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Mercedes-Benz EQS: S-Klasse 2.0

Eine S-Klasse mit großer Heckklappe, umlegbaren Rücksitzlehnen, reinem E-Antrieb und einer kompletten Screen als Armaturentafel: Der EQS bricht bewusst mit zahlreichen Konventionen, wie wir vorab schon exklusiv im Expertengespräch erfahren durften.

So sieht es aus, der neue EQS - hier im eleganten Zweifarbton. | Foto: Daimler
So sieht es aus, der neue EQS - hier im eleganten Zweifarbton. | Foto: Daimler
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Gregor Soller

Schon die mehrwöchige opulente Ankündigung des EQS machte klar: Hier wird nicht nur ein schnödes großes E-Auto vorgestellt, sondern eine zweite S-Klasse – und damit das Beste, was Mercedes-Benz zu bieten hat – nur diesmal eben rein elektrisch. Entsprechend groß war auch das Vorab-aufgebot, das wir sprechen durften. Nach einem telefonischen Round Table mit Entwicklungschef Markus Schäfer gab es einen weiteren Telefoncall mit Christoph Starzynski, Vice President Produktgruppe Electric Vehicle Architecture und Leiter Mercedes-EQ, sowie Eva Greiner, Chief Engineer eDrive, Susanne Velleuer, Senior Manager Product Management Electric Cars und Steffen Köhl, Leiter Advanced Exterieur Design. Sie alle standen Rede und Antwort zu unseren Fragen.

Zwei Akkuversionen, Heck- oder Allradantrieb

Und die bezogen sich gleich mal auf das Portfoilo: Ja, es wird neben dem 108-kWh-Akku auch eine 90-kWh-Version geben und überv der 385 kW starken Basis wird eine AMG-Version mit 250 km/h Topspeed angesiedelt, ebenso wie man auch eine Maybach-Version angedacht hat, die vor allem in China sehr wichtig und begehrt ist – auch als Alternative zu Bentley (VW-Konzern) und Rolls-Royce (BMW). Allerdings wird es immer bei der 5,2 Meter langen Grundversion bleiben, die 3,2 Meter Radstand hat – genug auch für hohe Ansprüche.

400 Volt genügen für kurze Ladezeiten: Binnen 31 Minuten geht es von 10 auf 80% SOC

Die 400-Volt-Architektur genügt laut Starzynski für längere Zeit, man sei aber durchaus in er Lage, hier auf 800 Volt zu gehen. Aktuell schafft man eine Ladung von zehn auf 80 Prozent SoC binnen 31 Minuten und gibt auf den Akku zehn Jahre oder 250.000 Kilometer Garantie – wieder so ein Superlativ. Ebenso wie die maximal 770 Kilometer Reichweite, die in Realität wohl auf 500 plus/minus x zusammenschrumpfen werden. Beim 90-kWh-Akku werden es offiziell wohl um die 550 km nach WLTP werden, in Realität wohl um die 350 km plus minus x. Die Gewichte benennt Starzynski mit 2,5 Tonnen, je nach Ausstattung und Akku – bei der kleinen 90-kWh-Version werden es wohl nur 2,4 Tonnen sein.

Der Akku selbst, der 25 Prozent mehr Energiedichte als beim EQC haben soll, ist eine Eigenentwicklung und –Montage. Die Zellen für die 108-kWh-Version liefert CATL, die 90-kWh-Version stammt von Farasis. Auch er große Akku bleibt beim Gewicht unter 700 Kilogramm und wird weitgehend CO2-neutral erstellt, wie überhaupt der CO2-Rucksack des EQS sehr klein ausfallen soll – sonst macht die ganze Elektrifiziererei laut Starzynski auch keinen Sinn. Laden kann man bei Bedarf mit 22 kW AC oder mit bis zu 200 kW DC. Und hier legte man größten Wert auf eine möglichst stabile Ladekurve um die Akkus trotz schneller Lademenge zu schonen.

Auch der EQS wird zur kompletten Familie ausgebaut

Auch beim Antrieb der Eingang- Permanent-Synchronmaschinen setzt man auf neue Zulieferer: Hier kommt jetzt nicht mehr wie beim EQC ZF zum Zug, sondern Valeo Siemens e Automotive. Von 0 auf 100 km/h soll der EQS in 4,3 Sekunden beschleunigen, die AMG-Version wird das noch schneller schaffen, neben dem Allrad wird aber auch noch eine Heckantriebsversion nachgereicht, die es dann etwas dezenter angehen lässt. Auch der EQS soll im Laufe der Zeit zu einer kompletten Familie mit mehreren Versionen aufgefächert werden.

