Werbung
Werbung

Mikromobilität kann Emissionen senken - wenn man's richtig macht

Das Potenzial zur Reduktion der Emissionen durch den Einsatz von Mikromobilität in den Städten ist da, konstatiert das Fraunhofer ISI in einer Studie für Lime. Doch man muss es richtig machen.

Es kommt drauf an, was man draus macht: Werden Autofahrten ersetzt, haben Mikromobile großes Potenzial zur CO2-Reduktion. | Foto: Lime
Es kommt drauf an, was man draus macht: Werden Autofahrten ersetzt, haben Mikromobile großes Potenzial zur CO2-Reduktion. | Foto: Lime
Werbung
Werbung
Johannes Reichel

Mikromobilität hat das Potenzial, zur CO2-Reduktion im urbanen Verkehr beizutragen. Das ist das Ergebnis einer Fraunhofer-ISI-Studie, die im Auftrag des Anbieters Lime durchgeführt wurde. Die Nutzung von Mikromobilitäts-Diensten (shared micromobility services) habe in den vergangenen Jahren insbesondere in Städten zugenommen. Doch können Shared E-Scooter und E-Bikes die Städte und ihre Verkehrssysteme nachhaltiger machen? Dazu wurden Umfrageergebnisse zur Verkehrsmittelnutzung mit Emissionsdaten aus sechs Städten – darunter Berlin und Düsseldorf – kombiniert. Aus den Erkenntnissen lassen sich mehrere Schlussfolgerungen für Industrie und Praxis ableiten. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die neueste Generation geteilter E-Scooter und E-Bikes dazu in der Lage ist, den Netto-CO2-Ausstoß in den untersuchten Städten zu verringern.

Dringender Handlungsbedarf im Verkehr - breites Spektrum nötig

Die CO2-Emissionen des weltweiten Mobilitäts- und Transportsektors sind im vergangenen Jahr um acht Prozent gestiegen, obwohl sie zur Erfüllung internationaler Klimaziele bis 2030 eigentlich um 20 Prozent sinken müssen. Deutschland hat sich mit dem Klimaschutzgesetz 2021 sogar zu einer Senkung der Emissionen im Verkehr um 48 Prozent bis 2030 verpflichtet. Um diese äußerst anspruchsvollen Ziele zu erreichen, sei ein breites Spektrum an Maßnahmen erforderlich – darunter die rasche Elektrifizierung von Fahrzeugen, der Ausbau des öffentlichen Verkehrs und eine bessere Vernetzung unterschiedlicher Verkehrsmittel. In den vergangenen Jahren sind insbesondere in Städten neue Formen der geteilten Mikromobilität aufgekommen, die bestehende Angebote ergänzen und dabei eine Reduzierung des CO2-Fußabdrucks des städtischen Verkehrs in Aussicht stellen.

 

 

Fallstudien aus sechs Städten

Jedoch werde intensiv diskutiert, ob und inwieweit geteilte E-Scooter und -Bikes tatsächlich zur Reduktion von CO2-Emissionen beitragen. Frühere Studien hätten sich in erster Linie entweder auf einen Vergleich einzelner Verkehrsmittel durch Lebenszyklusanalysen (life cycle assessments, LCA) fokussiert oder auf die Frage, wer diese neuen Mobilitätsformen zu welchem Zweck nutzt. Hingegen wurde bislang nur wenig Forschung zu den generellen Auswirkungen von Mikromobilität auf die Emissionen der Verkehrssysteme insgesamt betrieben. Um das Wissen über diese Auswirkungen zu erweitern, hat das Fraunhofer ISI eine Studie durchgeführt, die Fallstudien aus sechs Städten (Berlin, Düsseldorf, Paris, Stockholm, Melbourne und Seattle) präsentiert und Daten von 4167 Nutzer:innen auswertet. Diese Daten wurden vom Mikromobilitäts-Anbieter Lime auf Grundlage eines vom Fraunhofer ISI entwickelten Fragebogens erhoben und zur Verfügung gestellt.

Geteilte E-Scooter und E-Bikes können helfen

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die neueste Generation geteilter E-Scooter und E-Bikes dazu in der Lage ist, den Netto-Treibhausgasausstoß in den untersuchten Städten zu verringern. Der Nettoeffekt wird definiert durch die Differenz zwischen den LCA-Emissionen pro Personenkilometer (pkm) des geteilten Mikromobilitätsmodus und denen jener Verkehrsmittel, die die Menschen genutzt hätten, wenn geteilte E-Scooter und -Bikes nicht zur Verfügung gestanden hätten. Die Analyse wurde für die jeweiligen Verkehrssysteme in jeder der sechs untersuchten Städte durchgeführt: Die größten Effekte geteilter E-Scooter wurden in Melbourne (-42.4 g/pkm) und Seattle (-37.7 g/pkm) beobachtet, was sich durch eine dortige wesentlich höhere CO2-Intensität der für den öffentlichen Verkehr und für Elektroautos verwendeten Elektrizität im Vergleich zu den europäischen Städten erklären lässt. Aber auch in Düsseldorf (-22,1 g/pkm), Paris und Stockholm (-20,7 g/pkm) zeigen sich Auswirkungen auf die Emissionen; während E-Scooter in Berlin schwächere Reduzierungen aufweisen (-14,8 g/pkm).

