der Umwelt (einschließlich des Klimaschutzes), Schutz der Gesundheit und Unterstützung der städtebaulichen Entwicklung für sich allein genommen ausreichen“.

Der Radverband fordert, hier die Eindeutigkeit der Begründung auch im Gesetzestext zu verankern und die Pflicht zur Berücksichtigung auf die Verkehrssicherheit zu beschränken. So können beispielsweise verkehrsberuhigte Quartiere auch ohne Verkehrszählungen und Unfallstatistiken allein zur Verbesserung der Lebensqualität und der Fahrrad- und Fußgängerfreundlichkeit angeordnet werden.

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