Meinungsbeitrag

Neue E-Auto-Förderung: Im Hochlauf auf die Bremse?

FDP-Chef Lindner wollte die Förderung für E-Autos komplett streichen. Der Kompromiss ist eine Reduzierung, die man vertreten könnte, wenn sie nicht gedeckelt und an die Zulassung gekoppelt wäre, gewerbliche Flotten nicht aussparte. Und wenn sie einherginge mit Streichung fossiler Autosubventionen. So ist das schal und unlogisch.

Unlogisch findet VM-Redakteur Johannes Reichel die geplante Neuregelung der E-Autoförderung. | Foto: HUSS-VERLAG/Angelika Emmerling
Unlogisch findet VM-Redakteur Johannes Reichel die geplante Neuregelung der E-Autoförderung. | Foto: HUSS-VERLAG/Angelika Emmerling
Johannes Reichel

Verstehe noch einer die Politik: Da ist mal eine Maßnahme durchschlagend erfolgreich, wie die E-Auto-Prämie, die trotz des Irrwegs der PHEV-Förderung auch den BEV-Absatz massiv ankurbelte. Da tritt man im vollem Markthochlauf auf die Bremse, übrigens ähnlich wie beim Neun-Euro-Ticket: Hilfe, Kunde/Wähler droht mit Auftrag! Dabei kommt es beim Bremsen immer auf die rechte Dosierung an. Natürlich können elektrifizierte Fahrzeuge nicht ewig gefördert werden, weshalb ein Abschmelzen der Subventionen hier generell ebenso korrekt ist, wie es das übrigens auch für Diesel- und Dienstwagenprivilegien, Kohle- oder Atomkraft wäre, liebe Marktwirtschaftler von der FDP.

Aber warum FDP-Chef und in unseliger Personalunion Finanzminister Christian Lindner hier mit zweierlei Maß misst, ist sein persönliches Geheimnis und zeugt von errativem, impulsiven Politikstil, der an Umfragen mehr als an Vernunft, Logik und Stringenz orientiert ist.

Wenn der von flauen Zustimmungswerten geplagte FDP-Zampano also via Springer-Presse die komplette Streichung der Prämie forderte, ist das jetzt wohl der Kompromiss, der mit dem Wirtschafts- und Klimaschutzministerium von Robert Habeck (Grüne) den kleinsten gemeinsamen Nenner darstellte. Der genügt nicht für eine Mobilitäts- und Verkehrswende historischer Dimension. Aber das nur am Rande.

Teure Stromer brauchen keine staatliche Stütze

Auch die stärkere Akzentuierung preiswerterer und damit in der Tendenz kleinerer und leichterer E-Autos ginge in Ordnung. Wer ein Auto über 65.000 Euro kaufen kann, hat staatliche Alimente im Zweifel weniger nötig, Early Adopter-These hin, First-Mover-Argument her. Die Streichung für die unseligen PHEVs, eine ohnehin aussterbende, klimatechnisch nie wirklich plausible Gattung, war sowieso überfällig, ihr Umweltbeitrag marginal.

E-Autos sind im Mainstream angekommen, sie sind hochattraktive Produkte jeder Couleur und Größe und wer einmal einen Stromer fuhr, steigt nie mehr auf den Diesel um. Der wird ja mit Euro 7 noch viel teurer, wie generell der Betrieb von Verbrennern in Zeiten der Energiekrise. Ganz schwarz sehen wie "Auto-Papst" Dudenhöffer, der BEM oder der VDIK muss man für die E-Autos also nicht. Dennoch ist da was dran und es wäre mehr drin für den Hochlauf. 

Allerdings trifft die Neuregelung jetzt in erster Linie die Dienstflotten, die schon ab September 2023 komplett aus der Förderung fallen, deren rasche Umstellung aber einen deutlich größeren Volumeneffekt für den Klimaschutz haben dürfte. Seltsam kompromisslerisch gekonternt wird das von der günstigeren Dienstwagenversteuerung für E-Fahrzeuge, die wohl bleiben soll, auch für die fragwürdigen PHEVs. 

Wichtig wäre eine Förderung für Kleingewerbetreibende, die man immerhin noch prüfen will, darüber hinaus aber vor allem generell eine gewerbliche Förderung von E-Vans. Die leichten Nutzfahrzeuge fallen irgendwie durchs Raster, hätten aber durch täglichen Einsatz und hohe Laufleistungen ebenso wie die Dienstwagen einen weit größeren Klimaschutz-Impact als manch dauerparkender Privat-Stromer.

Koppelung an Zulassung geht an Realität vorbei

Schwierig ist in Anbetracht der langen und höchst volatilen Lieferzeiten von teils über einem Jahr die Koppelung an das Zulassungsdatum, die an der Realität vorbeigeht: Wer bestellt, sollte sich auf die Förderung verlassen können - sonst ist das unter Umständen ein "Wegfall der Geschäftsgrundlage", wie es bei Juristen heißt. Auch die Deckelung ist nicht hilfreich und sollte dringend überdacht werden, erst recht, wenn man sieht, wie viele Milliarden Euro in fossile Dienst- und Dieselwagen gepumpt werden. Acht Milliarden sind es etwa für Selbstzünder-Gefährte, einfach so.

Insgesamt betrachtet, hätte man der E-Mobilität einen größeren Gefallen getan, die Förderung reiner und kleiner und gewerblich genutzter BEVs noch etwas großzügiger und ab Bestelldatum beizubehalten, die Deckelung wegzulassen - und gleichzeitig, liebe Marktwirtschaftler von der FDP, die fossilen Subventionen für Dienstwagen, Diesel und Verbrenner-Pendelei und gleich noch das elende Kerosin-Privileg abzubauen. Am besten einhergehend mit einer klaren CO2-Fokussierung der Kfz-Steuer mit Bonus-Malus-System. Das wäre der "ultimative Elektro-Booster"!

Den bräuchte es, denn die E-Mobilität ist noch längst nicht "über den Berg" - und für die Erreichung des 15-Mio-Ziels bis 2030 müsste bei 2,5 Mio. Neuzulassungen pro Jahr ab sofort fast jedes Auto ein Vollstromer sein. Und ebenso generell gesprochen, wären dann mehr Fördergelder für den Ausbau der Ladeinfrastruktur auch nicht verkehrt - Mittel wären ja dann frei. Alles eine Frage des politischen Willens und von "ideologiefreiem" Denken.

Printer Friendly, PDF & Email