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Mercedes eSprinter exklusiv im Kälte-Test: Dieser Van ist winterfest!

Vor Markteinführung wird der eSprinter auf Wintertauglichkeit getestet – bei einem Elektrofahrzeug ein heikler Punkt. Wir waren am Polarkreis dabei und „erfuhren“ den eSprinter als reichweitenfestes und verlässliches „Werkzeug“, auch unter Extrembedingungen.

Angezapft: Bei frostigen Temperaturen ließ sich der eSprinter an den DC-Schnellladesäulen vorkonditionieren auf moderate Kabinentemperatur. | Foto: Daimler
Angezapft: Bei frostigen Temperaturen ließ sich der eSprinter an den DC-Schnellladesäulen vorkonditionieren auf moderate Kabinentemperatur. | Foto: Daimler
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Johannes Reichel

Kaltstartprobleme? Bei einem Elektroauto? Naja, wie man es nimmt. Im Vergleich zu einem Selbstzünder kommt der eSprinter natürlich deutlich souveräner aus den eiskalten Puschen. 24,5 Grad Minus zeigt das Thermometer im monochromen Zentraldisplay, das allerdings etwas müde aus der bitterkalten Nacht erwacht und gleich mal in vorauseilendem Gehorsam und Erwartung der gefragten Heizleistung eine realistische Reichweite von 109 km anzeigt. Der E-Motor dagegen ist gleich hellwach. Quengeliges Anlassernörgeln, lautstarkes Diesel-Nageln nach „Kawumm“-Start, heftiges Frostschütteln, Abgaswolke, das war alles gestern.

Effizienter Heizen mit Wärmepumpe

Wer handgestoppte fünfeinhalb Minuten wartet, der bekommt sogar eine eisfreie Frontscheibe serviert, für die das ausgeklügelte Thermomanagement an Bord des elektrifizierten Branchenbestsellers sorgt. Der Wärmetauscher bringt bei diesen Startbedingungen natürlich noch nichts, weil woher nehmen, die Wärme, wo keine ist. Seine Stunde schlägt später. Allerdings machen die beiden HVPC-Heizer mit je 7 kW üppiger Leistung, einer zuständig für die Kabine, einer für die Akkus, einen weit rasanteren Job als eine aus dem Tiefschlaf erwachende Dieselmaschine nach einer Nacht am Polarkreis. Diese hat das Fahrzeug zwecks besserer Kontrollierbarkeit des Prozesses und milderer Außentemperaturen von "nur" um die Minus 10 Grad in einer der beiden Kältekammern auf dem Daimler-Testareal im schwedischen Arjeplog verbracht, Minus 30 Grad tiefgekühlt.

Also, elektrische Heizung an und Lüftung auf volle Touren, nach wenigen Minuten hat man klare Sicht und der eSprinter rollt klag- und geräuschlos aus seinem Kühlschrank. Die hörbarsten Laute verursacht das Knirschen des trockenen Schnees unter den Winterpneus. Im Gegensatz zu den ersten Prototypen, die wir in Hamburg fuhren fällt gleich auf: Der eSprinter-Antrieb ist noch mal deutlich leiser geworden, von der 85 kW starken ZF-Elektromaschine im nur mehr luftig besetzten Motorraum und seinen Nebenaggregaten hört man nicht mehr viel außer einem hochfrequenten und sehr diskreten Sirren.

Jetzt raus auf die Teststrecke, die neben schneebedeckter Fahrbahn auch spiegelglatte Passagen und sogenannte Mü-Split-Abschnitte enthält. Hier erweist sich: Der E-Sprinter verfügt über ein exzellent abgestimmtes ESP, das zum Verbrenner deutlich leichter regelbaren Zusammenspiel mit dem Elektromotor für allseits gute Traktion und „stabile Seitenlage“ sorgt. Bevor man eine Kurve auch nur zu optimistisch angehen kann, greift das System schon ein.

Die neue Unkompliziertheit: Elektro und ESP korrespondieren bestens

Der eSprinter fährt und lenkt sich ohnehin nahezu narrensicher, wo man mit einem Verbrenner-Pendant, erst recht einem heckgetriebenen, deutlich mehr am Lenkrad zu tun hätte. Im Zweifel schiebt das Fahrzeug sanft über die Vorderräder, während das ESP einen feinsäuberlich wieder in die Spur zieht. Selbst auf mutwillige Manöver, etwa bei der Ausweichsimulation, reagiert der eSprinter stoisch und lässt sich so gut wie nicht ins Schleudern bringen. Außerdem sorgen die 55-kW-Lithium-Ionen-Akkus mit ihren gut 500 Kilogramm Gewicht für einen tiefen Schwerpunkt und eine spürbar sattere Straßenlage des als 3,5-Tonner konfigurierten Fahrzeugs. Das typische Sprinter-Schaukeln ist dem eSprinter jedenfalls fremd.

"Milder Typ": Ökonomie geht vor Beschleunigung

Auch etwaige Einflüsse der Kupplung und des komplexeren Zusammenspiels zwischen Verbrennungsmaschine und Antriebswelle fällt komplett weg, kein Nackeln, kein Nickeln, kein Knacken, nur sanfte und flüssige Kraftentfaltung. Wobei die Daimler-Entwickler den eSprinter bewusst „ökonomisch“ abgestimmt haben. „Wir könnten aus dem Stand natürlich das volle Drehmoment von 300 Nm auffahren. Dann hat der gewerbliche Nutzer vielleicht eine sportliche Beschleunigung, aber nach ein paar zehntausend Kilometern sind die Reifen durch“, meint ein Versuchsingenieur. Schön moderat und doch dem Einsatzzweck angemessen zügig setzt sich der E-Transporter in Fahrt und damit einen Kontrast zum rasanten Antritt, den VW dem satte 100 kW starken Elektro-Crafter angedeihen ließ. Auch oben raus bis 80, wahlweise 100 oder 120 km/h bleibt der E-Sprinter von „milder Sorte“ und erzieht seinen Fahrer dadurch zu gelassenem Fahrstil.

„Wir freuen uns, unseren Kunden schon sehr bald ein extrem zuverlässiges und unter allen Bedingungen alltagstaugliches Produkt anbieten zu können“, kündigt Benjamin Kaehler, Leiter der E-Sparte bei MB Vans an. Ab der zweiten Jahreshälfte soll der Strom-Sprinter in den Verkauf kommen – und mit seinen konventionellen Geschwistern nach dem Prinzip „just another powertrain“ am gleichen Band gefertigt werden.

Mehr zu den Wintererprobungen mit dem eSprinter in der nächsten Ausgabe von VISIONmobility.

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