2024 dürfte dann die Software auf das neue System MBOS wechseln – schon jetzt hat man die Gateways laut Starzynski massiv reduziert und weiß exakt, wie MBOS laufen wird. Ein Softwareproblem wie in Wolfsburg soll es nämlich nicht geben. Auch das angeblich sieben Jahre alte Samsung-Tablet im Fond kam zur Sprache: Hier stellte Starzynski klar, dass es sich um ein Bedienelement handelt, das harten Automotive-Anforderzungen gerecht werden müsse: Deshalb entschied man sich im übrigen damals für eine jetzt vier Jahre „alte“ Version von Samsung, die man nach Automotive-Standards umkonstruierte. Doch wie gesagt – sie dient hier nur der Bedienung des Fahrzeuges vom Rücksitz aus – ist also ein erweiterter „Schalter“ wenn man so will.

Die praktische Seite: 1.770 Liter Kofferraum

Nicht verzichten wollte man auf einen flexiblen Kofferraum: ja, die edlen Rücksitze lassen sich umlegen und erweitern das Kofferraumvolumen so von üppigen 610 auf sehr üppige 1.770 Liter, wieder ein kleiner Rekord in der Luxusklasse: Größter Kofferraum! Dafür wird es keinen „Frunk“ geben.   

Anders als der SUV EQC soll der EQS sparsam sein

Und wie fährt sich der EQS? Hier können wir uns bisher nur auf Erfahrungen anderer stützen: Daimler-Mitarbeiter, die ihn schon im Alltag testen, waren laut Starzynski erstaunt, wie sparsam der EQS zu bewegen sei, was vor allem der sensationellen Aerodynamik geschuldet ist. Die wäre mit Kameraaußenspiegeln laut Exterior-Designer Köhl noch besser geworden, aber: Die elektrische Übertragung des Bildes hätte mehr Strom gekostet als man mit Kameraknubbeln gespart hätte – außerdem sind Kameras ergonomisch meist eher schwächer als echte Spiegel. Während wir im EQC-Test immer eher um die 30 kWh brauchten (mit Ladeverlusten), könnte man hier vielleicht mit 25 kWh auskommen? Eine erste Ausfahrt des Youtubers Carmaniac hat das zumindest bestätigt. Was immerhin 430 Kilometer Reichweite bedeutet. Vor allem auf der Autobahn dürfte der EQS dem EQC merklich davonfahren – in der Stadt kosten 2,5 Tonnen im Stopp-and-Go einfach immer viel Sprit oder Strom…das ist Physik.

Fahrwerk und Motoren wurden laut Starzynski aufwändig entkoppelt, so dass man vom EQS in der Praxis tatsächlich eher gar nichts hört. Hier gilt auch der EQC schon als Leisetreter. So koppelte man die ohnehin „unerhört“ laufruhigen E-Motoren akustisch und vibrationsmäßig von der Karosserie ab und in spezielle Schaumstoffmatten. Vom Unterbau entkoppelte man sie durch Elastomerlager. Zudem sollen Schrägwicklungen der Statoren feine Vibrationen verhindern und nebenbei den Einsatz seltener Erden in den Permanentmagneten der Rotoren reduzieren.

Die Hinterachse bietet vier oder zehn Grad Lenkwinkel

Die Federelemente und einige Teile übernahm man dann direkt aus der Verbrenner-S-Klasse, da genügen Anpassungen. Auch das Das Assistenzpaket kommt aus der Verbrenner-S-Klasse und wird nach dieser ab 2022 auf den Drive Pilot umgestellt. Umstellen kann per Upgrade auch die Hinterachslenkung: Von vier auf zehn Grad Lenkwinkel. Und das Entwicklerteam versichert uns am Telefon zum Schluss noch, dass die Vorstellung des EQS erst der Anfang einer langen Evolution sei – die Mercedes-typisch wieder mal mit einem Paukenschlag beginnt.

Was bedeutet das?

Mit dem EQS stellt Daimler eine zweite S-Klasse auf die Räder, die dem Original in nichts nachsteht und im wahrsten Sinne des Wortes großes Potenzial hat. 

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