Geringere Nutzung von E-Bikes erklärt niedrigere Ersparnis

In allen sechs Städten fällt die Treibhausgaseinsparung von geteilten E-Bikes geringer aus als die von geteilten E-Scootern. Deutliche Einsparungen beim Treibhausgasausstoß werden für Düsseldorf (-20,4 g/pkm), Paris (-15,4 g/pkm), Seattle (-15,2 g/pkm) und Melbourne (-13,7 g/pkm) angenommen, während die geschätzten Emissionen für Berlin ansteigen (+13,0 g/pkm). Dies lässt sich dadurch erklären, dass der Anteil von Fahrten mit geteilten E-Bikes als Ersatz für motorisierte Verkehrsmittel geringer ist, die Diebstahlraten etwas höher sind und die Nutzungsintensität im Vergleich zu geteilten E-Scootern geringer ist.

Größte Unterschiede zum privaten Pkw, aber auch Taxi

Eine tiefergehende Analyse auf der Ebene der Verkehrsmittel hilft dabei, die auf Stadtebene beobachteten Auswirkungen der Lime-Dienste weiter zu erklären. Dazu schätzte die Studie die Gesamtemissionen durch Hochskalierung der Umfrageauswertung mit den von Lime bereitgestellten Nutzungsmustern für den Untersuchungszeitraum (Mai und Juni 2022). Vergleicht man die jeweils durch Mikromobilität ersetzten Verkehrsmittel, so stammen die größten Unterschiede bei den Netto-Emissionen von Ridehailing- und Taxidiensten (-679,3 bzw. -541,0 g CO2-Äquivalente pro Fahrt bei Nutzung von E-Bikes bzw. E-Scootern) sowie von privaten Verbrenner-Pkw (-334,6 bzw. -272,9 g).

Auch Anstieg ist möglich, wenn Fahrten provoziert werden

Wenn Menschen von diesen stark emittierenden Verkehrsmitteln auf gemeinschaftlich genutzte Mikromobilitätsdienste umsteigen, ist die Netto-Emissionsreduzierung durchaus substanziell. Andererseits können geteilte Mikromobilitätssysteme auch zu einem Anstieg der Emissionen führen, wenn z.B. die Nutzung privater E-Bikes (+126,3 bzw. +18,8 g) oder Fußwege (+109,9 bzw. +39,4 g) durch geteilte E-Scooter bzw. -Bikes ersetzt werden; oder wenn eine Fahrt, die vorher gar nicht stattgefunden hätte, nun mit einem geteilte E-Scooter bzw. -Bike unternommen wird (+65,6 bzw. +199,3 g). Der Anstieg der Emissionen ist jedoch in der Regel geringer als die Emissionseinsparungen der erstgenannten Verkehrsverlagerungen.

"Unsere Ergebnisse zeigen, dass der entscheidende Faktor für die Nettoeffekte der geteilten Mikromobilität die Anzahl der Fahrten ist, die die emissionsstärksten Verkehrsmittel wie Ridehailing und Fahrten mit Verbrennern ersetzen. Diese müssen die Verlagerung von aktiven Mobilitätsformen, dem öffentlichen Verkehr oder Fahrten, die ohne Mikromobilität gar nicht unternommen worden wären, deutlich übersteigen", erklärt Konstantin Krauß, Mobilitätsforscher am Fraunhofer ISI und Mitautor der Studie

Bei allen Ergebnissen müssten jedoch Unsicherheiten bei den angegebenen – nicht beobachteten – Antworten der Teilnehmer:innen sowie eine Unsicherheitsspanne von +/- 25 Prozent bei den LCA-Zahlen berücksichtigt werden. Darüber hinaus bleibe die Frage offen, wie die derzeit fortschreitende Elektrifizierung von Auto-, Bus-, Taxi- und Ridehailing-Flotten den Einfluss der Mikromobilität auf die Nettoklimawirkung verringern wird.

Empfehlungen für Industrie, Mikromobilitätsanbieter und Stadtplaner:innen

Doch was kann getan werden, um die Nachhaltigkeitsvorteile der geteilten Mikromobilität weiter zu steigern? Dr. Claus Doll, Mobilitätsexperte des Fraunhofer ISI und Mitautor der Studie, hat folgende Empfehlungen für Industrie, Mikromobilitätsanbieter und Stadtplaner:innen: "Einerseits sollte die Industrie die Lebensdauer der Fahrzeuge weiter verlängern, die Dekarbonisierung der Produktion durch Beiträge zur Kreislaufwirtschaft fortsetzen und durch Partnerschaften eine Verlagerung von Taxi, Ridehailing und eigenem Auto zu emissionsärmeren Verkehrsmitteln bewirken. Auf der anderen Seite sollten Anbieter und Stadtplaner:innen gemeinsam auf eine bessere Verknüpfung von Mikromobilität und öffentlichem Verkehr hinarbeiten, indem sie beispielsweise Mobilitätsknotenpunkte und verlässliche intermodale Reiseplanungstools für nahtloses Umsteigen einrichten".

Andrew Savage, Vice President für Nachhaltigkeit bei Lime, unterstreicht die Forschritte, die Lime und die Branche bei der Dekarbonisierung ihrer Dienste innerhalb kurzer Zeit gemacht haben:

"Die Beispiele der sechs Städte zeigen, dass geteilte E-Scooter und E-Bikes dazu beitragen können, Städte nachhaltiger und lebenswerter zu machen, indem sie Emissionen reduzieren und das Mobilitätsangebot erweitern. Die Ergebnisse unterstreichen die wichtige Arbeit, die wir weiterhin leisten müssen, um unsere Lieferkette, unseren Betrieb und unsere Einrichtungen zu dekarbonisieren, damit die geteilte Mikromobilität den CO2-Fußabdruck der städtischen Mobilität weiter reduziert."

Werbung
Werbung